Kapitel 24

5.2K 124 139
                                    


Kapitel 24

Raphael Ragucci

Das gleichmäßige Klappern ihrer Absätze verriet Rahel, bevor sie schwungvoll in meine Küche gerauscht kam. Kurz sah ich auf- ihr Outfit elegant, ihr Gesicht jedoch ungeschminkt, das dunkle Haar zu einem hohen Zopf gebunden. Selbst ohne Make Up war sie eine Schönheit. Sie lächelte mir kurz zu, griff sich einen Apfel aus dem Obstkorb auf der Kücheninsel und biss hinein.

„Ausgewogenes Frühstück.", kommentierte ich und sah zurück in mein E- Mail Postfach, leitete eine Mail an meinen Geschäftspartner Ronny weiter, eine weitere landete von mir ungelesen bei einem der Booker unserer Managementfirma.

„Aber du.", antwortete Rahel, nickte mit dem Kinn auf die leere Espressotasse und den angebissenen Proteinrigel vor mir und schaffte es, mir ein ertapptes Grinsen zu entlocken

„Die Wohnung sieht aus wie ein Saustall.", kommentierte sie dann mit einer ausladenden Handbewegung. „Wann kommt die Putzfrau?"

„Meine Putzfrau heißt Aurelia und ihr wart bis vor ein paar Wochen zumindest gute Bekannte.", antwortete ich ruhig, schloss das Mailprogramm auf meinem Smartphone. Viertel nach neun am Morgen, Abudi sollte jeden Augenblick vor der Tür stehen um mich abzuholen.

„Gute Bekannte. Tz.", machte Rahel. „Sie könnte das hier ruhig ein wenig ernster nehmen, dafür bezahlst du sie schließlich teuer. Außerdem steht sie auf dich. Du kannst mir nicht sagen, dass du nicht weißt, wie sie dich ansieht. Als ob du einer wie ihr hinterher gucken würdest." Sie biss erneut in ihren Apfel.

Ich sah auf, fing den Blick meiner Freundin auf, legte die Stirn in Falten.

„Im Gegensatz zu dir hat Aurelia drei Jobs plus ihre Proben.", gab ich zurück. „Und ich will, dass du dich nicht mehr so über sie äußert."

Natürlich wusste Rahel nichts von meiner Affäre mir Relia. Sie ahnte nichts, denn sie hielt Relia für viel zu unscheinbar, als dass ich jemals etwas mit ihr anfangen würde. Für genauso unscheinbar, wie sie auf den ersten Blick gewirkt hatte. Aber wie konnte ich das Rahel verübeln, schließlich war es mir nicht anders gegangen.

Doch das war sie nicht, anders, als ich es zu Beginn geglaubt hatte. Es war Mai geworden, der Frühling war endgültig über Berlin hereingebrochen und ich schlief beinahe schon seit einem ganzen Monat immer und immer wieder mit dieser Frau- schon ziemlich untypisch für mich über mehrere Wochen bei einer – beziehungsweise zwei- festen Frauen zu bleiben. Relia war vielleicht ein wenig naiv und ich hoffte wirklich für sie, dass sie nicht begann, Gefühle für mich zu entwickeln- sie war doch anders, als die meisten Frauen mit denen ich sonst schlief.

Sie rief eine Seite in mir hervor, die ich lange totgeglaubt hatte. Eine, die sie beschützen wollte, vor allem vor mir selbst.

„Und warum hat Aurelia drei Jobs?", begann Rahel und riss mich damit aus dem Gedanken. Sie hatte ihren Apfel aufgegessen, warf die Reste in die Biotonne und drehte sich dann schwungvoll zu mir herum. „Weil sie ihr Leben nicht auf die Kette kriegt. Ich meine Opernsängerin, ich bitte dich. Wer will heute noch so etwas hören? Bestell sie zügig her, Schatz, damit hier wieder aufgeräumt wird. Und wenn sie deine Wäsche macht, kann sie die meine auch gleich erledigen."

Ich öffnete den Mund, doch meine Freundin bliebt davon verschont, dass ich an die Decke ging, denn im genau passenden Moment erklang das Summen meiner Türklingel und Rahel rauschte aus der Küche, um die Tür per Gegensprechanlage zu öffnen.

„Rahel, hör auf so über sie zu reden. Du hast bis vor einigen Wochen im selben Laden wie sie gearbeitet, weil deine Karriere bis jetzt auch nicht bombe läuft."

In between  /RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt