K73 | Liebe

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- Rory -

Meine Augen füllten sich mit Tränen, doch es wären keine Freudentränen. Es waren Tränen des Bedauerns, des schlechten Gewissens und der Liebe, die gerade fluchtartig vom Hof gebraust ist. Ich schluchzte auf und schüttelte langsam meinen Kopf, als ich Donnie, der immer noch vor mir kniete, wieder ansah.

"Rory Thompson, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Du bringst mich zum Lachen und nimmst mich wie ich bin, ohne mich ändern zu wollen. Du erträgst sogar meinen eigensinnigen Bruder, der immer ein Teil von mir sein wird. Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass ich dich immer an meiner Seite haben möchte... willst du meine Frau werden?"

Meine Sicht verschwamm immer mehr. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass Vincent ihn unterbricht, allen sagt, dass ich SEINE Frau bin. Dass er das mit uns mehr will als alles Andere auf der Welt, doch er ist geflüchtet. Einfach in seinen Wagen gestiegen und hat mir den Rücken gekehrt. Deutlicher konnte er es mir nicht sagen. Ich sollte mich damit abfinden, dass Myra nun die Frau an seiner Seite war. Die Frau, die seinen Lifestyle lebte und ihr Leben dafür zurück stellte. 

Heiße Tränen rannen über meine Wangen, die ich mir schnell weg wischte und Donnie ein liebevolles Lächeln schenkte, auch wenn ich schluchzte. Ich musste vernünftig sein und schaute auf zu meinen Eltern. Dad sah so stolz aus, strahlte so sehr, dass sich Lachfältchen um seine Augen bildeten und Mom hielt sich weinend und völlig ergriffen die Hände vor den Mund. Ich wusste welche Antwort ich zugeben hatte. Vincent würde ich nie bekommen, nicht so wie ich es mir wünschte und so verließ dieses kleine Wort meinen Mund, dass nun über meine Zukunft entschied.

"Ja... " Donnie sprang auf seine Füße und schlang seine Arme um mich, drückte mich an seinen Körper und küsste mich glücklich. Liebevoll strich er mir die Tränen von den Wangen und lächelte an meinen Lippen, bevor er mich erneut küsste. Ich fühlte etwas für ihn, aber es war bei Weitem nicht von gleicher Intensität, wie das was ich fühlte, als Vincent verschwand.

Emma sprang auf und umarmte mich quiekend, genauso wie Mom und Dad, die Donnie und mich gleich stolz und voller Freude beglückwünschten. Ich weinte. Ich konnte nicht anders. Donnie schloss mich fest in seine Arme und strich über meinen Rücken.

"Hey Sugar... nicht weinen. Das wollte ich nicht. Du sollst dich doch freuen... jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen." Ich klammerte mich an ihm fest und atmete tief durch. Er hatte recht, ich sollte mich freuen, konnte es aber nicht. Als Emma meinen Blick auffing, hob sie mitfühlend einen Mundwinkel. Sie wusste genau, was mit mir los war.

Nachdem ich mich beruhigt hatte fiel mir Myra auf. Sie saß bedrückt am Ende des Tisches und starrte auf die karierte Tischdecke. Es war für sie sicher wie ein Schlag vor den Kopf, als Vincent sie hier einfach zuck ließ, aber ich konnte kein Mitleid für sie empfinden. Sie war mir gleichgültig. Wenn es nach mir ginge könnte sie auch verschwinden. Überhaupt stimmte es mich sauer, dass er sie mit hierher brachte. Ich wollte sie nicht sehen und noch weniger mit ihr an einem Tisch sitzen.

Wir saßen den ganzen Tag im Garten. Ich war in mich gekehrt. Meine Gedanken kreisten ununterbrochen um Vincent, auch weil ich nicht wusste wo er jetzt war. Gerade als ich dachte, dass er wiederkommen würde, fuhr aber ein mir fremder Wagen auf den Hof und ein mir fremder Mann stieg aus. Er schaute sich um. Plötzlich sprang Emma auf und rannte auf ihn zu. Sie fiel ihm um den Hals und drückte ihn ausgiebig.

Zusammen kamen sie zurück an den Tisch. "Kennedy, Lesley... das ist mein Dad. Charles Hayse." Charles ging sogleich zu meinen Eltern, stellte sich vor und bedankte sich, dass er heute hier sein dürfte. Emma führte ihn kurz drauf über den Hof, zeigte ihm den See und sprach lange mit ihm. Ich wusste von Vincent und auch Emma, dass sie nicht das beste Verhältnis zueinander hatten, umso mehr freut es mich, die beiden so innig miteinander zu sehen. Wenn Vincent...

Ich schüttelte meinen Kopf. Er wollte nicht aus meinen Gedanken. So sehr ich mich auch anstrengte. Mittags wurde der Grill angezündet und ich war gerade auf dem Weg von der Küche in den Garten, als Vincent wieder auf den Hof fuhr. Ich beobachtete ihn. Er sah nicht gut aus. Erschöpft. Er erkannte den Wagen sofort und lief schnell in den Garten. Als ich bei ihnen ankam, umarmte er gerade Charles und winkte Emma zu sich. Alle drei hingen sich in den Armen und freuten sich. Auch meine Familie feierte ausgelassen. Und ich... ich saß neben meinem Zukünftigen und starrte wie Myra zuvor auf die Tischdecke.

Als Vincent ins Haus ging folgte ich ihm. Er stand an der Küchenspüle und trank ein Glas Wasser. "Hey... wo warst du? Ich habe mir sorgen gemacht." - "Ich musste nachdenken", war seine knappe Antwort, bevor er sich an die Anrichte lehnte. "Das musst du nicht mehr. So glücklich wie Kennedy ist, kenne ich den Ausgang von Donnies Kniefall vorhin."

Ich bekam kein Wort heraus und senkte meinen Kopf. "Also habe ich Recht... Glückwunsch." - "Vincent hör auf damit", murmelte ich mahnend, doch er zuckte nur mit den Schultern. Leise lachend schüttelte er den Kopf und raufte sich seine Haare. Er wirkte verzweifelt, wovon sich mein Herz schmerzlich zusammenzog.

"Rory, können wir uns heute Abend treffen? Ich muss mit dir reden... in Ruhe. Allein!" ich musterte ihn, sah seinen flehenden Blick und nickte bestätigend. Ich konnte ihm niemals eine Bitte abschlagen. "Okay... dann treffen wir uns um Mitternacht in der Werkstatt." Nachdem die Worte meinen Mund verlassen hatten, drehte ich mich ab und ging hinaus zu meiner Familie. Meine Neugier, was Vincent mir zu sagen hatte machte mich fertig, doch die paar Stunden musste ich einfach überstehen.

Donnie schlief seelenruhig in meinem Bett, als ich mich um Mitternacht aus dem Haus schlich. Er stand bereits am großen Tor der Werkstatt und wartete auf mich. Wortlos öffnete er die Tür und ließ mir den Vortritt. Wir kletterten die Leiter zum Teile-Lager hinauf und setzten uns auf ein paar alte Reifen. Ich hockte dort wie ein Häufchen Elend und schaute unentwegt zu dem Mann, der mein Verderben bedeutete.

Er raufte sich die Haare und starrte wie hypnotisiert auf einen Punkt auf dem Dielenboden. Ich platzte vor Neugier und wollte endlich wissen, weshalb ich hier war.

Er nahm meine Hand und streichelte sie. Es brachte mich um! Ich sehnte mich so sehr nach ihm und sog seine Berührungen förmlich auf. "Hatte ich Recht vorhin?", fragte er und drückte meine Hände.

"Rory ich hab dir so einiges zu sagen, und ich möchte dass du mir bis zum Schluss zuhörst. Seine Stimmlage beunruhigte mich und ich seufzte zittrig auf, als ich nickend zustimmte.

Fool Again | Vincent & RoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt