48. Eintrag

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Ich habe wirklich lange überlegt, ob ich diese E-Mail wirklich schreiben soll.
Ich hatte auch schon ein paar mal eine geschrieben, es aber nie geschafft sie abzuschicken.
Als ich aber eure Geschichten gelesen habe, wollte ich auch mal was dazu sagen und nicht nur als Kommentar, da es nie wirklich gepasst.
Ich wäre völlig fertig, wenn mein Opa oder meine Oma sterben würde.
Mein Opa ist gerade zu seinem Atlantik-Törn aufgebrochen und ich mache mir wirklich Sorgen um ihn.
Aber das soll nicht das Thema sein, denn was ich sagen will ist, dass es euch vielleicht ein Trost sein kann, dass eure Großeltern den Großteil ihres Lebens hinter sich hatten.
Im Sommer ist meine beste Freundin gestorben und sie nicht 16 geworden.
Ich habe es erfahren und war wie taub, sie ist nicht aus ihrem Urlaub zurückgekehrt. 
Fragt nicht was passiert ist.
Ich bin zu ihren Eltern gegangen. Sie waren stark, sie unterhielten sich normal und waren froh, dass ich gekommen war. 
Ich habe mir vorgenommen, sie öfter zu treffen, doch ich schaffe es nie. Ich bringe es selten über mein Herz.
Man kann es schwer beschreiben, wie das ist. 
Auch wenn ich an sie denke.
Sie ist eigentlich immer in meinem Kopf.
Ich bekomme einen Kloß im Hals und meine Augen werden feucht.
Doch Tränen fließen selten.
Wir waren noch nicht lange befreundet, unsere Freundschaft war am Wachsen. 
Ich habe sie nie beste Freundin genannt (sie mich auch nicht, aber das tut nichts zur Sache), doch ich denke, dass wir beide uns hatten, war unglaublich gut.
Wir waren glücklich, wenn wir zusammen waren.
Waren.
Wir hatten so eine gewisse Verbindung. Das ist kaum zu beschreiben.
Ich lese Bücher über Trauer, aber das was ich empfinde ist anders. 
Dort schreiben sie, dass man irgendwann damit fertig wird.
Doch das ist nicht so.
Sie wird immer bei mir bleiben. Und in meiner Erinnerung.
Und ich frage mich, wie Leute mich dann ernsthaft fragen können, ob ich drüber weg bin.
Nein, das bin ich nicht. Und ich will auch gar nicht drüber wegkommen.
Denn ich will sie festhalten.
Ihre Stimme in meinem Ohr haben.
Ihre warmen Hände an meinen spüren.
Ihr Lachen für immer hören.
Doch das versteht fast keiner.
So viele Menschen um mich.
So viel Naivität.
Keiner kann nachvollziehen, wie das ist.
Vielleicht hat einer von euch sowas erlebt.
Aber ich hoffe das musste keiner durchmachen.
Denn das ist einfach zu schrecklich.
Wisst ihr was ich glaube, die besten Menschen, sterben früh. 
Die stärksten und fröhlichsten.
Sie war so ein Mensch.
Immer gut gelaunt.
Es gab Leute, die meinten sie wäre komisch, doch das war sie nicht.
Sie war anders. Wie keiner, den ich kenne. In dieser schnellen Zeit.
Sie hat Wärme und Ruhe ausgestrahlt und war einfach da, wenn man sie brauchte.
Einfach da. Nicht unbedingt was gesagt, aber sie hat zugehört.
Wie die Wenigsten es können.
Doch sie war ein zu starker Charakter.
Sie wäre zu gut gewesen. Deshalb musste sie gehen.
Ich bin nicht gläubig. 
Aber das glaube ich.
Ich weiß nicht, wie ihr jetzt fühlt, wenn ihr das lest.
Wie ihr euch mich vorstellt.
Ich weine selten.
Ich glaube, dass ich mich verändert habe. 
Neulich sagte wer zu mir:
"lass doch mal jemanden an dich ran"
Ich bin direkter und wahrscheinlich auch kälter. 
Aber ich bin ehrlich. Ich sage was ich denke.
Doch das Leben macht es uns leider nicht leicht.
Doch Leute lasst euch bitte nicht runterziehen.
Seid froh, dass ihr da seid.
Ihr habt die Chance, Dinge zu erleben, die ihr nicht vergönnt waren.
Echt. Genießt es.
Und vertraut euch selbst wieder.

 
Ich bin froh, dass ich das geschrieben habe.
Danke, dass ihr das gelesen habt.

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