Neugierig hatte ich Kodlaks Plan gelauscht. Anscheinend konnten sich die Gefährten mithilfe einer besonderen Axt von ihrem Fluch befreien. Diese Axt war vor Ewigkeiten jedoch zerstört worden und nur mühsam ließen sich die Teile wieder zusammenfinden. Die meisten Bruchstücke waren schon in Eorlunds Obhut gelangt, jedoch fehlte noch ein letztes, besonders großes, das wohlmöglich in die Finger der eisernen Hand gekommen war. Könnte Eorlund diese Axt neu schmieden, so könnten die Gefährten Ysgramors Grab betreten, denn nur dort war ihnen eine Heilung möglich. Bei Ysgramor handelte es sich um einen nordischen Held, der schon vor langer Zeit gestorben war, zu Lebzeiten allerdings die Gefährten gegründet hatte. Er war wahrlich ein nordischer Held gewesen und wurde bis in unsere Zeit noch verehrt. Auch wenn Skjor laut Aela das Bestienblut als ein Geschenk ansah, hatte er sich vor einigen Wochen, in einem Anfall von Eifer und Rage, alleine auf den Weg gemacht dieses letzte Bruchstück der silbernen Hand zu entreißen, jedoch war er von diesem Vorhaben nie zurückgekehrt. Er war den Werwolfjägern zum Opfer gefallen. In ihrem Zorn hatte Aela Kodlak immer wieder unterbrochen, Skjors Tod schien ihr sehr nahe zu gehen. Besonders wütend war sie, als Kodlak mit dem Gedanken spielte, die Werwolfjäger könnten vielleicht zu einem Waffenstillstand bereit sein, wenn der Fluch gebrochen wäre. Mit diesen ,,Mördern" wollte sie keinen Frieden. Baldige Hinterhalte hielt Kodlak für unwahrscheinlich, daher wollte er zunächst eine ausführliche Strategie entwickeln, wie nun weiter vorzugehen sei. Einen offenen Kampf wollte er vermeiden, besonders da der Feind in der Überzahl war, und genau da käme ich ins Spiel. Als Gildenmeisterin und Nachtigall war mir das Handwerk des Diebstahles eng vertraut, besonders wenn es darum ging, unentdeckt zu bleiben. Wie Vilkas es damals beim Training gesagt hatte, ich kämpfte wie eine Diebin, und als eine solche verstand ich es, möglichst auf Kämpfe zu verzichten. Da Kodlak aber erst einmal nichts überstürzen wollte, musste ich mich nun auf einen längeren Aufenthalt in Weißlauf einstellen. Wirklich lange war ich seit der Ernennung zur Gildenmeisterin nie von der Gilde fort gewesen, auch, weil ich Rifton nur ungern verließ. Damit sich niemand Sorgen zu machen bräuchte, und ich mit der Gilde im Austausch bleiben konnte, nahm ich mir vor einen Brief an Rodrik zu verfassen.
Gedankenverloren saß ich an einem der Tische im Hof und ließ eine Schreibfeder durch meine Finger gleiten. Ich starrte auf das Leere Pergament vor mir, irgendwie wusste ich nicht so recht, was ich genau schreiben sollte. Für gewöhnlich schrieb ich keine Briefe. Seufzend tunkte ich die Feder in ein kleines Tintenfass und begann zunächst einmal Rodriks Namen zu buchstabieren, wenigstens etwas. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schaute in den Nachthimmel. Es war eine klare, wolkenlose Nacht und viele leuchtende Sterne standen am Himmel. Eins war zumindest sicher, Rodrik wachte gerade unter demselben Sternenzelt wie ich. Wie gerne hätte ich ihn jetzt neben mir und würde ihm von den vergangenen Tagen erzählen. Er hätte bestimmt ein paar belustigende Kommentare über Vilkas von sich gegeben oder Aela mit lästigen Flirtversuchen in den Wahnsinn getrieben. Der Vampir fehlte mir. Vielleicht sollte ich genau das schreiben... ,,Könnt Ihr etwa nicht schlafen?" riss Aelas Stimme mich aus meinen Gedanken. Ich hatte sie gar nicht kommen gehört, geschweige denn gewittert. ,,Sehr witzig" entgegnete ich und warf ihr einen grimmigen Blick zu. Sie schenkte mir ein kurzes Lächeln und setzte sich mir gegenüber an den Tisch. Sie schielte kurz auf mein noch fast jungfräuliches Pergament und sah mich dann verschwörerisch an. ,,Kann ich Euch weiterhelfen?" fragte ich schließlich verwirrt. In Ruhe meinen Brief zu schreiben müsste wohl noch warten. ,,Ich weiß nicht, könnt Ihr das?" erwiderte sie geheimnisvoll. Fragend neigte ich meinen Kopf zur Seite. Hatte ich vorhin irgendetwas verpasst? ,,Nun sprecht schon" forderte ich Aela auf. Verschwörerisch sah sie sich um und neigte ihren Kopf in meine Richtung. ,,Was ich Euch zu sagen habe, wird weder dem Alten, noch Eurem geliebten Vilkas sonderlich gefallen, daher bitte ich Euch etwas leiser mit mir zu sprechen" flüsterte sie leise. ,,Geliebt?" entgegnete ich entsetzt. Sie verdrehte nur die Augen und fuhr fort: ,,Erinnert Ihr Euch an unser Gespräch heute Vormittag? Ihr sagtet, ich müsste mich nicht alleine um die silberne Hand kümmern und nun brauche ich tatsächlich Eure Hilfe." Entgeistert sah ich sie an. War das ihr Ernst? Wollte sie jetzt zu zweit in den Kampf gegen die ziehen, die erst kürzlich Skjor niedergestreckt hatten? ,,Aela, Ihr meint doch nicht etwa" wollte ich sagen, doch da fiel sie mir schon ins Wort: ,,Doch. Ich kann hier nicht tatenlos herumsitzen und darauf warten, dass die Mörder Skjors endlich einen Plan geschmiedet haben, wie sie uns am besten aus dem Hinterhalt überfallen und vernichten wollen. Ich verstehe nicht, wie der Alte so naiv sein kann, wir müssen handeln. Auf der Stelle!" Ich schüttelte den Kopf und versuchte sie zu beschwichtigen: ,, Aela, wegen genauso eines vorschnellen Entschlusses ist Skjor gefallen. Wenn wir alleine losziehen, werden sie uns überrennen, und damit ist nun wirklich niemandem geholfen." Zornig schlug Aela mit ihrer Faust auf den Tisch, sodass mein Tintenfass umfiel und mein Pergament in ein dunkles blau färbte. Den Brief konnte ich also erst einmal vergessen. ,,Saphir!" zischte Aela, versuchte ihre Stimmlautstärke wieder zu reduzieren und fuhr fort: ,,Je länger dieses Stück noch in ihrem Besitz ist, desto schwieriger wird es für uns sein daran heranzukommen. Besonders wenn sie dahinter kommen, warum wir es benötigen. Solange wir noch sicher sein können, dass sie in der Festung sind, aus der Skjor nie zurückgekommen ist, wissen wir zumindest, wo wir das Bruchstück finden können." ,,Aber es wird doch sicherlich gut bewacht sein, sonst wäre Skjor nicht gefallen. Wir sind nur zu zweit, meint Ihr nicht wir sollten lieber mit den anderen sprechen?" Wieder verdrehte Aela die Augen und fragte: ,,Wer soll uns denn helfen? Wollt Ihr vielleicht Euren Vilkas fragen?" Seufzend schüttelte ich den Kopf. Es war sinnlos zu glauben ihr diese Idee ausreden zu können. ,,Außerdem" fuhr sie fort ,,sind wir zu zweit unauffälliger. Sie werden uns gar nicht erst kommen sehen." ,,In einem Kampf wären wir aber weit unterlegen" wandte ich nachdenklich ein. Natürlich wollte ich ihr helfen, aber was sie vorhatte, war der reinste Selbstmord. Andererseits hing ich sowieso nicht besonders an diesem Leben. ,,Da habt Ihr recht, aber darauf will ich es gar nicht anlegen." ,,Wie meint Ihr das?" ,,Ihr seid eine Diebin" erklärte sie ,,von Schleichen und Heimtücke versteht ihr genug. Außerdem habt ihr eigenhändig mehrere Thalmor zur Strecke gebracht." ,,Und?" hakte ich nach. ,,Wenn wir sie überrumpeln können, schaffen wir es auch zu zweit das Bruchstück in die Hände zu bekommen. Ohnehin viel effektiver als ein offener Kampf." Sie hatte recht, trotzdem war das Vorhaben viel zu riskant. ,,Wenn ich Euch nicht begleite, werdet Ihr trotzdem gehen, oder?" fragte ich ernst. Aela nickte bestimmt. ,,Alleine lasse ich Euch nicht ziehen, ich werde mitkommen. Allerdings unter einer Bedingung" flüsterte ich schließlich. ,,Welche wäre das?" ,,Wenn es zu riskant wird, blasen wir den Rückzug. Kodlak braucht Euch noch, ich kann nicht zulassen, dass Ihr im Kampf den Tod finden werdet" entgegnete ich streng. Aelas Lippen formten sich zu einem stummen Lächeln und sie nickte überzeugt. ,,Gut. Ich wusste, ich kann auf Euch zählen. Lasst mich nur eben meine Waffen holen, dann können wir los" meinte sie und erhob sich. Während sie in die Methalle verschwand, knüllte ich das versaute Pergament zusammen. Dabei bekam ich leider ein paar blaue Flecken ab. Warum hatte ich nicht weiter versucht, Aela dieses Vorhaben auszureden? Hoffentlich müsste ich das nicht bereuen. Langsam erhob ich mich und kontrollierte, ob ich ausreichend ausgerüstet war, aber sowohl meine Klingen als auch Pfeil und Bogen trug ich bei mir. Nachdenklich beobachtete ich wieder die Sterne. Auf eine eigenartige Art und Weise stimmte der Anblick mich traurig. Ich musste an vergangene Nächte zurückdenken, deren Erinnerungen genauso süßlich wie auch schmerzhaft waren. Erinnern tat mir nie gut, ob nun an die guten oder die schlechten Dinge. Ein seltsames Geräusch riss mich aus meinen Gedanken, jedoch konnte ich weder jemanden noch etwas sehen oder wittern. Ohnehin war meine gesamte Witterung hier eingeschränkt, zu viele Werwölfe auf einem Haufen. Dann konnte ich allerdings Aela erblicken, die sich durch die Tür schob, Pfeil und Bogen geschultert. ,,Was ist, wollt Ihr los?" fragte sie herausfordernd und steuerte die Tiefenschmiede an. Ich folgte ihr stumm und bald schon fanden wir uns auf den Ebenen von Weißlauf wieder. ,,Ich hoffe nur ich hab mich mit dem Weg nicht verrechnet, sonst wird es schon wieder hell, ehe wir die Festung erreicht haben" murmelte Aela während wir uns von der Stadt entfernten. ,,Wird also eine längere Reise" bemerkte ich und warf ihr einen müden Blick zu. ,,Ein paar Stunden östlich von hier, wenn wir uns ranhalten schaffen wir das schon. Ihr werdet ja sowieso nicht müde" antwortete Aela und zwinkerte mir zu. Ich zuckte mit den Schultern und richtete meinen Blick wieder in die Ferne. Auch wenn ich körperlich vielleicht nicht erschöpft war, besonders Lust auf einen langen Marsch hatte ich nie. Wenigstens hatten wir nach gut zwei Stunden einen Hirsch entdeckt, von dem ich zumindest ein wenig trinken konnte. ,,Man soll ja nicht mit leeren Magen in den Kampf ziehen" hatte meine Begleiterin nur gewitzelt, aber wo sie recht hatte, hatte sie recht. Nach dem kleinen Zwischenstopp fühlte ich mich schon deutlich besser und kampffähiger. Wir liefen etwa noch gut zwei Stunden weiter, als ich in der Ferne schon den Umriss eines Turmes wahrnehmen konnte. Noch war es dunkel, aber ich spürte, dass es bald dämmern müsste. ,,Dort hinten, das müsste es sein" meinte Aela und deutete auf den sichtbar baufälligen Turm. ,,Dann haben wir es ja fast geschafft" sagte ich erleichtert. ,,Noch sind wir nicht da, und auch glaube ich, dass uns da noch eine Schwierigkeit im Wege stehen wird" entgegnete Aela. ,,Wie meint ihr das?" fragte ich verwirrt. Unauffällig deutete Aela nach hinten und meinte: ,,Wir werden verfolgt. Vermutlich schon länger, allerdings habe ich es jetzt erst wirklich wahrgenommen. Schaut nicht nach hinten, ich will noch etwas Vorsprung einholen, bevor wir ausgebremst werden." ,,Habt Ihr eine Ahnung von wem?" Aela nickte nur und schmunzelte. Dann beschleunigte sie ihren Schritt und ich tat es ihr gleich. ,,Nun sagt schon" bettelte ich, ich hasste es, auf die Folter gespannt zu werden. Zumindest schien Aela sich keine großen Sorgen zu machen, sonst wäre mir deutlich mulmiger zu Mute. ,,Werdet Ihr ja noch früh genug herausfinden" murmelte sie nur. Als wir die Festung fast erreicht hatten, begann es langsam zu dämmern. Wir hockten uns hinter einen kleinen Felsen am Fuße des Hügels auf dem die kleine Festung stand und beobachteten vorsichtig die Umgebung. Im Außenbereich schienen wohl keine Wachmänner zu patrouillieren, vielleicht lugte man aber auch durch die Fenster hinaus um mögliche Angreifer zu erblicken. Angestrengt suchten wir die Steinwand nach möglichen Spalten und Fenstern ab, konnten aber direkt nichts Auffälliges entdecken, es war ohnehin noch dunkel genug um sich halbwegs unbemerkt anzuschleichen. ,,Ich gehe vor" flüsterte ich und wollte auf den Fels springen, als ich von einer Hand zurückgezogen wurde. ,,Ihr habt Euch ja mächtig Zeit gelassen" kicherte Aela. ,,Ihr seid eine Närrin" knurrte Vilkas, der mich noch immer an der Schulter zurückhielt. Vilkas! Natürlich. Ich hätte es wissen müssen, als Aela geschmunzelt hatte. Woher hatte er gewusst, dass wir heute Nacht aufbrechen würden? ,,Wenn der Alte nicht handeln will, muss es eben einer von uns in die Hand nehmen und Ihr und Euer Bruder hängt ja lieber an Kodlaks Zitze anstatt selbst zu denken" erwiderte Aela schnippisch. Diese Bemerkung gefiel Vilkas so gar nicht, was ich besonders an der Verhärtung seines Griffes spüren konnte. ,,Habt ein bisschen mehr Respekt, immerhin bin ich gekommen um Euch zu helfen. Ich weiß, dass man Euch nicht mehr von Eurem Plan abhalten kann. Aber von Euch Saphir" sagte er und sah mich ernst an ,,hätte ich mehr erwartet. Besonders nachdem Ihr geschworen habt, dass wir Euch vertrauen können!" ,,Hätte ich sie alleine losziehen lassen sollen?" entgegnete ich wütend und schlug seine Hand von meiner Schulter. ,,Ihr hättet versuchen können sie aufzuhalten anstatt sie anzustacheln!" fuhr er mich an. ,,Achja? Und was ist mit Euch? Warum gebt Ihr Euch erst mehrere Wegstunden von Weißlauf entfernt zu erkennen um uns dann eine Moralpredigt zu halten, anstatt uns direkt in den Ebenen abzupassen?" fragte ich zornig. ,,Hätte es etwas gebracht? Hätte ich Euch aufhalten können?" knurrte Vilkas. ,,Warum seid Ihr denn dann überhaupt hier? Hättet doch gleich zuhause bleiben können!" meinte ich und fletschte mit den Zähnen. Aela begann leise zu kichern. Wütend sahen Vilkas und ich sie an. ,,Vielleicht kann ich Euch die Frage beantworten" begann sie ,,nein ganz sicher. Der Grund warum er hier ist, seid Ihr meine Liebe." ,,Aela ich bin nicht in der Laune für Eure Späßchen" äußerte ich sichtlich überfordert von der gesamten Situation. Vilkas funkelte Aela wütend an. ,,Vilkas würde Euch niemals sterben lassen, dafür liebt er Euch noch viel zu sehr, und Ihr seid anscheinend zu blind um das zu verstehen. Seid doch wenigstens mal dankbar, dass Ihr überhaupt miteinander reden könnt, diesen Luxus hat nicht jeder." Bei dem letzten Satz wurde ihr Ton ernster und sie biss sich verlegen auf die Lippe. Vilkas liebte mich noch? War ich wirklich so ignorant, dass ich das nicht bemerkt hatte? Oder gehörte das nur wieder zu Aelas Spielchen? Fragend sah ich Vilkas an, der meinen Blick zunächst mied, doch dann sah er mir ernst in die Augen. Eine unangenehme Stille hatte sich zwischen uns dreien breit gemacht. ,,Wir sollten jetzt los. Bald wird es hell. Wir müssten dieses Fragment in die Finger bekommen" versuchte ich so ruhig wie möglich zu sagen und lenkte meinen Blick auf Aela. Sie nickte bestimmt. ,,Durch das Haupttor sollten wir nicht versuchen hineinzukommen. Allerdings könnten wir hinten um die Festung herumschleichen und zu dem Turm hinaufklettern. Über ihn gelangen wir sicher und unbemerkt hinein" erläuterte Aela ,,so ist Skjor beim letzten Mal wahrscheinlich auch hineingekommen" fügte sie leise hinzu. Ich hob meinen Blick und betrachtete den halb zerstörten Turm. Mit genug Willenskraft war das bestimmt zu meistern. ,,Dann los?" fragte ich in die Runde. Aela nickte bestimmt, Vilkas sah mich weiterhin nur stumm an. Wir überprüften noch einmal hastig die Umgebung und dann begannen wir unser riskantes Unterfangen im Morgengrauen.
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Saphir [~Vilkas FF]
FanfictionSechs Jahre nachdem ihre Mutter gewaltsam ermordet und sie selbst entführt worden war, gelingt es der jungen Waldelfe Saphir sich aus der Gefangenschaft der Thalmor zu befreien. Zurück in der Freiheit muss sie jedoch merken, dass sie von nun an auf...