Kapitel 42

3.7K 122 73
                                    


Kapitel 42


Aurelia Bergmann

August 2019


„Der scheiß Vermieter will uns auch nicht. Die Wohnungssituation in Deutschland ist zum kotzen. In Hellersdorf können wir eine zwei Zimmer Bude beziehen. Wir können drei Betten übereinander stapeln, dann haben wir zumindest ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Ehrlich, wir landen noch auf der Straße."

Mila war selten außer sich doch in diesem Moment warf sie ihr Smartphone quer über den Küchentisch. Ich selbst betrat gerade unsere WG Küche, geschickt fing ich es auf, ehe es auf dem Fußboden landen und zerschellen konnte.

„Guten Morgen erst mal.", murmelte ich und schob ihr das Telefon wieder hin. „Mal den Teufel nicht an die Wand , wir werden schon wieder eine Wohnung finden.", versuchte ich, sie zu beruhigen. Klang wahrscheinlich nicht sonderlich erbauend aber die Flinte ins Korn- oder eben das Smartphone deswegen vom Tisch- werfen brachte uns auch nicht weiter.

Die Hiobsbotschaft war vor fünf oder sechs Wochen gekommen. Die anderen hatten es mir nicht gesagt, während ich in Kroatien gewesen war, damit sie mir den Urlaub nicht verdarben. Haha.

Als ich dann, sowieso schon geknickt, zurückgekommen war, hatten meine Mitbewohner mit zerknirscht mitgeteilt, dass wir unseren Wohnung verlieren würden. Der Vermieter hatte Eigenbedarf angekündigt- wahrscheinlich also eine Möglichkeit gefunden, mit der er mehr Geld verdienen würde, als mit uns mittelosen Künstlern als Mieter. Knappe acht Wochen hatten wir noch, um eine neue Bleibe zu finden und langsam wurde es eng. Der Plan von Mila, Kathy und mir war, weiterhin zusammen zu wohnen. Einfach, weil es günstiger war. Die männlichen Mitbewohner waren sich noch nicht einig, was sie tun wollten, einer wollte zu seiner Freundin ziehen, ein anderer vielleicht in eine andere Stadt- wir Mädels jedoch wollten noch eine Weile zusammen bleiben.

Doch die Suche gestaltete sich als schwierig, denn unsere finanziellen Möglichkeiten waren knapp bemessen. Aber noch hatte ich die Hoffnung nicht aufgegeben.

„Das wird schon, warte ab. Morgen ist die nächste Besichtigung, es wird klappen.", versuchte ich, optimistisch zu klingen.

„Glaubst du dran?" Mila hob eine Braue und sah mich an.

„Sicherlich.", gab ich zurück. Ich gähnte. Irgendwie war ich unglaublich müde. Seit mein Job bei Ragucci weggefallen war, arbeitete ich weitere Schichten im Café- neben dem Pearl und den fast täglichen Terminen in der Oper. Ab September würde die Vorstellung beginnen und das alles verlangte einiges von mir ab. Der Alltag hatte mich wieder. Schneller, als es mir lieb gewesen war. Aber ich hatte in den letzten Wochen wenig Zeit gehabt, nachzudenken und das war gut so. Wenn ich allein gewesen war, Zeit gehabt hatte, hatte ich an Raphael gedacht. Daran, was er wohl machte. Daran, ob er mich vielleicht doch ein wenig vermisste. Aber alles in allem hatte ich das alles ganz gut verdrängt und trauerte ihm nicht hinterher. Nicht viel zumindest. Manchmal fehlte er mir.

Auch mit seinen Jungs hatte ich keinen Kontakt mehr. Ich hatte es durchgezogen, schon in Split am Flughafen. Allesamt hatte ich sie blockiert und gesperrt, mit dabei das Heulen verkniffen. Und es hatte mich auch niemand versucht, zu kontaktieren. Warum hätten sie das auch tun sollen?

Doch insgesamt war ich zufrieden. Mit meiner Entscheidung, mit dem Verlauf der Dinge. Es war okay. Mein Kollege Theo von der Oper hatte mich wiederholt nach einem Date gefragt und ich hatte ihm spontan zugesagt. Für den kommenden Samstag. Warum auch nicht? Er war anders, als Raphael in jeglichene Hinsichten und vielleicht war er ein Mann, der eine Chance verdient hatte. Zumindest schien er ehrliches Interesse an mir zu haben und damit hatte er Ragucci einiges voraus.

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt