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Vor Mondhügel, Pinia Königreich

Katsukis PoV:

Am Liebsten hätte ich Izuku nie wieder los gelassen. Doch als wir vor Mondhügel angekommen waren, wurde es Zeit Abschied zu nehmen.
Er hatte mir gesagt, dass er nicht mit mir kommen würde, weil er seine Mutter nicht alleine lassen wollte. Ich konnte ihn verstehen, schließlich war sie das einzige Familienmitglied, das er noch hatte.
Um es nicht noch schwieriger zu machen, hatte ich beschlossen, dass wir Izuku nur vor den Stadtgrenzen absetzen und direkt weiter reiten würden.
Izukus freundliche Art hatte dazu geführt, dass selbst die Wachen ihn mochten und sich nun von ihm verabschiedeten. Auch Eijirô und Denki verabschiedeten sich von ihm, drückten ihn fest an sich und versprachen ihm auf mich aufzupassen.
Alle zogen sich zurück, sodass ich ein paar Minuten mit dem kleinen Omega alleine sein konnte.

Es fiel mir so schwer, ihn gehen zu lassen, doch es war seine Entscheidung gewesen und ich wollte sie nicht in Frage stellen.
Sanft zog ich ihn deshalb an meine Brust und hielt ihn einen Moment fest.
„Wenn du einmal Sehnsucht haben solltest, dann bist du jederzeit bei uns willkommen", hauchte ich.
Als er sich von mir löste, hatte er Tränen in den Augen.
„Du auch bei uns. Meine Mutter würde sich sicher freuen, wenn sie dich einmal wieder sieht", lächelte er.
Die Tränen rollten über seine Wangen hinunter.
Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und legte meine Stirn an seine, blickte ihm tief in die Augen. „Versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Dass du dich zu nichts zwingen lässt. Und dass du dir einen Alpha suchst, der dich so behandelt, wie du es verdienst..."
Nun weinte er richtig. Schluchzend drückte er sich an mich.
Auch ich war den Tränen nahe. Mein Herz schmerzte. Es fühlte sich an, als würde jemand heißes Eisen in meine Brust rammen.
Ein leises Lachen entwich meiner Kehle. „Himmel, wem will ich denn etwas vor machen... Ich will nicht, dass du gehst. Ich möchte dich an meiner Seite haben. Ich möchte für dich da sein. Ich möchte dich glücklich machen", brach es aus mir hervor, während ich ihn noch fester an mich drückte. „Ich möchte nicht, dass dich ein anderer Alpha auch nur anschaut... Aber... Ich will dir nicht die Chance nehmen, denjenigen zu finden, der für dich der Richtige ist..."
Eine stumme Träne rann meine Wange hinab.
„Kacchan...", flüsterte Izuku an meiner Brust. In stiller Übereinkunft benutzten wir inzwischen diese Kosenamen. Es fühlte sich dann immer an wie ein kleines Stückchen heile Welt.
Sanft schob er mich von sich und sah mich an. Als er die Träne bemerkte, zog er mich am Pelzbesatz meines Umhangs etwas zu sich herunter und küsste sie mir von der Wange.
Ich hielt den Atem an. Seine Lippen fühlten sich so perfekt an.
Als er mich los ließ und ich mich wieder aufrichtete, fiel mir plötzlich etwas ein.
Ich lächelte, zog dann die Drachenschuppe aus der Tasche und streifte das Lederband über seinen Kopf. „Ich möchte, dass du sie behältst."
Staunend betrachtete er die Schuppe und strahlte mich dann an. „Ich danke dir", hauchte er.

Schweren Herzens strich ich ihm ein letztes Mal über die Wange und drehte mich dann um. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken, als ich mich in Shadows Sattel schwang und langsam zu den anderen ritt.
Ich drehte mich nicht um, denn sonst hätte ich meine Entscheidung ihn hier zu lassen, direkt über Bord geworfen und wäre zu ihm zurück. Doch ich wusste, dass ich nach Hause zurück musste. Ich wusste, dass ich mich der Strafe meiner Eltern für mein Verschwinden stellen musste. Und ich wusste auch, dass ich wohl oder übel eine Omega heiraten musste, die ich niemals lieben konnte, da mein Herz bereits vergeben war.
Vielleicht würde ich irgendwann einmal nach Mondhügel zurück kommen können. Vielleicht, wenn Izuku noch nicht gebunden war, hatten wir dann eine Chance auf eine gemeinsame Zukunft.

.~*~.

Der Rückweg zum Drachenknochenpalast ging schweigend vonstatten.
Es dauerte vier Tage von Mondhügel aus, bis wir vor den Toren des Palastes standen.
Ich übergab Shadow an einen Stallburschen, klopfte dem Hengst noch einmal auf den Hals und begab mich dann in die Höhle des Löwen, oder wie manch anderer es nannte: in den Thronsaal.
Meine Mutter kam mir sofort entgegen gelaufen und drückte mich. Mein Vater behielt etwas Abstand, klopfte mir aber auf die Schulter.
„Katsuki, wo zur Hölle warst du?", verlangte meine Mutter zu wissen.
„Weg...", antwortete ich nur.
Sie verzog das Gesicht und gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf. „Das haben wir gesehen. Wir mussten die Hochzeit absagen! Nur weil der Bräutigam sich zu fein war, dem Mädchen eine Chance zu geben", meckerte sie.
Ich schlug ihren Arm beiseite, trat einen Schritt zurück und funkelte sie an. „Jetzt hör endlich auf mit dieser beschissenen Hochzeit! Ich werde nicht heiraten! Und schon gar keine Frau! Was glaubst du, warum ich abgehauen bin?! Hast du es denn immer noch nicht begriffen? Soll ich etwa ganz weg bleiben?!", schrie ich sie an.
Überrascht über meinen Ausbruch sah sie mich an. „Willst du denn dann dein Leben lang alleine bleiben? Katsuki, versteh doch. Du bist unser einziges Kind. Wenn du keine Nachkommen zeugst, stirbt die Linie der Bakugôs aus!"
Ich atmete tief ein und aus um nicht noch einmal auszurasten. „Diese Linie ist mir vollkommen egal! Und lieber bleibe ich alleine als irgendjemanden zu heiraten, den ich nicht lieben kann!"
Mein Vater seufzte. „Du verlangst nicht ernsthaft von uns, dass wir dir nun einen männlichen Omega suchen! Du weißt selbst, wie gering die Chance ist, einen zu finden!"
Als er das sagte, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. „Du brauchst keinen zu suchen... Ich habe schon einen gefunden...", murmelte ich und drehte den Kopf weg.
Ich spürte den glühenden Blick meiner Mutter auf meiner Haut. „Und wo ist er? Warum hast du ihn nicht mitgebracht?"
„Weil ich ihn nicht zwingen möchte! Ich möchte, dass er mich genauso liebt wie ich ihn und mich aus Liebe als Partner anerkennt!", herrschte ich sie an. „Ich bin in meinen Gemächern..."
Ich hatte keine Kraft mehr mit ihnen zu diskutieren. Ich war es Leid, mich ständig mit ihnen zu streiten nur weil ich andere Ansichten hatte.

In meinen Gemächern fand ich Denki, der gerade die Kissen auf meinem Bett aufschüttelte.
„Denki, was machst du hier?", fragte ich ihn. Ich hatte nicht erwartet, dass er direkt nach unserer Rückkehr wieder dafür sorgen würde, dass meine Gemächer aufgeräumt waren.
Er lächelte mich an. „Meinen Aufgaben nachgehen. Eijirô und ich waren uns einig, dass es das Beste ist, wenn wir dich die nächsten Tage nicht alleine lassen...", meinte er.
Ich seufzte. „Das ist nicht nötig. Ich tue schon nichts schlimmes... Lass mich bitte einfach ein bisschen alleine...", bat ich ihn.
Er verbeugte sich knapp vor mir und ging zur Tür. „Ich habe dir Badewasser eingelassen, damit du dich waschen kannst", informierte er mich noch, ehe er das Zimmer verließ.
„Danke", sagte ich, obwohl er es nicht mehr hören konnte.
Langsam entledigte ich mich meiner Kleider und ging nackt in das Zimmer nebenan, in dem eine Wanne in den Boden eingelassen und welche bereits mit heißen Wasser gefüllt war.
Ungeachtet der Temperatur setzte ich mich einfach hinein. Der Schmerz, den das heiße Wasser auf meiner Haut verursachte war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, der mein Herz malträtierte.

Tbc...

Nicht gesucht und doch gefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt