Entscheidungen

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Nun waren schon wieder zwei oder drei Wochen ins Land gezogen. Ich zählte die Tage nicht, jeder einzelne kam mir vor wie ein ganzer Monat. Wir kümmerten uns um die Bürger, halfen beim Aufräumen von Schutt und Aela ging ab und an mit einem Schildbruder jagen, sodass immer genug Verpflegung für die Menschen da war.

Vilkas hatte sich, abgesehen von seinem Dienst den er Weißlauf leistete, eher zurückgezogen und sprach nicht viel. So bekam ich ihn kaum zu Gesicht, aber wenn wir uns sahen war er nicht abweisend, er wirkte bloß nachdenklich und traurig.

Sonst verlief alles wie gewohnt, ich setzte mein Training im Hof mit Athis und Ria fort und auch Rodrik gesellte sich ab und an dazu. Kodlak hatte Marelia und ihm erlaubt eine Weile bei den Gefährten zu verweilen, der Vampir dachte sogar schon darüber nach, vielleicht doch eine gesetzestreue Karriere zu beginnen, aber erst einmal waren wir froh, dass wir ein Dach über dem Kopf hatten und nicht, wie sonst so oft, auf der Flucht waren.

Von meinem Vater hörte ich die ganze Zeit über nichts und ich konnte nur still hoffen, dass sich bald etwas tun würde.

Auch am heutigen Tag war ich wieder mit Athis im Hof, ich musste dringend an meiner Fertigkeit mit dem Schwert arbeiten. Rodrik schaute uns belustigt zu während Marelia hinter ihm saß und an einem Pfeil schnitzte. ,,Ihr seid besser geworden" merkte der Dunkelelf beeindruckt an. ,,Alles eine Frage der Übung, oder?" flüsterte ich grinsend. Anerkennend nickte er mir zu.

,,Ich hab schon spannendere Kämpfe gesehen" gähnte Rodrik gelangweilt und nahm Marelia den Pfeil aus der Hand, die ihm bloß einen bösen Blick zu warf. ,,Macht es besser" forderte ich den Vampir heraus und warf ihm mein Schwert zu. Er fing es auf und lies Marelias Pfeil auf den Boden fallen, was diese nicht gerade begeistert mit ansah. ,,Nun gut" murmelte Rodrik und lief auf mich zu. ,,Nehmt lieber etwas Abstand, sonst tue ich Euch noch ausversehen weh." Lachend stellte ich mich neben Marelia. ,,Dann zeigt doch einmal was Ihr könnt!" herausfordernd sah Athis ihn an, doch gerade als die beiden ihre Schwerter heben wollten, unterbrach Aela uns. Sie war wohl eben in den Hof gekommen. ,,Saphir, der Alte will mit Euch sprechen. Ich habe keine Ahnung worum es geht, aber Ihr sollt zu ihm gehen" sagte sie und musterte dann misstrauisch Rodrik, der sein Schwert schon in Angriffshaltung hatte.

Kodlak wollte also mit mir sprechen? Ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. Ging es um einen Auftrag? Beschwerte er sich vielleicht über Rodriks Anwesenheit? Immerhin handelte es sich bei meinem Freund ja um einen Vampir. Ich würde es wohl erst herausfinden, wenn ich mit ihm spräche.

,,Danke für die Nachricht" antwortete ich also und wandte mich noch einmal kurz zu Rodrik: ,,Zeigt den anderen doch was Ihr draufhabt, ich hab Euch ja schon erlebt!" Dieser grinste zustimmend und winkte mir mit dem Schwert. Aela nickte mir zu und ich machte mich auf den Weg zu den Quartieren hinunter. Als ich den Flur durchquerte kam mir Vilkas entgegen. Er lächelte mir traurig zu und schritt schnell weiter. Nachdenklich blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um, doch da war er schon durch die Tür zur Treppe verschwunden. Also visierte ich wieder die Tür des Herolds an. Dort angekommen klopfte ich vorsichtig, bis Kodlak mir die Erlaubnis erteilte einzutreten.

Er saß wie immer an dem Tisch in der Ecke und stand lächelnd auf als ich eintrat. ,,Setzt Euch doch" sagte er und deutete auf anderen Stuhl. Ich nickte und nahm Platz. ,,Ihr wolltet mit mir sprechen?" fragte ich schließlich und sah den alten Mann neugierig an. ,,Aber ja" entgegnete er ,,ich habe mir noch einmal Gedanken über Eure Geschichte gemacht. Vilkas ist auch noch einmal bei mir gewesen und wir haben ein ausführliches Gespräch geführt." Das konnte schon einmal nichts Gutes bedeuten. Besonders weil der Nord momentan nicht sonderlich viele Worte von sich gab. Ob Kodlak sich jetzt dazu entscheiden würde, mich aufgrund meiner Intentionen von den Gefährten auszuschließen? Unruhig umklammerte ich meinen Stuhl und sah ihn erwartend an. ,,Ach Saphir" seufzte er ,,nach allem was Ihr erleben musstet, kann ich nur zu gut nachvollziehen, dass Ihr auf Eure Gerechtigkeit und Rache sinnt. Eure Mutter wurde Euch gewaltsam genommen, Ihr wurdet verschleppt und jahrelang gewaltsam festgehalten und wegen Eures Vaters werdet Ihr bis zum heutigen Tage verfolgt. Wäre ich an Eurer Stelle, würde sicherlich die Trauer und besonders die Wut in mir brennen wie die Glut in einer Schmiede. Doch stellt Euch bitte eine Frage, denkt Ihr wirklich, dass Rache Euch zu Seelenfrieden geleiten wird?" Schulterzuckend ließ ich meinen Blick sinken. Ich konnte Kodlak ja verstehen, aber es fühlte sich nicht richtig an aufzugeben. Zu lange musste ich unter den Thalmor leiden, als dass ich jetzt einfach loslassen und mein unfreies Leben annehmen könnte. ,,Welche Entscheidung auch immer Ihr treffen werdet" begann der Alte wieder ,,es ist Eure Entscheidung und weder Vilkas noch ich oder auch sonst irgendwer hat Euch da reinzureden. Ich möchte nur, dass Ihr noch einmal über alles nachdenkt, und prüft, was Eurer Seele wirklich guttut."

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt