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Obwohl die Sonne bereits untergegangen war, war die Stadt hell erleuchtet von allerhand Lichtern, welche aus Geschäften oder Restaurants drangen. Auch die Menschenmassen wurden nicht weniger, ganz im Gegenteil, John hatte fast das Gefühl, es waren noch mehr Menschen auf den Straßen als am Tage. "Eine nette Abwechslung zu den ganzen Orten wo wir sonst immer sind.", murmelte er während er sich hinter Killian durch die Menge kämpfte. Skylar schnaubte nur. "Der nächste der mich anrempelt, den verfluche ich.", knurrte sie genervt. "Untersteh dich!", warnte sie Killian, der ein paar Schritte vor ihnen war. Skylar verdrehte nur die Augen. "Nur ein ganz kleiner, harmloser Fluch.", murmelte sie giftig. "Es gibt keine harmlosen Flüche.", widersprach Killian und bog in eine Seitengasse ab. "Na endlich.", zischte Skylar und folgte ihm in die verlassene Gasse. John sah zweifelnd zu Killian. "Sicher das du weißt wo du hin musst?", fragte er und sah sich kritisch um. Killian antwortete nicht sondern eilte die dunkle Gasse entlang, die im Gegensatz zur Hauptstraße kaum beleuchtet war. John folgte ihm etwas langsamer. "Ich frage einfach noch mal, denn du kannst mich nicht ewig ignorieren. Weißt du wo du hin musst, oder folgst du einfach nur einem Gefühl?", hakte er weiter nach. Killian blieb seufzend stehen. "Die Instinkte eines Jägers sind zumeist besser als jede Karte.", antwortete er endlich. "Das ist nicht die Antwort auf die ich gehofft hatte.", murmelte John. Killian hob eine Augenbraue. "Dann hättest du nicht fragen sollen.", gab er zurück. Da mischte sich Skylar plötzlich ein. "Euch ist klar, dass ich auch einfach einen Ortungszauber durchführen könnte." Die beiden drehten sich zu ihr um. "Einen Ortungszauber?", wiederholte John. Skylar nickte gelangweilt. "Er könnte uns direkt zu ihr führen, solange sie kein Schutzamulett oder etwas ähnliches trägt." John sah sie fassungslos an. "Und damit rückst du erst jetzt raus? Wir rennen seit drei Stunden hier herum!", rief er vorwurfsvoll. Skylar zuckte nur mit den Schultern. "Ich dacht er wüsste wo wir hin müssen, ich hatte ja keine Ahnung das er nur einem Gefühl folgte.", verteidigte sich Skylar, doch ihre Augen funkelten schadenfroh. Killian verschränkte die Arme. "Was benötigst du für den Zauber?", fragte er nur. Johns Blick schoss zu ihm. "Was wurde aus, der Instinkt eines Jägers ist besser als eine Karte?", äffte er sarkastisch. "Das gilt nicht für eine magische Karte.", gab Killian ernst zurück. John öffnete den Mund zu einer Antwort, schloss ihn dann aber wieder und schüttelte nur perplex den Kopf. Während Killian gemeinsam mit Skylar den Zauber vorbereitete, stand John einfach nur da und beobachtete das ganze schweigend. Währenddessen wanderte seine Gedanken immer wieder zu Tessa. Er hoffte das es ihr gut ging. Vor allem hoffte er jedoch, dass sie nichts unüberlegtes tat.

Tessa ging durch die altbekannten Gassen. Obwohl es schon Jahre her war, dass sie hier gewesen war, konnte sie sich noch gut an alles erinnern. Die Bäckerei am Ende der Straße, welche die besten Zimtschnecken Frankreichs verkaufte, der alte Antiquitätenladen von dem verrückten Mr. Larrister, der den Kindern der Straße immer allerhand Gruselgeschichten erzählt hatte, der Spielplatz, wo sie sich früher immer mit den Nachbarskindern getroffen hatte, welcher nun verlassen vor ihr lag und der große Friedhof, wo früher der Zirkel seine Rituale abgehalten hatte. All die Rituale, die früher Teil von Tessas Leben waren, die sie nie hinterfragt hatte, an deren Notwendigkeit sie nie gezweifelt hatte, bis zu dem Tage, an dem Killian sie fand, und ihr die Augen geöffnet hatte. Der Tag an dem sie alles hinter sich gelassen hatte, ihren Zirkel, ihre Familie, ihr Leben. Sie hatte damals die Chance es zu beenden, doch sie war zu feige gewesen, und nun zahlten diese unschuldigen Menschen den Preis für ihre Feigheit.

Tessa saß schweigend da und beobachtete die älteren Hexen, die nach einander durch das große Tor des Friedhofes traten. Ganz zum Schluss kam auch ihre Mutter  heraus, sie ging neben Evangeline, deren Augen gerötet war. Sie hatte geweint, dass merkte Tessa sofort. Als ihre Mutter sie entdeckte, flüsterte sie Evangeline leise noch ein paar Worte zu, und kam dann auf ihre Tochter zu. "Du solltest nicht hier  sein. Du solltest mit den anderen bei Professor  Abadon warten.", meinte sie streng. Tessa antwortete nicht sondern sah bei ihr vorbei zu Evangeline. "Geht es ihr gut?", flüsterte sie  vorsichtig. Ihre Mutter drehte sich nicht um sondern legte Tessa eine Hand auf die Schulter. "Wir sollten nach Hause gehen, komm schon." , wechselte sie das Thema. Tessa folgte ihr, doch nicht ohne sich noch einmal zu Evangeline umzudrehen, die nun in den Armen ihres Mannes lag und leise schluchzte. Tessa wusste nicht, was geschehen war, sie wusste nur eines. Als Evangeline den Friedhof betreten hatte, hatte sie ein Kind in den Armen gehalten, doch von diesem Kind, fehlte nun jegliche Spur. Ihr lagen so viele Fragen auf der Zunge, da gab es so viel, was sie erfahren wollte, doch sie wagte es nicht, ihre Mutter danach zu fragen. Egal um welches Ritual es sich handelte, bisher hatte sie von ihrer Mutter immer nur dieselbe Antwort erhalten: Es ist notwendig. Was auch immer auf dem Friedhof passiert war, was auch immer mit dem Kind passiert war, es war notwendig, das wusste Tessa. So wurde sie erzogen, die Rituale waren notwendig, der Zirkel wusste was richtig war, die Rituale und die Entscheidungen der Ältesten dürfen nicht hinterfragt werden. Also verbannte Tessa Evangeline und das Kind aus ihrem Gedächtnis und folgte ihrer Mutter schweigend nach Hause.

Schattenwelt - Das nächste Kapitel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt