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Mondhügel, Pinia Königreich

Izukus PoV:

Meine Knie zitterten, als diese beiden Fremden plötzlich vor mir standen. Der Blonde hatte mir meinen Jutebeutel abgenommen und hielt ihn ohne Anstrengung fest als wäre er ganz leicht. Ich dagegen hatte meine Mühe mit ihm gehabt.
Bei näherer Betrachtung wurde mir bewusst, dass dieser Blonde mir vorhin schon über den Weg gelaufen war. Er war hinter mir an diesem Stand aufgetaucht und mir nicht ganz geheuer gewesen.
Das Grinsen, das nun sein Gesicht zierte, war alles andere als beruhigend. Und seine Kleidung machte es nicht gerade besser. Er sah aus wie ein Barbar! Seine roten Augen, die mir zuvor schon aufgefallen waren, strahlten eine Autorität aus, die mir sagte, dass er das Sagen hatte und sonst keiner. Seine Beine steckten in Lederhosen, die mit einem schmalen Band um die Hüften gebunden waren, damit sie nicht herunter rutschten. Seine Stiefel sahen schwer aus und waren ebenfalls aus Leder. Sein Oberkörper war frei und ließ mich schlucken als ich das Muskelspiel unter seiner Haut bemerkte. Um die Schultern trug er lediglich noch einen langen, schweren, roten Umhang, dessen Kragen mit hellem Pelz besetzt war. An seiner Hüfte führte er ein Langschwert in einer Scheide aus gestärktem Leder. Alles an ihm schrie förmlich nach Dominanz. Ich war mir sicher, dass hier ein Alpha vor mir stand. Vorsichtig sog ich die Luft ein und nahm seinen herben Geruch wahr. Alpha. Eindeutig. Und noch dazu ungebunden! Ich hätte vielleicht doch mein Kurzschwert mitnehmen sollen...

„Bist du Izu, der Sohn der Besitzerin vom Drachenatem?", fragte plötzlich der Rothaarige.
Ich blinzelte ihn an und nickte. „Ja..." Vorsichtig blickte ich den blonden an, der mich mit seinen roten Augen eingehend musterte. „Darf ich meinen Beutel wieder haben?"
Wortlos hielt er mir den Beutel entgegen. Ich nahm ihn und ächzte leise unter seinem Gewicht. Dadurch, dass ich den Blumenstrauß in der anderen Hand hielt, war es etwas umständlich, den Beutel richtig zu greifen.
„Was wollt ihr von mir?", wollte ich wissen.
„Wir sind auf der Suche nach einer Unterkunft für ein oder zwei Nächte. Bietet ihr so etwas an?", erklärte der Rothaarige.
Sie waren also Reisende! Und suchten ein Zimmer!
Langsam wurde ich wieder ruhiger und lächelte leicht. „Ja, natürlich! Soll ich euch den Weg zeigen?"
„Das wäre sehr nett! Wir sind seit fünf Tagen unterwegs und verdammt müde...", lachte der Rothaarige. „Ich bin übrigens Eijirô. Und dieser Griesgram hier hört auf den Namen Katsuki", stellte er sich und seine blonde Begleitung vor.
Ich lächelte. „Mein Name ist Izuku. Folgt mir bitte!"
Ich setzte mich wieder in Bewegung und schleifte den Jutebeutel mehr hinter mir her, als dass ich ihn trug. Plötzlich wurde er mir wieder weg genommen.
Überrascht blickte ich neben mich und sah den blonden – Katsuki – wie er meinen Beutel trug.
„Das kann man ja nicht mit anschauen...", brummte er.
Ich betrachtete ihn und lächelte dann. „Danke." Er war also nicht so griesgrämig, wie er aussah, sondern doch recht hilfsbereit.

Ich führte sie durch die Straßen unserer Stadt zu unserer Taverne.
Unterwegs unterhielt ich mich mit Eijirô, da Katsuki wohl kein Mensch vieler Worte war. Der Rothaarige hingegen war gesprächig und lustig und ich verstand mich recht gut mit ihm.
„Da wären wir. Willkommen im Drachenatem", lächelte ich, als wir die Taverne erreicht hatten.
„Dann mal rein in den Drachenschlund!", rief Eijirô und hielt mir die Tür auf.
Ich kicherte und betrat den Schankraum. „Mama! Ich bin wieder da und habe Gäste mitgebracht!", rief ich sofort.
Hinter mir hörte ich die Schritte von Katsuki und Eijirô.
„Willkommen zurück, Izuku!", rief meiner Mutter aus der Küche. Augenblicke später schwang die Tür zur Küche auf und sie blickte mich neugierig an. „Du hast Gäste mitgebracht?", fragte sie und sah dann die beiden jungen Männer hinter mir. „Oh! Willkommen, willkommen! Tretet ein! Was darf ich euch anbieten?", fragte sie sofort und lächelte.
„Wir hätten gern eine Unterkunft für ein oder zwei Tage...", meinte Katsuki in einem freundlichen Ton. Er konnte also wirklich anders. Sachte legte er den Jutebeutel auf den Tresen.
Meine Mutter sah erst den Jutebeutel, dann ihn fragend an. „Er hat mir beim Tragen geholfen", lächelte ich und hielt ihr den Blumenstrauß entgegen. „Tsu und Ochako lassen dich ganz lieb grüßen!"
„Oh wie lieb von euch! Aber Izuku, ich sagte doch, du sollst das Geld für dich ausgeben und nicht für mich!", tadelte sie mich liebevoll. Sie nahm mir den Strauß ab. „Die Herren Reisende dürfen sich gerne setzen. Izuku, servier ihnen doch etwas Kühles zu trinken."
„Nur keine Eile, gute Frau", bremste Eijirô sie freundlich und zog Katsuki an einen der Tische.
Die Stühle waren noch auf den Tischen. So früh am Tag hatten wir nicht mit Gästen gerechnet.
Schnell legte ich meine Tasche ab und ordnete die Stühle an die Tische, sodass sie sich setzen konnten.
„Ich bin sofort bei euch, überlegt doch schon mal, was ihr trinken möchtet...", lächelte ich die beiden an.
„Habt ihr auch schon etwas zu essen?", fragte Eijirô und rieb sich den Bauch. „Ich hatte seit Tage nichts mehr richtiges zwischen den Zähnen..."
Ich kicherte. „Da wird sich sicher etwas finden. Habt noch ein bisschen Geduld", beschwichtigte ich.
Ich nahm meine Tasche wieder auf und auch den Jutebeutel und brachte beides in die Küche.
Dort räumte ich die Einkäufe weg.
Meine Mutter kam mit einer großen Vase zurück, in welcher sie die Blumen drapiert hatte und brachte sie in den Schankraum.
Als sie wieder kam, lächelte ich sie an. „Haben wir etwas zu essen für die beiden Hungrigen dort draußen?", fragte ich sie.
Einen Moment überlegte sie. „Bisher bin ich noch nicht zum Kochen gekommen. Aber ich habe noch kalten Braten von gestern. Daraus könnte ich Sandwichs machen", schlug meine Mutter vor.
Ich nickte und ging zurück in den Schankraum.
„Was darf ich euch zu trinken bringen?", fragte ich die beiden, die ruhig miteinander geredet hatten, als ich den Raum betreten hatte.
„Kühles Wasser reicht. Für Alkohol ist es noch zu früh", grinste Eijirô.
Ich lächelte, füllte zwei Krüge mit frischem Wasser und brachte sie den beiden an den Tisch. „Meine Mutter würde euch Sandwichs machen mit kaltem Braten. Sie ist bisher noch nicht zum Kochen gekommen, daher würde alles andere länger dauern", erklärte ich entschuldigend.
„Sandwichs klingen gut", meinte Katsuki und bedachte mich mit einem intensiven Blick.
Ich nickte und versuchte wieder etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Er war mir immer noch unheimlich, wenn er mich so ansah.

„Möchtet ihr getrennte Zimmer oder eines zusammen mit zwei Betten? Oder doch lieber ein großes Bett?", fragte ich freundlich. Ich wusste nicht, wie die beiden zueinander standen, daher wollte ich ihnen kein falsches Zimmer zuweisen.
„Wir nehmen ein Zimmer mit zwei getrennten Betten, wenn ihr habt", erwiderte Eijirô.
„Aber sicher. Ihr seid im Moment unsere einzigen Gäste, daher ist keines der Zimmer belegt, die wir anbieten", erklärte ich. „Ich werde euch ein Zimmer herrichten, während ihr esst."
Damit ging ich zurück in die Küche. Meine Mutter hatte die Sandwichs bereits fertig und auf einem großen Teller drapiert.
„Die beiden möchten ein Zimmer mit zwei Betten. Welches soll ich vorbereiten?", fragte ich sie.
„Nimm das am Ende des Ganges. Dann haben sie etwas Ruhe, falls es Abends etwas lauter werden sollte", lächelte sie.
Ich nickte, ließ mir aber nicht anmerken, dass es mir nicht besonders gefiel. Ich wusste, welches Zimmer sie meinte, denn es lag genau gegenüber von meinem eigenen Zimmer.
Innerlich seufzend ging ich die Treppe hinauf und begann das entsprechende Zimmer herzurichten. Die Strohmatratzen wollten mit frischen Laken bezogen werden, die Kissen schüttelte ich auf und die Fenster wurden geöffnet um etwas frische Luft herein zu lassen.
Als ich fertig war, blickte ich mich um und nickte. Später würde ich ihnen noch Wasser für die Waschschüssel bringen, die auf einer grob gezimmerten Kommode stand.

Als ich den Schankraum erneut betrat, machten sich unsere beiden Gäste gerade über die Sandwichs her, die ihnen meine Mutter gebracht hatte.
Mit einem Krug Wasser bewaffnet ging ich zu ihnen und füllte ihre Krüge erneut auf.
„Das sind die besten Sandwichs, die ich je gegessen habe!", schwärmte Eijirô und verschlang ein Sandwich innerhalb von wenigen Bissen. Sofort verschluckte er sich, hustete und schüttete den Krug Wasser hinterher.
Ich kicherte und füllte seinen Krug erneut auf. „Das freut mich. Aber iss etwas langsamer. Niemand nimmt dir etwas weg."
„Er schlingt immer so...", kommentierte Katsuki unbeeindruckt. Er aß gesitteter und langsamer, so als wäre es ihm in Fleisch und Blut übergegangen.
„Lass mich doch, wenn es schmeckt!", meckerte der Rothaarige.
Ich grinste. „Das Kompliment gebe ich gern an meine Mutter weiter. Im Übrigen habe ich euch euer Zimmer hergerichtet, falls ihr euch etwas ausruhen möchtet..."

Tbc...

Nicht gesucht und doch gefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt