Bevor die Auktion beginnt, wird uns allen ein weites, weißes Hemd übergezogen, das aussieht, als sei es für Herren geschnitten worden. Den Meisten reicht es wie ein Kleid bis zu den Knien - da ich allerdings größer bin als die anderen, bedeckt es gerade noch so meinen Hintern. Zugegebenermaßen macht mir das nicht wirklich etwas aus, nachdem wir sowieso nackt vor aller Augen durch die Straßen getrieben worden sind.
Freedom drückt aufmunternd meine Hand, während die Frauen, die uns versorgt haben, wieder gehen und uns mit der Anweisung zurücklassen, uns in einer Reihe hintereinander in dem Holzwagen aufzustellen. Wir betreten ihn von hinten und nur ein Stoffvorhang verbirgt das, was auf uns zukommen würde.
"Auch, wenn wir getrennt werden", flüstert sie mir ins Ohr, "Ich werde dich nicht vergessen, Snow. Im Herzen werden wir immer zusammen sein." Mit dem Hauch eines Lächelns auf den Lippen nicke ich. Ich werde dafür sorgen, dass Freedom zu jemandem mit gutem Herzen kommen wird, und wenn ich dafür mein Eis gebrauchen und die Hälfte der Adeligen da draußen einfrieren muss, dann ist es eben so. Ich werde nicht zulassen, dass sie erneut schlecht behandelt wird.
Ein Mann betritt wie wir zuvor den Wagen von hinten und geht die Reihe entlang, während er stumm mitzählt. Als er vorne angekommen ist, nickt er mit einem breiten Grinsen und klatscht einmal in die Hände. "Es geht los, Mädchen. Ihr werdet Einzeln aufgerufen werden, und wehe eine von euch tanzt aus der Reihe", erklärt er mit verzücktem Tonfall.
Kaum ist er vorne hinaus gegangen und hält mit lauter Stimme eine langweilige Vorrede für das zahlfreudige Publikum, bedeute ich Freedom vor mich zu treten. Wenn ich ihr helfen will, muss ich sichergehen, dass ich noch mitbekomme, an wen sie abgegeben werden soll. Mit einem kleinen, nervösen Lächeln folgt sie meiner Aufforderung, hält meine Hand aber immer noch fest umklammert. Sie hat Angst.
Nur am Rande bekomme ich mit, wie das erste Mädchen aufgerufen wird und nach draußen tritt. Ich bin mit etwas Wichtigerem beschäftigt. Zuversichtlich streiche ich Freedom einmal durch die Haare. "Du schaffst das. Wir stehen das zusammen durch, auch wenn ich nicht neben dir stehe. Im Herzen verbunden, nicht wahr?", versuche ich ihr leise Mut zu machen.
Mit einem kleinen Grinsen nickt sie und umarmt mich überschwänglich, obwohl die Auktion erstaunlich schnell abläuft und wir bald dran sind. Als nur noch fünf Mädchen mit uns warten, kündigt der Moderator oder was dieser Mann da draußen ist eine kurze, zwanzig minütige Mittagspause an. Kaum kommt er wieder in den Wagen hinein, stehen Freedom und ich längst wieder kerzengerade hintereinander, als wäre nie etwas gewesen. Es würde gerade noch fehlen, dass wir diesen sadistischen Arschlöchern unsere neuen Schwachstellen preisgeben würden.
Im selben Moment, in dem der Moderator allerdings den Wagen verlassen will, kommt ein anderer Mann herein, der ziemlich außer Atem zu sein scheint. Nach einer kurzen Verschnaufpause flüstert er Ersterem etwas ins Ohr. Als wäre er von neuem Leben erquickt worden klatscht der Moderator glücklich in die Hände und geht doch wieder auf die Bühne.
Angespannt lausche ich. Das Ganze gefällt mir gar nicht. "Wir haben soeben eine wichtige Mitteilung erhalten und müssen aus privaten Gründen den zweiten Teil der Auktion leider auf morgen Nachmittag verschieben. Um ihnen die Umstände zu erleichtern, gewähren wir ihnen allerdings morgen einen Rabatt von dreißig Prozent!" Er versucht wehleidig zu klingen; in meinen Ohren eine lausige Vorstellung. Hoffentlich hat er nicht vor, Schauspieler zu werden.
Aber die Sache mit dem Verschieben bereitet mir Sorgen. Ratlos sehe ich Freedom an und sie starrt genauso verdattert zurück. Ein Tag. Ein Tag bleibt uns noch gemeinsam, bevor wir vielleicht für immer getrennt werden. Unwillkürlich erinnert mich dies an die nächtliche Entführung auf das Schiff. Ann, Ice und mir war kein letzter Tag geblieben, bevor man mich aus meiner Heimat verbannt hat. Vielleicht wären die Dinge dann anders gelaufen.
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Burning Ice
Fantasy↬Wenn Feuer und Eis einander begegnen...↫ ...Wie ein Kaninchen drängt er mich rückwärts an die Wand. Er hält meine Handgelenke über meinem Kopf fest und nagelt mich förmlich an Ort und Stelle. "Nie wieder", knurrt er. In seinen Augen leuchtet die Wu...