Für die Gilde

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,,Moment einmal, was ist das?" fragte Karliah während sie sich an das Metallgitter vor uns stellte, durch welches man eine große Halle unter uns erblicken konnte. Es war sehr düster, doch man sah etwas durch die Dunkelheit die Steintreppen hinaufschleichen und eine weitere Tür ansteuern. ,,Das ist er, das ist Mercer, seht doch!" flüsterte sie uns zu und deutete auf die Gestalt. Nun erkannte ich ihn ebenfalls, auch Brynjolf sah ihn und sagte mit zorniger Stimme: ,,Ich werde mich um ihn kümmern. Dieser elendige Verräter." Tatsächlich waren wir ihm also auf der Spur, aber wie kämen wir dort hinunter? Würden wir schnell genug sein, um ihn einzuholen? Und was waren das für seltsam bucklige Gestalten, an denen er vorbeilief? Sie schienen ihn überhaupt nicht zu bemerken. Waren das etwa Falmer? Sonderlich gefährlich sahen sie aus der Ferne nicht aus, aber vermutlich würde sich meine Meinung bald schon ändern. ,,Er spielt mit uns" murmelte Karliah leise. Mercer näherte sich nun einem der Wesen, das ihn noch immer nicht zu bemerken schien. Mit einem sauberen Schnitt beförderte er es ins Jenseits. ,,Wir müssen ihn einholen!" meinte ich unruhig und blickte erwartend zu Karliah. ,,Wir müssen uns erst einmal einen Weg zu ihm bahnen" entgegnete sie und sah sich um. ,,Dort entlang" rief sie mit gedämpfter Stimme und deutete auf einen Türbogen. Nachdem wir diesen passiert hatten, liefen wir wieder durch einen verwinkelten Flur, in dem sich der Schutt auch nur so türmte. Dadurch war der ohnehin schon schmale Gang an manchen Stellen kaum passierbar. Es schien allerdings in die richtige Richtung zu gehen, da er bergab führte. Es war sehr düster, nur ein paar wenige Schimmerpilze die an den Wänden wucherten leuchteten uns den Weg. Doch bald waren wir dann in der Halle angekommen, in der wir zuvor Mercer gesehen hatten. So weit weg konnte er also hoffentlich nicht sein. Das was von der Baukunst der Dwemer übrig geblieben war, sah noch sehr eindrucksvoll aus. Neben einem Turm, der in die Dunkelheit hinaufragte, konnte ich tatsächlich das Gitter erblicken, durch das wir Mercer beobachtet hatten. Karliah hob eine Hand, um uns anzudeuten, stehen zu bleiben. Prüfend sah sie sich um. Kurz war es still, doch dann konnte ich leise Schritte vernehmen. Man konnte nicht viel erkennen, aber anscheinend wartete da noch etwas in der Dunkelheit auf uns. ,,Verhaltet Euch ganz ruhig" flüsterte Karliah leise ,,sie können uns nicht sehen, aber sie können uns hören. Wenn wir uns gut anstellen, kommen wir ohne einen Kampf zur Tür." Dann drehte sie sich um und trat leicht geduckt in den Raum hinein. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen. Brynjolf und ich taten es ihr gleich. Wenn Karliah mit der Behauptung, die Falmer seien gefährlicher als die Dwemerkonstruktionen, recht hatte, wollte ich nur ungern herausfinden, was passieren würde, wenn einer von ihnen uns hören würde. Als wir endlich die Tür erreichten, schob Karliah diese so leise und vorsichtig wie möglich auf und wir schlüpften hindurch. Noch während wir in den Raum traten, nahmen wir ein lautes Geräusch wahr, das sich anhörte, als sei irgendein Mechanismus ausgelöst worden. Karliah eilte ein paar Schritte nach vorn und fluchte leise. Dann drehte sie sich um und meinte: ,,Das war Mercer, er ist mithilfe eines mechanischen Fallgitters entkommen! Wir müssen ihm hinterher, sofort! Wir müssen nach möglichen Hebeln oder Zugketten Ausschau halten." Gleichzeitig konnte man gehetzte Schritte wahrnehmen. Das klang nach so einigen Falmern, um einen Kampf würden wir wohl nicht herumkommen, jetzt wo Mercer seine Anwesenheit so laut und deutlich angekündigt hatte. Nun hatte er uns genau da, wo er wollte. Wir liefen ihm hinter her, wie die Katze einer Maus. Er hatte Stunden, wenn nicht sogar Tage Vorsprung gehabt, er wusste genau, dass wir kommen und ihn jagen würden. Zumindest Karliah und Brynjolf. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass er es sich so leicht machen und die Falmer seine Arbeit erledigen lassen würde. Nein, er wollte sein Schwert höchstpersönlich in seine ehemaligen Verbündeten bohren. Das würde ich aber nicht zulassen. Niemals. Vor uns lagen zwei Steintreppen, die hinunter in die Dunkelheit führten. Dort warteten mit Sicherheit die Falmer, man hörte deutlich ihr Schaben und Fauchen. An den Treppen vorbei führten schmale Wege, die jeweils an einem kleinen Turm endeten. Wir teilten uns auf. Ich ging nach links, Brynjolf nach rechts und Karliah sollte in Erfahrung bringen, mit wie vielen Feinden wir es hier zu tun hatten. Fest umklammerte ich nun meinen Bogen und hielt auch schon einen Pfeil zum Auflegen bereit. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen und schlich den Pfad entlang. Ich schielte kurz nach rechts. Brynjolfs und Karliahs Silhouetten trennten sich nun ebenfalls und Karliah stieg mit gezogener Waffe die Treppe hinunter. Ich schluckte und ging weiter. Alles würde gut werden, wir hatten den Segen Nocturnals auf unserer Seite. Stumm schickte ich ein Stoßgebet zu ihr, dann erreichte ich auch schon den Turm. Ich legte den Pfeil auf die Sehne und trat hinein in die Kammer. Hastig sicherte ich meine Umgebung, zum Glück war ich alleine. Erleichtert ließ ich den Bogen wieder sinken, doch einen Hebel oder einen vergleichbaren Mechanismus konnte ich nicht finden. Also verließ ich den Turm wieder und sah mich nachdenklich um. Neben dem Turm meinte ich ebenfalls noch einen kleinen Weg zu erkennen. Und ja, tatsächlich konnte ich einen goldenen Hebel erkennen. Fast schon hätte ich laut verkündet, was ich gefunden hatte, doch ich konnte mich noch zurückhalten. Hinter dem Hebel war ein Abgrund, der vermutlich zu dem Teil des Raumes führte, in dem Karliah sich gerade bewegte. Vorsichtig setzte ich einen weiteren Schritt nach vorne und versuchte zu erkennen. Im schummrigen Licht sah ich einige Falmerwesen umherlaufen, Karliah stand geduckt in etwas Entfernung. Vielleicht würde das Geräusch des Fallgitters sie ablenken, sodass Karliah sie aus dem Hinterhalt angreifen könnte. Seufzend legte ich meine Hand an den Griff des Hebels und legte ihn bestimmt um. Zahnräder setzten sich in Bewegung, doch es geschah nichts. Außer, dass die Falmer unten unruhiger wurden und sich in Bewegung setzten. Verdammt. Das war gar nicht gut. Ich musste hier weg. Schnell drehte ich mich um und musste einen Schrei unterdrücken. Wenige Meter von mir entfernt stand ein Falmer. Er schien die Umgebung zu prüfen. Vielleicht war ich ihm Dunkeln einfach an ihm vorbeigelaufen und nun hatte er mich den Hebel umlegen gehört. Mit zitternder Hand legte ich erneut meinen Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen. Auch wenn es sehr finster war, konnte ich mehr erkennen als mir lieb war. Falmer waren nicht nur gefährlich, sie sahen auch verdammt furchteinflößend aus. Vielleicht nicht so schrecklich wie Draugr, aber das Wesen vor mir ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Nur seine langen, spitzen Ohren ließen erkennen, dass es sich bei den Falmern vor langer Zeit um Elfen gehalten hatte. Eine Nase besaß es nicht, stattdessen nur zwei dünne Schlitze, die sich von dem mit scharfen und fauligen Zähnen ausgestatteten Mund bis hin zu den kaum erkennbaren Augen zog. Ich konnte nicht einmal sagen, ob es wirklich noch Augenbälle waren, oder eine dünne Hautschicht, die nur noch ungefähr andeutete, wo die Augen einst gewesen waren. Dazu war die Kreatur nur mit einem Lendenschurz bekleidet und ihr Körper ähnelte stark dem eines Draugr – alt und verfault. Da stand nun also ein echter Falmer vor mir, mit gekrümmter Haltung und zwei scharfen Dolchen bewaffnet.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt