Prolog

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Los Angeles, 1974
»Immer die Deckung oben lassen, Vini.« Ich hasste es, wenn mich mein alter Herr, Vini nannte.
»Ja gut so, geh ran! Linke...rechte! Deckung! Pass auf seine Linke auf, Sohn!«
Mein Vater tänzelte außerhalb des Rings und absolvierte ein perfektes Schattenboxen um mich anzuheizen. Seit ich zehn war, schleppte er mich fast täglich mit in seine Boxschule. Ich hatte schon einige Kämpfe gewonnen, doch mein Herz schlug nicht für das Boxen, so wie er es gerne gewollt hätte. Mein Herz schlug für die Musik. Schon, als meine Mutter noch lebte, wusste ich, dass ich nichts mehr wollte, als irgendwann Musiker zu werden.
»Genug für heute, Vincent. Mach die Eimer leer und wisch die Halle durch. Dann machen wir Schluss für heute.«
Vater verließ, wie jeden Abend, schon eher das Gym und ging in die Kneipe gegenüber. Dort ließ er sich gerne einmal volllaufen und vögelte danach July, die Kneipenwirtin.
»Wir sehen uns daheim«, sagte er und verschwand.
Nun begann der schönste Teil meines Tages. Ich stellte die Musikanlage lauter und es dröhnte Eric Clapton mit "I Shot the Sheriff" aus den Lautsprechern. Rhythmisch bewegte ich mich, in der Hand den Wischer, und sang aus Leibeskräften mit.
Das war es ... das Feeling, dass ich liebte. Ich wollte Singen und frei sein. Doch wusste ich, dass ich dies nie sein würde, wenn ich weiter boxen und Böden schrubben würde.
Am nächsten Tag kam Matthew zum Training ins Gym. Er konnte den morgigen Tag kaum erwarten.
»Das wird mega werden. Auf dem Festival wird sich ganz Los Angeles tummeln. Hammer Musik und ein Haufen williger Weiber!«, schwärmte er. »Ich hoffe dein alter Herr lässt dich mal aus den Klauen, du kommst doch mit, oder?«
Ich stellte die geleerten Spuckeimer an ihren Platz und sah ihn an.
»Denkst du echt, dass ich so blöd bin und mir das entgehen lasse?« Matt sah mich an und lachte.
»Was ist mit deiner Schwester? Wird die heiße Emma auch da sein? Mit ihren komischen Freunden?« Sicher würde sie das. Emma lebte seit einem halben Jahr in einer Wohngemeinschaft. Vater fluchte, wenn sie nur davon sprach. Verdammtes 'Hippie-Pack', schrie er dann immer. Dementsprechend selten sahen wir sie auch. Ich freute mich, denn ich würde morgen Bobby wieder treffen.
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Hektisch blickte ich auf die Uhr an der Wand und stopfte schnell noch zwei Tops in meinen Rucksack. »Mist, Mist, Mist!«, fluchte ich flüsternd und griff die Jeansjacke von meinem Stuhl. Noch einmal drehte ich mich im Kreis, als mein Blick, auf dem Briefumschlag an der Wand, hängen blieb. »Die Karten!« Ich zupfte den Umschlag von der Pinnwand, stopfte ihn ebenfalls in den Rucksack und galoppierte die Treppe so schnell herunter, dass ich fast auf meinem Hintern herunter rutschte. »Wooo willst du hin?« »Ich hab keine Zeit, Mom!«, rief ich über meine Schulter und riss die Haustüre auf.
»Rory Thompson! Wo willst du hin ... mehr will ich doch gar nicht wissen.« Ich presste meine Lippen aufeinander und warf meine braunen Haare über die Schulter. Ausrede ... Ausrede ... »Ich gehe mit Zach campen. Laura kommt auch mit ... also bis morgen Abend. Hab dich lieb, Mom.« Mit einem Scheppern fiel die Haustür hinter mir zu und ich schwang mich auf mein Rad, um den kurzen Weg zu Laura hinter mich zu bringen. Wirklich gelogen hatte ich nicht. Wir würden wirklich zelten - nur nicht hier in Palm Springs, sondern in L. A. - Auf einem Festival ... meinem ersten Festival.
Im Fahren sprang ich schon von meinem Rad, erblickte Laura an der Hausecke. »Na endlich ... wo bleibst du denn?« »Mecker nicht ... Zach ist auch noch nicht da.« Natürlich fiel mir der Verräter in den Rücken. Als es hinter uns zu hupen begann und er uns grinsend zu sich zum Wagen winkte. »Na los ... ihr lahmen Enten. Bewegung!« Aus seinem Wagen schlugen uns die rockigen Klänge von Black Sabbath entgegen und in seinem Mundwinkel steckte eine Zigarette, weshalb er grinsend sein Auge etwas zusammenkniff. »Ihr habt auch alles? BH's, Höschen, Zopfgummis?« Augenrollend kniff ich in seinen Oberschenkel, was ihn schmerzlich aufzischen ließ. »Quatsch nicht, fahr lieber!« Laura ließ sich lachend auf den Rücksitz fallen und schlug die Beine lang übereinander. »Schwing' keine Reden, sondern gib' Gas«, rief sie gespielt böse und fuchtelte mit ihrer Hand vom Rücksitz, über seiner Schulter herum. »Warum habe ich nochmal gesagt, ich fahre mit euch dorthin?« »Weil du ohne uns keinen Spaß hast, Zachy«, antwortete ich wahrheitsgemäß und streifte meine Sneaker von den Füßen, um sie auf das Armaturenbrett zu legen, während Zach endlich den Wagen in Bewegung setzte ... Richtung Los Angeles.

Fool Again | Vincent & RoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt