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Killian hatte die Straßen New Orleans kaum betreten, da spürte er schon die dunkle Macht die darüber lag. Eine Macht, die im Normalfall nur über Orten lag, wo ein ungerechtfertigtes Massaker stattfand, die Hexenverbrennungen in Salem zum Beispiel. Hier ist etwas vergleichbares Vorgefallen, wohl nicht in demselben Ausmaß, doch eine ebenso große Tragödie. Killian ahnte bereits, dass Skylar damit zu tun hatte. Wenn er den Mittelpunkt diese Nexus fand, den Ort, wo all diese Hexen getötet wurden, würde er auch Skylar und Jax finden. Also folgte er der dunklen Macht, vorbei an zahlreichen Touristen, welche nicht die geringste Ahnung hiervon hatten. Die nicht wussten, was für Gräueltaten hier geschehen waren. Die sich nicht im geringsten vorstellen konnten, was für eine bösartige Grausamkeit an diesem Ort lauert. Killian beneidete sie, für ihre Ahnungslosigkeit. Was würde er nicht dafür geben, auch so unschuldig durch New Orleans zu streifen, und es so zu sehen, wie all die blinden Menschen hier. Mehr als einmal verfluchte er sein Schicksal, das Schicksal ein Schattenjäger zu sein. Das Schicksal das ihm aufgezwungen wurde, das er niemals loswerden würde, das ihn dazu zwingt, all die Grausamkeiten die diese Welt zu bieten hatte, sich aufzubürden, damit die Menschen es nicht ertragen mussten. Er war so im Gedanken versunken gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, dass die Touristen um ihn herum weniger geworden sind, bald darauf erreichte er einen Stadtteil, der vollkommen verlassen war. Die dunkle Macht war hier so erdrückend, das wohl selbst die unwissenden Menschen ein gewisses Unwohlsein verspüren mussten, wenn sie her kamen, weshalb sie diesen Teil der Stadt wohl mieden. Killian versuchte zu erspüren von wo die Dunkelheit ausging, und blieb vor einer geschlossenen Kneipe stehen. Hier war es. Er stellte seine Tasche hinter eine Mülltonne und bewaffnete sich, Dolche, Wurfscheiben, Armbrust. Nach kurzem Zögern nahm er auch die beiden Pistolen heraus und überprüfte die Munition bevor er sie ebenfalls in den Waffengürtel steckte. Dann ging er auf den Eingang der Kneipe zu. Vollkommen egal was ihn darin erwarten würde, er wäre bereit dafür.  

"Er ist hier.", murmelte Jax. Skylar hob den Blick. "Das wurde aber auch Zeit, hat lange genug gedauert." "Und er ist wirklich alleine." Erstaunen schwang in Jax Stimme mit. Skylar lächelte triumphierend. "Sagte ich doch.", meinte sie selbstgefällig. "Aber er ist am falschen Ort.", fügte Jax hinzu. Skylar zuckt mit den Schultern. "Ist schon verständlich. Vergiss nicht, auch in der Kneipe haben wir damals jede Menge Hexen getötet. Doch nicht die Hexen die zählen." Mit einem bösartigen Lächeln ließ sie sich auf einem der Baumstumpfe am Rande der Lichtung nieder. Ihre Gedanken wanderten zurück zu dem Tag, an dem sie das letzte Mal hier war. Sie hatte wieder den brennenden Körper ihres Vaters vor Augen. Wie er in den letzten Sekunden seines Lebens die selbstgerechte Maske hat fallen lassen, und sein wahres Gesicht gezeigt hat, ehe es mit dem Rest seines Körpers in Flammen aufgegangen war. Es war eine grausame Ironie des Schicksals, das hier an dieser Stelle dasselbe mit Killian passieren würde. Und für einen kurzen flüchtigen Moment, stieg in Skylar etwas hoch, dass sie bisher niemals gespürt hatte: Reue.

Killian betrat die Kneipe, die Dunkelheit hier war beinahe greifbar. Obwohl keine Leichen hier lagen, war der Tod allgegenwärtig. Er lag in der Luft, in den Dielen des knarzenden Holzboden, in jedem einzelnen zerbrochenen oder umgefallenen Gegenstand in dieser Kneipe, die eher an ein Schlachtfeld als an eine gastronomische Einrichtung erinnerte. Killian sah sich um, fokussierte seinen Jägersinn, doch außer dem Nachhall des Massakers das hier stattgefunden hatte, konnte er nichts spüren. Sie waren nicht hier. Frustriert stieß er einen der wenigen Stühle um, der polternd gegen die Wand prallte. "Etwas Respekt vor den Toden wenn ich bitten darf." Überrascht wirbelte Killian herum. Hinter ihm stand ein Mann, nein, ein Geist. Der Geist sah ihn vorwurfsvoll an. "All die Jahre war es hier schön ruhig. Und dann taucht plötzlich wieder dieses Monster hier auf, und wäre sie und ihr bösartiger Protegé nicht schon genug, taucht jetzt auch noch ein verdammter Jäger auf. Ich hoffe echt dass du hinter ihr her bist. Auch wenn ich mir recht sicher bin du hast keine Ahnung mit was du dich da anlegst.", murrte er vor sich her. "Ich weiß ganz genau was mich erwartet.", antwortete Killian ruhig. Der Geist sah ihn überrascht an. "Du siehst mich? Das hätte ich mir denken können, ihr Schattenjäger steckt schließlich voller Überraschungen." Er strich seinen Mantel zurecht und nickte Killian würdevoll zu. "Gestatte mir mich vorzustellen, ich bin Constantin Sherat, ehemalige rechte Hand des großen Hexenmeisters LaShaw. Damals, als das New Orleans Zirkel noch zu den größten und mächtigsten zählte. Bevor dieses Monster kam, und uns abschlachtete, wie Tiere." in seiner Stimme schwang Frustration und Wut mit. "Ihr seid also Skylars ehemaliger Zirkel.", murmelte Killian trocken. "Nein! Wir waren niemals der Zirkel dieser Abscheulichkeit. Hast du auch nur eine Ahnung was dieses Monster getan hat?", begehrte Constantin auf. "Nur zu gut, sie hat mir alles erzählt. Und ehrlich gesagt bereitet mir euer Ableben auch nicht unbedingt schlaflose Nächte.", gab Killian gefasst zurück. Constantins Augen spuckten Feuer, doch er riss sich zusammen. "Was sollte man auch anderes von einem Jäger erwarten.", knurrte er verächtlich. Killian verdrehte die Augen. "So amüsant ich unser kleines Pläuschchen auch finde, ich muss Skylar finden, wo ist sie?", fragte er ruhig. Kurz sah es so aus als würde Constantin sich weigern ihm zu helfen, doch der Hass auf Skylar war wohl größer als sein Ego, also antwortete er nach einer kurzen Schweigepause: "Sie wird wohl dort sein, wo damals alles endetet. An dem Ort, an dem sie ihre Familie so schändlich hinterging. Wo sie sich gegen ihr eigen Fleisch und Blut wandte. Die Lichtung, auf der sie ihre Familie hinrichtete, massakrierte, ein für allemal auslöschte, für das angebliche Unrecht das sie ihr gegenüber verübt haben sollen.", fauchte er voller unterdrückter Wut. "Das war alles was ich wissen wollte.", murmelte Killian und machte kehrt ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren. Constantin blieb alleine zurück. "Geh, Schattenjäger! Führe dieser Abscheulichkeit ihrer gerechten Strafe zu!" 

Schattenwelt - Das nächste Kapitel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt