Kapitel 22

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Kapitel 22


Aurelia Bergmann

Die nächsten Wochen

 war der Kontakt zwischen uns sporadisch. Er erkundigte sich zwischendurch, ob alles okay war in Berlin- ich antworte, dass alles gut war. Nicht mehr, nicht weniger, denn wir beide arbeiteten viel. Da das Geld von meinem Putzjob bei ihm zum großen Teil wegfiel, schob ich Extraschichten im Pearl – Oft sahen meine Tage so aus, dass ich entweder Morgens zu meinen Proben ging und Nachmittags arbeitete, das Selbe nur andersherum, oder eine Schicht im Café und eine im Pearl schob. Einmal in der Woche ging ich bei Raphael vorbei, kümmerte mich um seine Fenster oder um Dinge, die sonst liegen blieben- Schränke ausputzen, Türen und Fußleisten abstauben Kühlschrank abtauen- solche Dinge.

Aber es war okay- ich rechnete nicht mit einem großen Durchbruch meiner Karriere und doch war die Rolle eine Stufe auf der Leiter, weshalb ich sie ernst nahm. Egal, wie müde ich war, bei den Proben lieferte ich ab und es machte mich stolz. Das alles, um vielleicht einmal auf einer der großen Opernbühnen dieser Welt zu stehen.

Ich hatte zwischen der vielen Arbeit und den wenigen Stunden Schlaf, die ich zu dieser Zeit bekam, kaum Zeit, um weiter über Raphael nachzudenken. Zeitweise vergaß ich sogar, ihm zu antworten, wenn er mir schrieb oder mir ein Foto aus dem Luxushotel schickte, in dem er in Wien abgestiegen war. Mein schlechtes Gefühl hatte sich mit dem Abstand zu ihm ein wenig gelegt. Nur, wenn ich tief in mich hineinhorchte, war da noch eine winzige Spur des Selbstvorwurfes, wie ich mich so schnell hatte hingeben können. Aber es war okay und ich war mir ziemlich sicher, dass er es auch schon wieder vergessen hatte. Zumindest half mir der Gedanke, mir keine Hoffnungen zu machen.

Ich fragte mich, ob Rahel wusste, dass er sich auch außerhalb meines Jobs bei ihm bei mir meldete. Denn, zu ihr hatte ich keinen Kontakt mehr. Sie hatte lautstark ihren Job im Café gekündigt, kaum, dass Raphael in Wien gewesen war. Das war inzwischen fünf Wochen her- ich schätze also, dass sie gemeinsam mit ihm in dem schicken Hotel residierte. Ein Gedanke, den ich gern verdrängte, denn dann hätte ich zugegeben, dass ich ein klein wenig neidisch war. Vielleicht wäre auch ich gern mit ihm nach Wien gefahren.

Er würde bald zurückkommen- die fünf Wochen waren vorbei und ich war gespannt, ob wir uns wirklich sehen würden- außerhalb meines Jobs. Ich glaubte nicht daran, obwohl er mich gefragt und ich naiv, wie ich war „ja" gesagt hatte. Denn noch immer fragte ich mich, was genau er wollte und ich war mir ziemlich sicher, dass er es mir nicht so schnell plausibel beantworten würde.

Inzwischen war es April geworden, die Sonne begann, wärmer auf Berlin herab zu scheinen und der Frühling allgemein hob meine Laune, als ich von der Bahn aus Richtung Staatsoper lief. Trotz aller Müdigkeit freute ich mich auf die Kollegen und die Proben. Ich kam direkt aus dem Café, es standen die ersten Proben mit dem Orchester an- nochmal etwas anderes, eine andere Stimmung, als sonst, wenn wir einfach nur die Stücke eingesungen und gespielt hatten.

Ich schob die Tür des Haupteinganges der Oper auf, entdeckte Theo- meinen Kollegen i und quasi meinen männlichen Gegenpart in dem Stück in dem großen, marmorierten Foyer. Er war circa in Raphaels Alter- Mitte dreißig und doch fand ich, dass er älter aussah und wirkte. Vielleicht machte das sein klassischer bis spießiger Look oder die ersten, grauen Strähnen in seinem dunklen Haar.

Theo lächelte, als er mich entdeckte. „Hallo Aurelia. Gut siehst du aus.", grüßte er und hob kurz die Hand. Der große Unterschied zwischen Theo und einem Raphael Ragucci war, dass Theo wirklich freundlich und offen war und mich nicht mit seiner Äquivalents in den Wahnsinn trieb. Und, dass er einfach nicht diese Attitüde eines Raphael Ragucci besaß- diese kühle, ernste Ausstrahlung, dieses Gesamtbild, welches Raphael in ein Schema presste, dem Frauen nachsahen.

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt