Vierzehn

550 31 0
                                    

[Seine Augen werden groß und ihm steht der Mund leicht offen. Verletzlichkeit huscht über sein Gesicht und getroffen verzieht er es, ehe er sich die Kapuze tiefer ins Gesicht zieht. Er verschließt sich vor mir. Er zieht sich zurück. Während es mir das Herz bricht, erleichtert es mich ein wenig. Die grauen Gewitterwolken, die sich über uns haben sammeln wollen, ziehen sich zurück und lassen den strahlend blauen Himmel zurück.]

Ich kann nur hoffen, dass der Feuerprinz jetzt seinen Mund hält. Immerhin schwebt sein Leben in Gefahr, solange Ice und ich hier sind. Aber er ist nun einmal ein arroganter, verwöhnter, selbstsicherer Prinz. Die können ihren Mund wohl nicht halten, das haben sie wohl nie gelernt.

Mit langen Schritten kommt er auf uns zu. "Ich lasse dir drei Minuten um auf ein Schiff zu steigen und das Land zu verlassen, ehe ich meine Soldaten anweisen werde, das Land nach dir zu durchkämmen. Und wenn du dann noch hier bist und gefunden wirst, erwartet dich keine schöne Strafe", teilt er mit gesenkter Stimme amüsiert Ice mit und hebt zur Unterstreichung seiner Worte drei Finger.

Dieser starrt noch immer zu mir, als würde er mich nicht kennen. Er ist verletzt und eingeschnappt und beleidigt und gerade ziemlich kindisch, ja. So ist Ice, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Liegt an der Freiheit, die man ihm als Kind gelassen hat. Morgen wird er es verstehen und einsehen, dass er sich falsch benommen hat. Oder übermorgen. Oder überübermorgen. Vielleicht auch erst nächsten Monat oder nächstes Jahr. Bei Ice kann man das nie so genau wissen.

Zischend will er nach meinem Arm greifen und mich somit gewaltsam mit sich schleppen, aber Lucien schlingt fließend seinen Arm um meine Schultern und zieht mich einen Schritt zurück an seine Brust. Mit großen Augen starre ich überrascht den arroganten Prinzen an, der allerdings nur süffisant grinst. Er hat Spaß daran, meinen Bruder zu ärgern. Ich weiß trotz der Kapuze, dass Ices Kiefer mahlt. Dass er nachdenkt. Dass er überlegt. Der Krieger in ihm hat die Oberhand über den Bruder gewonnen.

"Sie bleibt schön hier", grinst Lucien. "Denn auch, wenn du dein Leben noch behalten darfst, hast du die Auktion bereits ab dem Moment verloren, ab dem du einen Fuß in mein Land gesetzt hast." Zur Unterstreichung seiner Worte drückt er mich noch näher an seine Brust und unwillkürlich nimmt meine Nase den Duft von Glut und Feuer auf, der mit einer leicht herben Note erstaunlich gut riecht. Moment, was denke ich da? Wieso stehe ich wie eine nutzlose Puppe da und rühre mich kein Stück? Ich bin kein verschüchterter Gegenstand mit dem man machen kann was man will!

Betont drücke ich den Prinzen von mir weg, in dessen Augen bei meiner abwehrenden Haltung ein Funke aufblitzt. Geflissentlich ignoriere ich ihn und wende mich wieder meinem Zwillingsbruder zu. "Bitte, Ice", flüstere ich. Er weiß ganz genau, dass ich dieses scheußliche Wort nie in den Mund nehme, außer es ist mir verdammt ernst mit etwas. Erinnerungen wollen auf mich einstürmen, negative Erfahrungen mit diesem kleinen Wort, aber ich kämpfe gegen sie an, lasse mich nicht davon übermannen.

Ein Licht kehrt in Ice Augen zurück. Er weiß, wie schwer es mir fällt, dieses Wort über die Lippen zu bringen, ohne einen emotionalen Zusammenbruch zu erleiden. Er weiß, was für ein Schlag in die Magengrube dieses Wort für mich ist. Wie oft man mich gezwungen hat, es zu sagen. Wie oft man mich hat leiden lassen, bis ich wie ein gebrochenes Ding flehend am Boden lag. Wie man mich Stück für Stück damit zu brechen versucht hat. Bitte.

Der Feuerprinz lässt nicht locker und kann seine Arroganz wohl nicht im Geringsten unterdrücken. Diesmal schlingt er seinen Arm um meine Taille und weicht mit mir noch ein Stück zurück. Den Menschen um uns herum springen die Fragezeichen regelrecht aus den Augen, aber sie könnten mir gerade nicht egaler sein. "Ich verspreche dir, dass ich gut auf sie aufpassen werde. Ihr wird nichts passieren, solange ich lebe", schwört der Prinz und zum ersten Mal sehe ich einen ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht.

"Dein Verprechen hat keinen Wert für mich, Prinzlein. Ich tue es einzig und allein für meine Schwester, damit das klar ist." Damit wirbelt Ice herum und geht zügig davon. Schnell ist er außer Hör- und Sichtweite.

Damit bleibe ich alleine mit einem feurigen Prinzen, der besonders kontaktfreudig zu sein scheint und dem Anschein nach meine Nähe sucht, auf dem Marktplatz stehen, umringt von einer blassen, totenstillen Menschenmasse.

Burning IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt