- Rory -
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch fuhr ich auf den Parkplatz des Flughafens und stellte meinen Wagen ab. Was ich hier gleich tun würde war unfair, aber ich konnte nicht anders. Wie schon so oft in den letzten Monaten, ließ ich mich durch meine Gefühle zu etwas verleiten, dass ich normalerweise nicht tun würde. Und nun saß ich in meinem Wagen und war hin und her gerissen, ob ich das Gebäude betreten sollte oder lieber wieder fahren. Der Verstand sagte klar, ich sollte den Wagen wieder starten und fahren, mein Herz jedoch sah das anders. Es schlug schneller, wenn es um Vincent ging, es schlug kräftiger und manchmal auch überschlug es sich.
Mein Herz hatte gewonnen und ich wuchtete meinen Koffer aus dem Kofferraum meines Wagens. Was hatte ich alles mitgenommen für eine Woche? Sicher ausreichend, denn ich wusste nicht wohin die Reise ging. Daraus machte Vincent ein Geheimnis. Ich zog meine Sonnenbrille auf und lief zügig, so wie mein Klotz von Koffer es zuließ, auf den Haupteingang zu, wo ich sogleich die Sonnenbrille wieder auf meinen Kopf schob und mich nach ihm umsah. Plötzlich räusperte sich jemand hinter mir und ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken. "Ich dachte schon, sie wollen ihren Flug verpassen, Miss Thompson", hauchte er gefolgt von einem Kuss auf meine Schulter.
Ich drehte mich zu ihm um und prustete gleich los. Schnell drückte ich meine Hand vor den Mund und konnte es nicht vermeiden über ihn zu lachen. Er trug ein altes abgenutztes Basecap auf dem Kopf, eine überdimensionale Sonnenbrille auf der Nase und hatte sich einen falschen Schnauzbart angeklebt. Über den Die Rand der Sonnenbrille konnte ich seine gehobene Braue ausmachen, die mir zeigte, wie sehr ihm meine Belustigung gefiel - nämlich gar nicht.
"Findest du mich also lächerlich, hm?", fragte er in diesem ruhigen leisen Ton, der ihn auch als besessenen Serienkiller hätte entlarven können. Ich schüttelte mit Lachtränen in den Augenwinkeln meinen Kopf und stemmte meine Hände gegen seine Brust. Er kam mir mit diesem komischen Stück Fell im Gesicht immer näher und spitzte seine Lippen. Ich stemmte mich nach hinten, lachte immer lauter und hatte deshalb kaum noch Kraft. "Komm mir mit diesem Tier im Gesicht ja nicht zu nahe", ermahnte ich ihn, doch er packte mich am Hals und zog mich gegen seinen Mund. Mein Lachen verstarb und ich genoss einfach seine Nähe - auch wenn sie mich gerade unter der Nase kitzelte.
Ich wusste ja, warum er sich präparierte. Mittlerweile konnte er nicht mehr einfach so unerkannt durch die Straßen laufen, wie noch vor einem Jahr. Auch dass er auf Alex für die Woche verzichtete, war ein Stück weit riskant, aber er wollte es so. Mich störte es nicht. Erst als wir im Flieger saßen und sich alles beruhigt hatte, die Passagiere lasen oder sich leise unterhielten, nahm er seine Tarnung ab - bis auf den Schnauzer. Mit gerunzelter Stirn schaute ich in sein Gesicht und presste meine Lippen aufeinander. "Das Ding willst du also dranbehalten?" Augenbrauen klimpernd beugte er sich zu mir vor und kam mir immer näher. Erst kurz bevor er mich erreichte zog er den Schnauzer von seiner Oberlippe und drückte seinen Mund auf meinen. Mein Herz überschlug sich bereits wieder, wie es das nur bei Vincent tat.
Der Flug dauerte knapp sieben Stunden und wir landeten am frühen Abend in San José, der Hauptstadt von Costa Rica. Ich war überrascht, dass Vincent dieses Reiseziel wählte, doch er hatte sicher einen guten Grund. Wir nahmen ein Taxi und fuhren nochmals eine ganze Weile, bis wir vor einer kleinen Siedlung winziger Holzhäuser zum Stehen kamen. Vincent bezahlte den Fahrer und griff unsere Koffer. Ich war enttäuscht, dass es bereits fast dunkel war, denn die felsigen Hügel sowie das Meer, dessen Rauschen zu hören war, hätte ich zu gern noch gesehen. Bei einem Haupthaus checkte Vincent ein, bekam zwei Schlüssel und ein freundliches Lächeln und wir machten uns auf den Weg zu unserem Häuschen.
"Wie bist du auf die Idee gekommen, hierher zu fliegen?", fragte ich unser Holzhäuschen betrachtend und verschränkte meine Arme vor der Brust, während er die Tür aufschloss. "Es war ein Tipp von Bob. Komm, tritt ein my Lady." Schmunzelnd und Augen rollend trat ich an ihm vorbei ins Innere des kleinen Häuschens. Es war nicht größer als vierzig Quadratmeter, aber es hatte alles, was man brauchte. Kleine Petroleumleuchten brannten bereits in den Fenstern und auf dem kleinen Tisch mit drei Stühlen in der Mitte des Raumes. Rechts neben der Tür war eine gemütliche Sitzgelegenheit, mehr große Kissen auf dem Boden, weiter in den Raum hinein befand sich eine winzige Kochnische mit einem Holzofen und dahinter führte eine kleine Leiter ein Stockwerk höher.
Vincent stellte die Koffer neben den Tisch und konnte mir nur nachsehen. Ich war neugierig, was dieses kleine Häuschen so in sich verbarg und streifte meine Plateausandalen von den Füßen, um die Leiter nach oben zu klettern. Vor mir kam eine Art Schlafboden zum Vorschein. Die dicken Matratzen lagen direkt auf den Holzbohlen, was aber auch gut so war. Hinstellen war hier oben nicht möglich. Der Spitzboden war viel zu niedrig. Die Aussicht war dafür jedoch atemberaubend. Die kleine Front, welche aufs Meer hinaus zeigte, war komplett aus Glas. Man hatte also beim Aufwachen, sowie beim Einschlafen einen perfekten Blick aufs Meer.
Ich setzte mich mit angewinkelten Knien auf das Ende der Matratze und schaute geradewegs aus dem großen Fenster. Die Schaumkronen tanzten auf dem Meer und trieben aufgewühlt an den Strand. "Na gefällt es dir?", sprach Vincent leise, als ich ihn in meinem Rücken spürte und er seine Arme über meine Schulter legte. "Es ist wunderbar... wirklich. Und ich bin so gespannt, wie es hier ist. Schade dass es schon dunkel ist." Er legte seinen Kopf auf meine Schulter und zog mich näher gegen seine Brust. "Wir sind eine Woche hier... was aber viel wichtiger ist... ich bin mit dir hier - allein." Nach diesen Worten, die er gegen die Haut meines Halses murmelte, spürte ich schon seine Lippen, die sich ihren Weg suchten. Was hatte er nur an sich, dass ich so auf ihn reagierte?
"Ich liebe dich Vincent", flüsterte ich und schloss meine Augen, genoss seine Berührungen und Liebkosungen. Ich sollte diese Worte nicht sagen, doch es war nun einmal die Wahrheit. Ich liebte ihn mit allem was ich zu geben hatte und verschwendete gerade keinen einzigen Gedanken mehr an Donnie oder ein schlechtes Gewissen. Es gab nur uns - Rory & Vincent. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, was es mir bedeute dass du hier bist. Lass uns nicht an nächste Woche denken, lass uns diese Woche genießen. Nur wir beide. Zwei Menschen, die sich lieben." Seine Worte kamen zwischen einzelnen winzigen Küssen aus seinem Mund und so schön sie sich anhörten, so hellhörig machten sie mich auch. Was er genau damit meinte, würde ich noch herausfinden müssen.
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Fool Again | Vincent & Rory
Teen FictionFortsetzung von Our Foolish Hearts! Vorsicht Spoiler Alarm! (Ist in Überarbeitung!) Lesley & Kennedy - Dies ist die Geschichte über ihre Tochter Rory... Dass Lesley und Kennedy Eltern wurden liegt nun gute siebzehn Jahre zurück. Beide haben ihren g...