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Ravy war gerade den halben Weg bis zu dem dunkelhaarigen, jungen Mann gänzlich in schwarz gekleidet hinüber gegangen, da begann er sich plötzlich mit jedem Schritt unwohler zu fühlen. Begann er sich unsicherer zu fühlen und sich zu fragen, ob er den Unbekannten wirklich zur Rede stellen wollte. Ob er dies wirklich wagen und vielleicht sogar die Wahrheit erfahren wollte. Ob er nicht doch lieber die Augen verschließen und dies alles ignorieren sollte.

Die Unsicherheit ließ ihn schlucken. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Seinen Blick aber wandte er nicht von den dunklen Augen seines Gegenübers ab. Die Welt um ihn herum war von dem einen auf den anderen Moment unwichtig geworden.

Es interessierte ihn nicht, ob dort Schüler waren, welche interessiert und neugierig zu ihm hinübersahen und tuschelten. Es interessierte ihn nicht wie merkwürdig es erscheinen musste, wie er da so völlig fixiert über den Schulhof hechtete. Er sah doch noch nicht einmal hin, wo er langlief, wer ihm noch im letzten Moment auswich, damit er ihn nicht doch anrempelte.

All dies interessierte ihn nicht. War ihm völlig gleichgültig. Er konzentrierte sich lediglich darauf, die Gestalt nicht aus den Augen zu lassen und seine Gedanken zu verdrängen, die ihm leise Zweifel ins Ohr zu setzen.

Selbst blinzeln tat er kaum. Fürchtete sich beinahe davor, dass der junge Mann ganz in schwarz plötzlich verschwand. Davor, dass er sich diesen tatsächlich bloß eingebildet hatte. Dass sein Verstand ihm nun wirklich nicht nur einen Streich gespielt, sondern regelrecht eine Illusion vor die Nase gesetzt hatte.

Er fürchtete sich vor dem Beweis, dass er vielleicht tatsächlich seinen Verstand und auch seine Nerven verloren hatte.

Seine Fingernägel bohrte er in seine Handflächen, um sich zu versichern, dass er sich wirklich und wahrhaftig in der Realität befand. Er wollte nicht von sich selbst an der Nase herumgeführt werden. Und schon gar nicht vor den Augen aller anderen.

Doch das, was er befürchtete, trat nicht ein. Die ganz in schwarz gekleidete Gestalt verschwand nicht etwa oder löste sich in Luft auf. Nein. Sie blieb an Ort und Stelle. Beinahe schon real, lehnte sie sich eher noch entspannt gegen die hohe Backsteinmauer, welche ihren Schulhof vom Rest der Welt abzutrennen schien und zog abfällig lächelnd einen Mundwinkel empor.

Ravy gefiel nicht, dass dieser Typ offensichtlich genau zu wissen schien, was er von ihm wollte. Mit jedem Schritt, welchen er länger brauchte, bis er bei diesem angekommen war, fühlte er sich entblößter. Unter dem Blick, der Präsenz des Fremden und der Offensichtlichkeit seines Anliegens.

Allerdings konnte er nicht so ganz zuordnen, weshalb dies der Fall war. So hatte er sich immerhin noch nie gefühlt. Doch er würde sich dies ganz sicher nicht gefallen lassen. Was auch immer diese junge Mann also mit ihm gemacht und mit all dem zu tun hatte. Er würde es für die Zukunft verhindern und ihm austreiben.

Mit diesem still gefassten Entschluss ballte er bloß noch entschlossener seine Hände zu Fäusten. Seine Fingernägel bohrten sich dabei so sehr in seine Handballen, dass seine Haut nachgab und er spürte, wie sich warmes Blut unter seinen Fingernägeln sammelte.

Doch anstatt über den brennenden Schmerz zu fluchen, brachte es ihn lediglich wieder zurück in die Realität. Ließ es ihn seinen festen Willen beim Schopf packen und finster in die beinahe schwarz scheinenden Augen des Unbekannten starren.

Kaum vier Schritte später, war er bei diesem angelangt. Baute sich so bedrohlich vor ihm auf, dass jeder andere wohl Respekt vor ihm gehabt und ihn nicht noch herausgefordert hätte. Immerhin hatte er bekannte Freunde, welche nicht davor zurückschreckten, auch noch einen weiteren Schüler ins Krankenhaus zu prügeln.

Sein Gegenüber ließ sich davon jedoch definitiv nicht beeindrucken. Zog seine dunkle Augenbraue bloß noch ein wenig weiter empor, sodass sie fast hinter den Strähnen verschwanden, welche ihm wirr ins Gesicht fielen.

Freak - unknow Angel [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt