Am nächsten Morgen fühlte Ravy sich, als würde er vollkommen neben sich stehen. Es war, als wäre ein regelrechter Orkan durch seinen Verstand getauscht, hätte seine Gedanken mit sich gerissen und diese so durcheinandergeworfen, dass er gar nicht mehr richtig hinterher kam.
Er huschte vom einen Thema zum anderen. Konnte sich nicht konzentrieren, weil seine Gedanken gleich weiter huschten und ihn im nächsten Moment bereits die Erinnerungen von letzter Nacht verfolgten. Oder doch einholten? Wieder daran erinnerten, was genau vorgefallen war.
Beinahe hätte sich dies selbst nicht einmal geglaubt oder abgenommen, sondern einfach als eine weitere Einbildung, Wahnvorstellung oder vielleicht einen verrückten Traum abgetan...
Zumindest, wenn dort nicht jene Prämisse gewesen wäre, dass er sich nicht daran erinnern konnte zu Fuß wieder den gesamten Weg zurück gelaufen zu sein und sich in dem Oberteil, welches er am Vortag getragen hatte, eine Feder verfangen hatte.
Klar und deutlich hatte er also deine Beweise und doch wollte er dem Ganzen nicht ganz glauben. Daran führte jedoch kaum ein Weg vorbei.
In den Wald wollte er nämlich kein weiteres Mal zurückkehren. Nicht nur, dass ihm allein bei einem einzigen Gedanken daran, ein eisiger Schauer dir Wirbelsäule hinunterrollte und er meinte vor Panik gleich zu ersticken, sondern auch, weil er diese Zeit einfach nicht mehr hatte.
Oder mehr: er hatte sie zwar, doch konnte sich nicht erlauben diese zu nehmen. Am ersten Tag bereits hatte er Abstand zu seiner Familie gesucht. Sich vor dieser versteckt, wie sie ihm die gesamte Zeit während des Frühstücks in den Ohren gehangen hatten.
Was auch immer er tat... So etwas konnte er so schnell nicht noch einmal machen. Zumindest nicht, wenn er nicht jeglichen Respekt verlieren wollte, welchen er sich in den letzten Jahre zumindest halbwegs erarbeitet hatte.
Am liebsten hätte er darauf nicht geachtet und sich so wenig darum geschert, dass es irrelevant geworden wäre, doch so einfach war dies nicht. Natürlich könnte dies nicht einfach so einfach sein. Dann hätte es ihn das Leben deutlich zu leicht gemacht.
Immerhin hätte er sich dann auch viele Entscheidungen in der Vergangenheit sparen können. Jedoch war es nicht so. So wenig er sich damit auch arrangieren und anfreunden konnte, musste er noch immer darauf achten, wie er vor seiner Familie stand.
Denn, wenn er dies nicht tat, würden sie ihn als schwach erkennen und ansehen. Würden sie versuchen Dinge zu tun und zu sagen, welche nicht nur seiner Seele jedes Mal Schmerzen zufügten, sondern ihm auch richtig schaden konnten. Und das konnte er auf keinen Fall riskieren.
Er widerstand diesem schrecklichen Drang also. Vergrub sich bloß im Gästezimmer und drehte die lange, dunkelgraue Feder unaufhörlich zwischen seinen Händen.
Dabei starrte er aus dem Fenster. Dieses ließ ihn über die Dächer der wenigen Häuser hinweg in der Ferne die Silhouette des Waldes erkennen. Dunkle Bäume und Tannen. Ein dunkler Fleck, welcher den Horizont verunreinigte und die Felder unterbrach.
Mehr schien es nicht zu sein und doch war es für den Schwarzhaarigen so unglaublich viel mehr.
Wann immer er dienen Blick von dem Wald auf die Feder und wieder auf das kleine Waldstück gleiten ließ, kniff er ein wenig die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, ob sich dort am Horizont etwas bewegten.
Ob man dort die Silhouette einer gänzlich anderen Gestalt, vielleicht sogar einer solchen mit Flügeln erkennen konnte. Doch so sehr er dies auch tat... Es wollte und wollte nicht funktionieren.
Dort war nichts mehr. Und hätte er nicht etwas wahrhaftig berührt, was ihm die letzte Nacht bewiesen hätte, wäre er sich nicht einmal sicher gewesen, ob er es wirklich geglaubt hätte. Ob er sich selbst in diesem Fall vertraut hatte.
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Freak - unknow Angel [BoyxBoy]
ParanormalWenn Fiktion und Wahrnehmung, Einbildung und Realität, Panik und Geborgenheit, ineinander verschwimmen, dann sind nicht einmal mehr die Pläne des Schicksals vor den herannahenden Gefühlen sicher. Eine Nacht, eine Party verändert Ravys Leben. Während...