- Rory -
Ich konnte ihn noch eine Weile überreden, nicht zu fahren, doch als die Sonne fast komplett am Himmel prangte, gab auch ich nach und willigte ein, zurückzufahren. Zach würde sowieso ausflippen, mein Gewissen nagte zunehmend an mir. Die Rückfahrt war still. Nicht nur Müdigkeit überkam mich, sondern auch die Gewissheit, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Wie denn auch? Uns trennten so viele Meilen. Ich konnte zwar fahren, besaß aber keinen Wagen.
Bei uns vor dem Zelt blieb er stehen und wartete, während ich den Reißverschluss aufzog und nachschaute. »Keiner da«, murmelte ich nachdenklich und drehte mich zu ihm. »Dann sind Sie noch bei Emma. Ich kann mir schon denken, wo Zach ist«, lachte er und brachte mich in dem Moment zum verstummen. Es konnte ihm nicht so gehen wie mir. Ich fühlte mich schlecht. Mir war zum Heulen zumute und ich merkte eine Unruhe, die mich fast wahnsinnig machte. Auf gar keinen Fall sollte er wissen, wie es mir ging. Er sollte nicht falsch von mir denken. Ich war keine hysterische Klette, die für Dramen sorgte, da gab es bei uns genügend andere - Lily zum Beispiel.
In der Hocke sitzend streckte ich ihm meine Hand entgegen und schaute sehnsüchtig zu ihm auf, hoffte er würde meiner Bitte nachkommen und noch eine Weile bei mir bleiben. Erleichtert zuckten meine Mundwinkel, als er zu mir ins Zelt kroch und es hinter sich wieder verschloss. Beide streiften wir uns die Schuhe von den Füßen und schlüpften in meinen Schlafsack. Zueinander gewandt lag mein Kopf auf seinem Arm und wir schauten uns eine Weile einfach an. Braun in braun. Ich hatte so viele Fragen, doch jede einzelne wäre sicher wieder ein Detail, das es mir noch schwerer machen würde. Niemals hätte ich gedacht, dass mir so etwas einmal passiert, dass ich mich dummerweise zu jemandem hingezogen fühlte, den ich nur wenige Stunden kannte - nicht einmal wirklich kannte!
Meine Hand schob sich auf seine Brust, einfach, um seinen Herzschlag zu fühlen. Gestern Nacht hatte es mir auch geholfen, genauso wie da, als er meine Hand an seine Wange legte. Er beruhigte mich wie Zach, nur dass meine Gefühle bei Vincent anders waren, stärker. Kribbelnd, euphorisch und unglaublicherweise auch auf eine Weise verbunden. Sein Zeigefinger strich hauchzart an meinem Kiefer entlang zum Kinn, bis er mit Blick auf meinen Mund, seinen Daumen über meine Lippen zog. Es kribbelte und ich leckte mir schnell über meine Lippen, als sich unsere Blicke erneut trafen. »Warum musst du nur so weit weg wohnen, kleine Kämpferin?«, wisperte er, bevor er meinen Mund mit seinem verschloss und mich gefühlvoll küsste. Immer wieder setzte er kleine Küsse auf meine Lippen, meine Mundwinkel und meinen Kiefer. Warum machst du es mir so schwer?
Ich wollte ums Verrecken nicht einschlafen. Jede Minute war kostbar mit ihm, doch als er mich in seine Arme zog und ich seinen Herzschlag an meinem Rücken spüren konnte, dauerte es keine zwei Minuten und ich schlief völlig erschöpft ein.
»Ich werde dich vermissen«, waren die Worte, an die ich mich erinnerte, als ich aufschreckte und nun kerzengerade auf meiner Luftmatratze saß. Etwas durcheinander und gerädert, rieb ich über mein Gesicht und schaute in Lauras, die gerade ihren Kopf ins Zelt steckte. »Da bist du ja! Oh mann, das war eine Nacht«, grinste sie und ließ sich neben mir auf die Matratze plumpsen. »Wo hast du gesteckt? Emma musste einige Künste anwenden, um Zach endlich mal abzulenken, damit er dich nicht immer wieder suchen wollte.« Ich presste meine Lippen aufeinander und strich mit beiden Händen über meinen Kopf. »Ich war mit Vincent unterwegs. Es war ... schön. Richtig schön ... Ist er ...« »Sie sind schon gefahren. Seine Schwester hat gedrängelt, wollte mit ihm noch irgendwo hin und dann sind sie eben los.« »Gerade eben?!« Meine Stimme überschlug sich fast und ich sprang so rasant auf, dass ich nicht bedachte, wie niedrig das Zelt war und stieß mit dem Kopf gegen die oberste Querstange. »Ouuu ... also? Warum weckt ihr mich nicht? Und wo ist Zach?« Zischend rieb ich meinen Kopf und taumelte aus dem Zelt, wo ich gleich wieder die Augen zusammen kniff, weil die Sonne mich blendete.
»Vincent sagte, wir sollen dich schlafen lassen, weil du wohl gerade erst eingeschlafen warst. Er ist dann auch gleich gegangen.« Ich fühlte mich schlecht. So einfach konnte er also gehen, ohne etwas zu sagen? Schön! Auch wenn es nur vernünftig und realistisch war, versetzte es mir einen Stich in der Brust. Hatte ich mich etwa so in meinem Gefühl getäuscht? Leicht geknickt packte ich meine Sachen zusammen und hoffte, ich könne Zach so etwas gnädig stimmen. Falsch gedacht!
»Ach nee. Die Verschollene ...« »Zach hör auf!«, motzte ich und pfefferte meine Tasche auf den Rücksitz seines Wagens. »Ich soll aufhören, mir Sorgen zu machen? Vergiss es! Wer weiß was ...« »Was was? Lass es einfach. Ich bin hier und es geht mir gut. Und er hat mir nichts getan, wenn du das schon wieder denkst ... Ich will nicht wissen, was du heute Nacht angestellt hast.« Dazu schwieg er. Gut so. Wenigstens konnten wir so den Wagen in Ruhe beräumen und waren eine Stunde später startklar - nach nochmal pinkeln, was essen und vergewissern, dass wir auch alles dabei hatten.
Ich setzte mich nach hinten zu Laura. Arm in Arm und mit ausgestreckten Beinen, lagen wir auf der Rückbank und flüsterten uns kleine Details der letzten Nacht zu. Laura hatte sich lange und gut mit Vincents Freund Matt unterhalten. Sie hatte auch bei ihm mit im Zelt geschlafen, aber auch bei ihr verlief es ähnlich wie bei mir. So wie es aussah, war Zach hier der einzige, der richtig die Sau rausgelassen hatte und machte mir die Hölle heiß.
Die Stunden Fahrt hatten wir hauptsächlich geschlafen und ich erwachte kurz bevor wir Palm Springs erreichten. »Na endlich bist du wieder wach. Du wolltest mir noch erzählen, wie es am Strand war«, murmelte Laura an meinem Ohr. Es bildete sich ein breites Grinsen in meinem Gesicht. Daran erinnerte ich mich nämlich gern. »Wir haben nackt gebadet ... «, flüsterte ich mit Blick in den Rückspiegel, aber Zach schien stur geradeaus zu schauen. »Ich war kurz davor die Beherrschung zu verlieren ... sowas habe ich noch nie erlebt, Laura.« »Wusste ich es doch!«, brüllte Zach und schlug mit der Faust auf sein Lenkrad. Ich zog sauer meine Brauen zusammen. Was dachte er, wer er war? Mein Vater? »Zach, so langsam kotzt du mich an. Was geht es dich überhaupt an, was ich mache? Und wenn ich mich von ihm ohnmächtig hätte vögeln lassen, hätte es dich nicht zu interessieren gehabt.«
Ich merkte, wie sich an meiner Schläfe die kleine Ader ausweitete, so wie es immer passierte, wenn ich mich maßlos aufregte. »Du hast mich also nicht zu interessieren?«, zischte er mit Blick in den Rückspiegel. »Ja, ... kümmere dich um deinen eigenen Mist und lass mich in Ruhe.« Sofort stieg er in die Eisen, sodass Laura fast von der Rückbank purzelte »Eyy! Spinnst du?!«
»Nein, sie spinnt!«, meckerte Zach und drehte sich zu uns um, nachdem er am Straßenrand parkte. »Und da ich mich ja nicht mehr um sie scheren soll, kann sie auch jetzt zu Fuß nach Hause gehen.« Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, schnaubte verachtend auf und schnappte mir meine Sneaker, bevor ich aus dem Wagen sprang und Zach den Stinkefinger zeigte. »Warte ... ich lass dich nicht allein«, rief Laura und hüpfte ebenfalls raus, bevor Zach Gas gab und uns, ohne mit der Wimper zu zucken, gut drei Meilen von Zuhause weg, einfach stehen ließ.
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Fool Again | Vincent & Rory
Teen FictionFortsetzung von Our Foolish Hearts! Vorsicht Spoiler Alarm! (Ist in Überarbeitung!) Lesley & Kennedy - Dies ist die Geschichte über ihre Tochter Rory... Dass Lesley und Kennedy Eltern wurden liegt nun gute siebzehn Jahre zurück. Beide haben ihren g...