Hastig schnallte Ravy sich ab, stieg aus und schlug die Autotür hinter sich zu. Seine Schritte knirschten im unberührten Schnee, während er seine Nase weiter in dem Schal vergrub. Gleichsam wie seine Hände in den Taschen seines Mantels.
Es war ein Waldweg, der nicht oft benutzt wurde. Sein Wagen war auf dem Parkplatz am Rand der Landstraße der Einzige. Und so unberührt wie der Schnee aussah, war er seit einigen Tagen der Erste.
Mit langsamen, gemächlichen Schritten schlug er den Weg auf den Waldweg ein. Die Landstraße ließ er in seinem Rücken. Er schenkte ihr nicht einmal mehr einen einzigen Blick, bevor er in das endlose Grün-Weiß des Nadelwaldes eintauchte.
Doch dafür war er wohl auch viel zu beschäftigt damit tief durchzuatmen, um auch seine Lunge stetig zu beruhigen. Und die eisige Luft half dabei unglaublich.
Auch, dass seine Schritte das Einzige waren, was er weit und breit vernahm, half ihm, die Ruhe noch ein wenig tiefer in sich aufzunehmen.
Kaum hatte er einige Male tief durchgeatmet und verkrampft den knirschenden Schritten im mindestens dreißig Zentimeter dicken Schnee gelauscht, spürte er, wie seine Gedanken ruhiger zu werden und sich zurückzuziehen schienen. Wie sich der Kloß in seinem Hals ins Nichts auflöste und weder sein Puls noch sein Blut das Einzige war, was er in diesem Moment wahrnehmen konnte.
Bloß, dass der Tag bereits so weit fortgeschritten war, dass er zwischen den Tannenspitzen am Himmel bereits die tiefstehende Sonne erkennen konnte und bald schon die Abenddämmerung einsetzen würde, ließ einen bitteren Nachgeschmack aufkommen.
Aber auch diese verdrängte er, gleichsam seiner Gedanken so gut wie möglich. Versuchte weder daran zu denken, was kurz zuvor noch geschehen war noch auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, was ihm vor einige Tagen in diesem Wald widerfahren war.
Mit einem bewusst ruhigen Blick sah er sich um. Ließ seine Augen über die unberührte Schneedecke zwischen den Stämmen der Tannen streifen, über die vielen bedeckten Tannennadeln, umgestürzten Bäume, kleinen Büsche und das Unterholz, welches er beinahe nicht mehr erkennen konnte.
Kein Tier war zu sehen. Weder in der Ferne noch in seiner Nähe und je weiter er in den Wald eindrang und je weniger er sah, abgesehen von beschneitem dunkelgrün und grellem Weiß, desto enttäuschter und langsamer wurde er.
Gerne hätte er in diesem Augenblick irgendetwas gesehen oder entdeckt, was ihn mit kindlicher Freude und Naivität abgelenkt hätte.
Denn je länger er sich im ruhigen Wald befand und nichts anderes sah, als immer und immer weiter ein und dasselbe in seiner Umgebung... Desto mehr versuchten auch seine Gedanken sich wieder Zugang zu seinem Bewusstsein zu verschaffen.
Und dass er sich dabei so sehr wie möglich anstrengte dies auf keinen Fall zuzulassen... Das schien am Ende des Tages nicht einmal mehr seine eigenen Gedanken zu interessieren.
Es deprimierte ihn. Dies alles. Es brachte ihn an den Rand der Verzweiflung, dass er so sehr die Kontrolle über alles verloren hatte, dass er noch nicht einmal seine eigenen Gedanken davon abhalten konnte ihn erneut in den Zustand der Panik zu treiben.
Es war erbärmlich. Er war erbärmlich. Und er fühlte sich nicht einmal, als könne er noch irgendetwas dagegen tun. Der Schwarzhaarige fühlte sich hilflos. Es gab nichts, was er mehr hasste als dies.
Erneut ließ er mehr nebensächlich seinen Blick schweifen, als er aus dem Augenwinkel in der Ferne etwas zu entdecken meinte. Augenblicklich stand sein Körper unter Strom. Als hätte man eine viel zu hohe Ladung durch seine Knochen gejagt.
Er drehte sich abrupt herum und starrte nahezu auf die Stelle, auf der er Holzbretter einer Hütte entdeckt zu haben glaubte. Bei genauerem Hinsehen erkannte er zwar nichts mehr, doch diese Einbildung brachte ihn auf einen Gedanken, der zu einem weiteren führte. Es klang vielversprechend, dass es ihn ablenken würde.
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Freak - unknow Angel [BoyxBoy]
ParanormalWenn Fiktion und Wahrnehmung, Einbildung und Realität, Panik und Geborgenheit, ineinander verschwimmen, dann sind nicht einmal mehr die Pläne des Schicksals vor den herannahenden Gefühlen sicher. Eine Nacht, eine Party verändert Ravys Leben. Während...