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Das Tippen schneller Finger war das einzige Geräusch, welches die Stille im Raum durchbrach. Bloß, dass es sich bei der Geräuschquelle sich nicht bloß um eine, sondern tatsächlich zwei handelte.

Ravy saß in diesem Moment tief herabgesackt in seinem Schreibtischstuhl und tippte die wichtigsten Informationen, welche aus jenem Artikel, den er sich kurz zuvor durchgelesen hatte, in ihr gemeinsames Textdokument. Einige Zeilen darunter sah er, wie Jason dasselbe tat, doch versuchte, sich gar nicht erst darauf zu konzentrieren.

Nicht nur, dass er sonst die Informationen wieder vergessen und den Text ein zweites Mal hätte lesen müssen. Auch war es so, dass er selbst dem Cursor des anderen aus Trotz keine Aufmerksamkeit schenken wollte. So fühlte es sich einfach besser an.

Seitdem Jason durch seine Haustür gekommen war, nachdem er sich mit einigen knappen, kargen Worten und einer unglaublich schlechten Ausrede erklärt hatte, hatte dieser kaum mehr ein weiteres Wort mit ihm gesprochen. Sich bloß mit einem erschöpften Seufzen, was für Ravy äußerst genervt geklungen hatte, auf sein Bett niedergelassen, seinen Laptop zur Hand genommen und sich danach bloß noch um seinen Gastgeber gekümmert, um abzusprechen, wer welches Teilthema bearbeiten sollte.

Danach hatte er sich noch nicht einmal mehr dazu herabgelassen aufzuschauen. Ihn beinahe sogar schon ignoriert.

Es machte den Schwarzhaarigen wütend, obwohl er sich nur viel zu sehr bewusst war, dass er sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen sollte. Eben dies war es doch immerhin was der andere mit seinem Verhalten erreichen wollte und eigentlich hatte er nicht vor diesem auch noch in die Karten zu spielen. Doch er konnte nicht anders.

In seinem Inneren herrschte nämlich erneut ein gigantisches Chaos, welches sich nach dem lähmenden Schock, in welchem er dem anderen die Tür geöffnet hatte, wieder ausgebreitet hatte. Und seitdem hatte es sich unaufhaltsam immer weiter vergrößert.

Dass er es schaffte sich zu konzentrieren, verdankte er bloß der Tatsachen, dass er - stur wie er war - dem anderen nicht auch nur ansatzweise zeigen wollte, wie sehr dessen Verhalten ihn auf negative Art und Weise aus dem Konzept brachte.

Die Stille, welche seitdem schien, ihm den letzten Nerv zu rauben und ihn dazu bloß noch unruhiger werden zu lassen, als er es ohnehin bereits war. Vor allem körperlich. Lautlos wippte sein Bein unaufhörlich auf und ab. Seine Hände verkrampften hin und wieder und häufig musste er sich dabei seine Fingernägel in die Handballen drücken, um sich wieder konzentrieren zu können.

Unruhig hatte er schon vor geraumer Zeit damit begonnen seine Zähne nicht nur in seiner Unterlippe zu vergraben, sondern diese auch zu zerkauen. Immer wieder musste er also den Impuls unterdrücken schmerzerfüllt aufzuzischen oder sich an dem Geschmack des Blutes zu stören, der seinen Mund erfüllt.

Selbst sein verkniffenes Gesicht zeugte für ihn von Schwäche und dabei saß er mit dem Rücken zum anderen. Dieser konnte ihn nicht einmal sehen. Trotzdem fühlte er sich beobachtet.

Ihm war nämlich ganz und gar nicht entgangen, wie der andere immer wieder innerhielt, wenn seine Lippen erneut Aufriss oder sich eine alte Wunde öffnete. Auch er musste dabei hin und wieder Innehalten, damit ihm bei dem Geschmack des metallischen Blutes, welches dabei seinen Mund durchflutete, nicht allzu schlecht wurde.

Immerhin hing der Geschmack seines Lebenssaftes ihm dann nicht nur auf der Zunge, sondern auch in der Nase. Und dies erinnerte ihn einfach viel zu sehr an eben jene Nächte, welche ihm mittlerweile vorkamen, wie Einbildungen, die sich fernab der Realität ereignet hatten.

Wann immer er sich selbst davon zu überzeugen oder einzureden versuchte, dass es wirklich geschehen war... Konnte er bloß hämisch über seine Dummheit lachen den Wahnsinn seines Verstandes tatsächlich mit der Realität in Verbindung gebracht zu haben.

Freak - unknow Angel [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt