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Ravy beeilte sich aufzuessen. So hatte er nicht das Verlangen länger in diesem Umfeld zu bleiben, als er dies wirklich musste.

Seine Geschwister erzählten lügen, stacheligen Hass, Abneigung und Zorn aller ihm Gegenüber noch an und für den Schwarzhaarigen selbst schien es dabei immer schwieriger zu werden, diese Sachen einfach so stehen zu lassen, eben nichts dazu zu erwidern und es zu ignorieren.

Er konnte irgendwann einfach nicht mehr den Mund halten. Das, was man erzählte, war zu absurd, zu erlogen, zu falsch. Und doch wusste er, dass es am Ende nichts bringen würde, wenn er sich nun zu Wort meldete.

Wieder und wieder würden sie es drehen, wir es ihnen passte. Würden sie sich darum. Bemühen, dass sie jegliches Verhalten seinerseits schlecht und negativ darstellten. Er wusste, dass seine Familie skrupellos sein konnte und vor nichts zurückschrecken würde. Dies tat er einfach.

Immerhin war er lange genug eben ein Teil dieses Konstruktes gewesen. In diesem Augenblick bereute er es sogar, in diese Familie geboren worden zu sein.

Kaum, dass er das, was er sich auf Teller geschöpft hatte, aufgegessen hatte, stand er auf. Er schnappte sich Teller und Besteck, stellte beides in die Spüle und schlenderte dann gemütlichen Schrittes durch das Wohnzimmer zur Eingangstür.

So sehr er auch fliehen wollte, weil das unangenehme Ziehen in seiner Brust zu einem schmerzhaften Stechen wurde, je länger er sich diesen Worten und falschen Erzählungen ausgesetzt sah, konnte er nicht rennen. Wollte und konnte er es seiner Familie einfach nicht gönnen, dass sie sahen, was sie auch nach all der Zeit mit diesen Worten noch für eine Macht über ihn hatten. Wie sehr sie ihn verletzten und wie sehr er einfach nur wieder von diesem Ort verschwinden wollte.

Er lauschte ihnen einfach. Nicht, dass sie hinter seiner Schädeldecke schauen und sehen konnten, wie er sich fühlte. Was er dachte. Was er wollte.

Die aggressiven, lauten und zornigen Rufe aus dem Esszimmer ignorierend, schlüpfte er in seine Schuhe, zog die Tür auf und verschwand nach draußen.

Augenblicklich schlug ihm zwar kalte, doch nicht eisige Luft entgegen. Ein kleiner gepflasterte Weg führte auf den Bürgersteig der verlassenen, kleinen Straße.

Er bog nach links ab. Konnte nach wenigen Meter zwischen den Häuserreihe bereits deren Ende erkennen. Als er sich sicher war, dass er außer Sichtweite seiner Familie war, beschleunigte er seine Schritte. Bemühte er sich darum das Dorf so schnell wie möglich zu durchqueren.

Das war auch ohne weiteres möglich. Niemand hielt ihn auf. Niemand war auf der Straße. Selbst in der Ferne sah er kein Auto.

Er hatte die Häuserreihen zu beiden Seiten gerade erst hinter sich gelassen, da erblickte er zu seiner Rechten bereits ein weites Meer aus Wiesen, Feldern und Weiden. So menschenleer, verlassen und einsam dies alles auch auf ihn wirkte... Genauso idyllisch und beruhigend wirkte diese schneefreie Landschaft auf ihn.

Nirgendwo konnte er dieses eisige Weiß entdecken. Genauso wenig wie irgendeinen Menschen. Weit hinter den Feldern erblickte er ein kleines Laubwäldchen. Die Sonne beschien die Landschaft so golden, dass das Gras noch viel saftiger und grüner wirkte.

Er wandte sich den Feldern zu. Stand dabei im Schatten der großen Nadeltannen, die auch hier die Landschaft durchzogen. Doch nicht viel und nicht lange.

Erinnerungen durchschossen sein Gedächtnis. Davon, wie er damals über die Wiesen getobt war und die Bauern verrückt gemacht hatte, weil er dabei immer die Kühe aufgeschreckt hatte. Mit Absicht natürlich.

Er hatte sich durch die Wiesen gerollt, wann immer Frühling und Sommer abgebrochen waren. Sich im Meer der Blüten und der unersättlichen Freiheit gewälzt. Den Geruch der lieblichen, süßen Blüten genossen und es geliebt die vielen Tiere zu beobachten, welche dort in ihrem natürlichen Umfeld lebte.

Freak - unknow Angel [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt