Alte neue Wege

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Nachdenklich zog ich die schwere Holzkiste unter dem Bett hervor. Seit Brynjolfs Tod hatte ich in seinem Gemach alles so gelassen, wie zuvor, obwohl ich eigentlich kein Bett mehr brauchte. Es erinnerte mich an die alten Zeiten und gleichzeitig wollte ich auch nichts verändern. Mit der Hand wischte ich ein wenig Staub von dem morschen Holz und öffnete behutsam das Schloss. Ich hielt kurz Inne bevor ich den Deckel anhob. Der Anblick des Inhalts holte viele Erinnerungen hervor. Auch wenn Balimund, der Schmied Riftons, die Rüstung repariert hatte, wusste ich noch genau an welcher Stelle Alturiels Schwert gesteckt und wo Mercer mich mit seinem Dolch verletzt hatte. Seit der Schlacht hatte ich sie nicht mehr getragen, sie war mit zu viel Leid verbunden und erinnerte mich wieder daran, welchen Eid ich einst geschworen hatte. Wie viele Menschen hatte ich sterben sehen als ich diese Rüstung getragen hatte? Kopfschüttelnd hob ich sie heraus und legte sie neben meine Waffen auf das Bett. Auch meinen Köcher hatte ich frisch mit Pfeilen befüllt, ich wusste ja wie abenteuerreich eine Reise durch die Wildnis sein konnte. Wenigstens verfolgten mich keine Hochelfen mehr. Ich verschloss die Kiste wieder und schob sie unter das Bett. Noch während ich mich hineinzwängte, klopfte es an der Tür. ,,Kommt rein Rodrik" sagte ich nüchtern und zog die Beinschoner fest. ,,Eure Instinkte werden immer besser" kicherte der Vampir belustigt als er in den Raum hineintrat. Ich warf ihm einen unbeeindruckten Blick zu und entgegnete trocken: ,,Jeden anderen hätte ich doch gerochen." Rodrik rollte nur mit den Augen und erwiderte dann: ,,Ich bin übrigens immer noch nicht überzeugt, dass es eine gute Idee ist, ohne mich aufzubrechen." ,,Und ich habe Euch doch erläutert, warum es so wichtig ist, dass Ihr hier bleibt" meinte ich während ich mit meinem Harnisch kämpfte. Zu lange hatte ich das Teil nicht mehr angehabt und mit Balimunds Verbesserungen war es etwas unhandlicher geworden. ,,Ihr solltet auf mich hören" betonte Rodrik wieder ,,als Ihr das letzte Mal ohne mich losgezogen seid, habt Ihr es bitter bereut. Ich hätte" ,,Darüber sprechen wir nicht!" unterbrach ich ihn und sah ihn zornig an. Rodrik zuckte mit den Schultern und murmelte: ,,Ich wollte Euch ja nur deutlich machen" ,,Nein. Bitte lasst es einfach" entgegnete ich schnell ,,und wenn Ihr schon einmal hier seid, könnt Ihr Euch auch nützlich machen." Der Vampir nickte seufzend und stellte sich neben mich um mir beim Anlegen des Harnischs zu assistieren. Als er endlich festsaß, legte ich meinen Waffengürtel wieder an und schob das goldene Langschwert und den scharfen Dolch hinein. Rodrik sagte tatsächlich nichts mehr. Nachdem ich meinen Umhang angelegt und den Köcher geschultert hatte, griff ich noch nach dem Bogen und fragte den Vampir: ,,Ist alles in Ordnung, Ihr seid so still." Rodrik warf mir einen ernsten Blick zu und erwiderte: ,,Ich mache mir bloß Sorgen um Euch, das ist alles. Ich weiß, Ihr seid stark, aber Ihr seid mir eben wichtig. Ich möchte nicht zulassen, dass Euch etwas zustößt." Anerkennend legte ich meinen Arm auf seine Schulter und meinte: ,,Das rührt mich sehr, wirklich, doch das hier muss ich alleine durchziehen. In ein paar Wochen bin ich sicher wieder da und dann können wir auch wieder gemeinsam auf die Jagd gehen. Versprochen." Noch nicht vollkommen überzeugt nickte er aber und legte mir ebenfalls seine Hand auf die Schulter. ,,Tut mir leid Saphir, ich wollte Euch nicht bevormunden" sagte er ernst, doch dann begann er wieder zu grinsen und fügte hinzu: ,,Erst recht möchte ich Euer Liebesleben nicht beeinträchtigen!" Ich verdrehte angestrengt die Augen und versetzte Rodrik einen leichten Schlag gegen die Schulter. ,,Entschuldigt, das hat nicht wehgetan" lachte er nur und sah mich herausfordernd an. Mit einem Seufzen erwiderte ich: ,,In ein paar Wochen bin ich wieder da und alles wird so sein wie vorher. Diesen letzten Gefallen bin ich den Gefährten noch schuldig." ,,Alles gut" murmelte Rodrik belustigt und grinste wieder breit. ,,Ihr werdet mir auch fehlen, aber nur ein bisschen, ich bin froh einmal mindestens ein paar Tage Ruhe vor Euch zu haben" schmunzelte ich und steuerte die Tür an. Auf dem Absatz drehte ich mich noch einmal um und erläuterte: ,,Achja, wenn jemand fragt, ich bin in einer privaten Angelegenheit unterwegs. Auch Delvin habe ich nicht erzählt, worum es bei meinem Auftrag geht. Ich möchte nicht, dass jemand den Verdacht schöpft, ich würde mit dem Feind zusammenarbeiten. Der letzte Gildenmeister hat ja bereits einige Vertrauensprobleme ausgelöst." ,,Selbstverständlich meine geliebte Meisterin!" antwortete Rodrik und machte einen theatralischen Knicks. Kopfschüttelnd drehte ich mich um und lief in die Zisterne. Ein wenig würde er mir wahrscheinlich doch fehlen, auch wenn ich ihm das niemals ins Gesicht sagen würde.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt