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Als Ravy am nächsten Morgen erwachte, fand er zunächst keine Begrifflichkeit für den Zustand, in dem er sich befand. Keine Begrifflichkeit für das, was er fühlte. Es war Müdigkeit, Erschöpfung, Ausgelaugtheit. Dies alles zusammen. Und doch schienen die Begriffe selbst viel zu schwach für das zu sein, was der eigentlich wirklich verspürte. Ihm fiel es sogar schwer, seine Lider aufzuschlagen, sich umzusehen und erst einmal zu verstehen, wo er sich befand.

Kopfschmerzen begannen zusammen mit einem schrecklichen Schwindel in seinem Kopf zu rumoren und ihn gar nicht mehr in Ruhe zu lassen. Er musste einige Male blinzeln bevor er es schaffte halbwegs scharfe Umrisse in seiner Umgebung zu erkennen.

Das erste, was er klar und deutlich erblickte, war sein eigener, mattschwarzer Schreibtisch und den PC, welcher darauf seinen Platz gefunden hatte.

Bloß zaghaft ließ er den Blick schweifen. Über das offene Regal, den geschlossenen Schrank, die Anrichte unter seinem Fernseher, auf welchem einige Spielekonsolen standen, seinen Fernseher selbst, den großen Wandspiegel, in welchem er sich spiegelte und sah, wie schrecklich er eigentlich wirklich aussah und schließlich das Fenster, hinter welchem der Himmel grau auf ihn niederstarrte.

Seinem eigenen Bett, welches ebenso, wie alle anderen Möbel in seinem Zimmer eine mattschwarze Farbe hatten, schenkte er keinen eigenen Blick. Dies brauchte er auch gar nicht, um zu verstehen, dass er darauf lag. Wobei eben dies ihn auf der anderen Seite auch zu überraschen schien. Denn kurz zuvor hatte er noch einige Augenblicke seine Möbel anstarren müssen, bevor er verstanden hatte, dass er sich wirklich in seinem Zimmer befand.

Sein Bett war ihm anscheinend so vertraut, dass selbst sein Unterbewusstsein es verstand, ohne es zu wissen. Er nahm es einfach so hin.

Ohnehin wollte er in diesem Augenblick gar nicht allzu viel nachdenken. Seine Gedanken waren noch immer so zäh wie Honig. Und außerdem schmerzte sein Kopf höllisch. Da brauchte er es nun wirklich nicht, dass seine Gedanken ins einem Verstand endlos ratterten.

Wenn er wirklich ehrlich war, dann wollte er in nächster Zeit überhaupt gar nicht mehr denken. Denn er verstand Recht schnell, was es bedeuten würde: Die Erinnerungen an die letzten Nacht würden seinen Verstand verstopfen und gar nicht mehr in Ruhe lassen. Er würde sich den Kopf wieder und wieder darüber zerbrechen, sich selbst in Panik versetzen und am Ende höchstwahrscheinlich noch fragen, ob er sich das alles nicht doch geträumt hatte.

Doch er hatte es wirklich erlebt. Sowohl seine Gefühle hatte er wirklich gedacht als auch den Schmerz wahrhaftig gespürt. Mit eigenen Augen hatte er gesehen, dass dort Monster gewesen waren und-

Bei diesem Gedanken schlich sich ein bitteres Lächeln aus seinen Lippen. Er blickte aus dem Fenster hinaus in den grauen Himmel, als wäre dieser ein Spiegel seines Gemüts. Mit dem Unterschied, dass dieses noch viel dunkler und schwärzer wirkte. Er zwang seinen Verstand dazu sich im Anblick des Himmels zu verlieren, um seinen Gedanken nicht zu lauschen.

Allein die Tatsache, dass er daran glaubte Monster gesehen zu haben, deren Antlitze er nicht einmal beschreiben konnte... Jeder, dem er nur ein Wort darüber erzählen würde, würde ihn für verrückt erklären und sofort in die Geschlossene einweisen lassen. Und dies war nun wirklich keines seiner Lebensziele.

Er spürte, wie sich ein Gewicht in seiner Brust ablagerte, ihm die Luft zuschnürte und Tränen in die Augen trieb. Hilflosigkeit, Verzweiflung und Furcht waren nur einige Begriffe, um das Packet der Emotionen zu erklären, welches dort wirklich auf ihn niederbrach.

Er wollte sich selbst nicht für verrückt erklären. Niemals wollte er seinen eigenen Verstand anzweifeln. Jene Dinge anzweifeln, welche er gesehen, gehört, gefühlt und gerochen hatte. Abstreiten und verstecken, was er erlebt hatte. Niemals hatte er dies gewollt.

Freak - unknow Angel [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt