Einunddreißig

492 29 0
                                    

Ein breites Lächeln ziert seine Lippen, während er den Wein des Glases in seiner Hand kreisen lässt.

Sein später Gast, der ihm gegenüber sitzt, lächelt frostig, sein Glas unberührt noch immer auf dem Tisch.

"Wie komme ich zu der Ehre deines Besuches?", eröffnet er das Gespräch und nimmt einen kleinen Schluck seines Weins.

Sein Gegenüber lehnt sich zurück und schlägt die Kapuze um ein Minimum zurück - gerade so, dass man seine Mimik in der Dunkelheit erahnen kann. "Ich wusste nicht, dass ich einen Grund brauche, um einen alten Freund besuchen zu dürfen." Er schweigt daraufhin - das ist Antwort genug, befindet er - und grinst teuflisch. "Ich hörte, mein Kronjuwel hat es sicher in deinen Palast geschafft?"

Ah, darum geht es also. "Ja, das hat es. Wahrlich ein Juwel." Er sieht seinem Gast fest in die Augen. "Was das Land wohl davon hält, dass ihr Schatz sich nicht länger unter ihnen befindet?"

Sein Gegenüber schnaubt leise. "Die Meinung des Pöbels zählt nicht. Wer sich beschwert, wird hingerichtet - so einfach ist das", er greift nach seinem Glas, schnuppert betont daran, als fürchte er, der gute Alkohol sei vergiftet, und nimmt seinen ersten Schluck. "Das solltest du vielleicht auch einführen, wenn ich mir ansehe, wie ausgelassen deine Untertanen sich benehmen. Wie dreist."

Er winkt ab. "Wir kommen ohne offene Gewalt zurecht", antwortet er mit einem genauso diabolischen Grinsen, "Das, was hinter verschlossenen Türen geschieht, reicht mehr als genug aus. Doch", kommt er endlich zum Punkt, "ich bezweifle, dass du hier bist, um mir Ratschläge zu geben."

"In der Tat", ist die ausdruckslose Antwort. "Der Wolf regt sich. Er weigert sich, das Juwel zu vergessen und scheint verbissen, es in die Schatulle zurückzuholen. Wie steht es um den Löwen?" Fragend legt sein Gast den Kopf schief.

Er zuckt nicht einmal mit der Wimper. "Der Löwe", antwortet er betont langsam, "weiß, wem seine Loyalität zu gelten hat. Der Löwe weiß, was mit Rebellen geschieht. Der Löwe wird das Schleifen des Juwels sang- und klanglos ertragen."

Sein Gegenüber erhebt sich schwungvoll. "Wollen wir hoffen, alter Freund, dass du den Löwen nur halb so gut zu kennen meinst, wie der Wolf es tut."

Er erhebt sich mindestens genauso schnell und die Gläser auf dem Tisch zwischen ihnen klirren. "Soll ich das als Drohung werten?"

"Betrachte es als Warnung zwischen Freunden", antwortet der König von Luna aalglatt. "Als Warnung, dass Liebe einen Menschen schneller vergiften kann, als Drohungen und Folter. Nur der Tod vermag die Krankheit auszumerzen - der Tod beider." Symbolisch ballt er eine Hand zur Faust.

Der König von Sol runzelt die Stirn. "Du rätst mir, das Juwel zu töten, alter Freund?" 

"Ich rate dir", schießt er zurück, "das Juwel zu schleifen und die Köter zu dressieren - und wenn Letzteres nicht klappt, müssen sie eben eingeschläfert werden, oder wie es in deinem Land genannt wird. So werde ich es zumindest tun - und ich zähle auf deine Unterstützung, sonst findet dieser Krieg schneller einen Sieger als geplant." Sein frostiges Lächeln kehrt zurück.

Der König von Sol knurrt seinen Gast an. "Vergiss nicht, in wessen Territorium du dich befindest."

Spöttisch verbeugt sich sein Gegenüber. "Niemals", spottet er und im nächsten Moment ist er verschwunden - fort, wie eine Windbö abflauen und entstehen kann.

Burning IceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt