Zweifel

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,,Es wird gleich dunkel, lasst uns Rast einlegen" sprach ich zu den Männern meines Vaters, als wir das Gebirge, das die Fürstentümer Falkenring und Rift trennte, fast überquert hatten. Rodrik, der die ganze Zeit über schweigend neben mir hergelaufen war, nickte mir beipflichtend zu. Auch ich hatte den größten Teil der Reise nicht gesprochen. Zu viele Gedanken und Erinnerungen waren durch meinen Kopf geschossen. Es würde sicherlich eine gute Weile dauern, diese irgendwie zu sortieren. Tatsächlich vermisste ich Vilkas gar nicht so schmerzhaft, wie ich zunächst angenommen hatte, und dennoch quälte mich die Ungewissheit, wie es mit uns beiden weitergehen sollte. Andererseits sorgte ich mich um die Gilde und darum, wie sie auf meine Entscheidung reagieren würden. Auch stellte ich mir die Frage, ob wir es tatsächlich bis nach Valenwald schaffen würden. Faenol hatte beteuert, dass es wohlmöglich kein Problem wäre, da mein Vater schon länger nicht mehr unter den Lebenden weilte und wir ohnehin zu wenige Männer hätten um als Bedrohung wahrgenommen zu werden. Hoffentlich würde er damit recht behalten.

Als bald ein kleines Feuer brannte, setzte ich mich stumm neben Rodrik, der gedankenverloren in die Flammen starrte. Eine Weile lang schwiegen wir, während die Männer meines Vaters sich über ihre Vorräte hermachten. Schließlich wandte Rodrik sich zu mir und fragte: ,,Habt Ihr keinen Hunger?" Ich schüttelte nur den Kopf und entgegnete: ,,Und Ihr?" Auch wenn ich seit unserem frühen Aufbruch nichts gegessen hatte, und mein Magen sich leer anfühlte, wusste ich doch, dass ich nichts Anständiges hinunterbekommen würde. Die Unklarheit meiner Gefühle und die Sorge um die Gilde schlugen mir erheblich auf den Appetit. Meinem Freund schien es ähnlich zu gehen, denn auch er schüttelte den Kopf. ,,Als wir noch Vampire waren, war Appetitlosigkeit nie ein Problem" murmelte ich während ich Faenol dabei beobachtete, wie er beherzt in eine noch fast rohe Kaninchenkeule biss ,,einiges ist einfacher gewesen" fügte ich nach einem kleinen Seufzer hinzu. ,,Ich habe mich nie beschwert" erwiderte Rodrik und streckte sich ,,ich hätte gut so weiter leben können." ,,Soll das ein Vorwurf sein?" ,,Ein Vorwurf? Nein, ich habe meine Entscheidung ja selber getroffen" meinte mein Freund ernst, dann begann er zu grinsen und fuhr fort: ,,Außerdem gibt es ja auch einige Vorteile am sterblichen Leben, die mir in den letzten Jahrzehnten nicht vergönnt gewesen waren." Verschwörerisch sah er mich an. Fragend legte ich den Kopf schief. Er warf den Waldelfen einen unauffälligen Blick zu und zog dann etwas unter seinem Umhang hervor. ,,Wo habt Ihr die denn her?" gab ich so leise wie möglich von mir, als ich eine Weinflasche in Rodriks Hand erblickte. Breit grinsend flüsterte er: ,,Da standen so einige davon herum, Vilkas wird diese eine Flasche schon nicht vermissen." ,,Rodrik!" zischte ich empört,  doch dann musste ich schmunzeln. Gegen einen Schluck Wein hatte ich nichts einzuwenden. Als ich nach der Flasche greifen wollte, zog er sie jedoch schnell zurück unter den Umhang und schlug vor: ,,Lasst uns doch lieber ein Stückchen gehen. Ich teile ja grundsätzlich gerne, aber der Wein wird wohl nur für zwei Personen reichen." Ich beäugte noch einmal nachdenklich die Bosmer, dann antwortete ich: ,,Klingt nach einem Plan." Rodrik nickte zustimmend und erhob sich. Er reichte mir seine Hand und zog mich hoch. Nachdem wir Faenol und den anderen Bosmern erklärt hatten, dass wir uns ein wenig in Ruhe über Gildenangelegenheiten unterhalten wollten, entfernten wir uns von der Feuerstelle. Wir gingen ein wenig durch die Abenddämmerung und als wir beinahe außer Sichtweite waren, zog Rodrik die Weinflasche wieder hervor und entkorkte sie. ,,Auf die baldige Heimkehr nach Rifton" verkündete er und reichte mir die Flasche zu erst. Heimkehr? Würde es sich nach allem was in den letzten Wochen passiert war überhaupt noch so anfühlen? Seufzend nahm ich den Wein an mich und nahm einen kräftigen Schluck. Vielleicht hätte ich mich doch dazu zwingen sollen, meinen Magen ein wenig zu füllen. Schon jetzt konnte ich den Wein deutlich spüren, meine Kehle brannte im Nachgang und mir wurde etwas wärmer. Als ich Rodrik die Flasche zurückgab, trank auch er daraus und blickte zu den Bergen hinter denen die Sonne bald verschwinden würde. ,,Wie wird Delvin wohl reagieren, wenn wir ihm mitteilen, dass nicht nur ich, sondern auch Ihr der Gilde den Rücken zu kehren werdet?" ,,Wie soll er schon reagieren?" meinte Rodrik, nahm einen weiteren Schluck und gab mir die Flasche an ,,Er wird sich schon denken können, dass ich ohne Euch keinen Schritt mache." ,,Vielleicht habt Ihr da recht" schmunzelte ich und nippte etwas zu enthusiastisch an dem Wein, sodass mein Hals gleich wieder zu brennen anfing. Ich hustete ein paar Male und Rodrik begann zu lachen. ,,Trinkt noch etwas, das hilft. Aber langsam und kleine Schlücke." Ich tat wie mir befohlen. Bald hatte ich mich wieder gefangen und überließ ihm die Flasche dann. ,,Mir ist schon ganz warm" beschwerte ich mich. ,,Umso besser" entgegnete er und deutete unter meine Brust ,,immerhin ist Eure Rüstung etwas luftig für die nächtlichen Temperaturen." Seufzend sah ich an mir herunter und betrachtete die aufgerissene Stelle die ich einer Klinge der Silbernen Hand zu verdanken hatte. ,,Die ist nun wohl endgültig hinüber, genau wie meine Zeit bei der Gilde." ,,Ihr tragt dieses schwarze Elend eh schon viel zu lange" bemerkte Rodrik und setzte sich wieder in Bewegung. Ich seufzte kurz und erwiderte: ,,Da habt Ihr wohl recht. Ich habe mich bisher nicht sonderlich gut darin gemacht, die Vergangenheit loszulassen." Wir liefen ein Stück den Weg hinunter. ,,Da sagt Ihr etwas" lachte Rodrik ,,aber das müsst Ihr nun wohl oder übel endlich hinter Euch bringen." ,,Nunja, nicht alles will ich hinter mir lassen" grinste ich. Fragend sah mein Freund mich an. ,,Ihr wart es damals, der mich aus den Klauen meiner Feinde gerettet hat und noch immer seid Ihr nicht von meiner Seite gewichen" erklärte ich lächelnd. ,,Ihr habt doch viel mehr mich gerettet" protestierte Rodrik. Ich verdrehte die Augen. ,,Gebt mir lieber mal den Wein zurück, Euch scheint er nicht sonderlich zu bekommen" fordernd streckte ich meine Hand aus. Rodrik reagierte nicht und genehmigte sich selbst einen großen Schluck. ,,Hey!" rief ich und versuchte nach der Flasche zu greifen, doch er hielt mich am Handgelenk zurück. ,,Nicht so gierig" kicherte er und trank noch einmal von dem Wein bevor ich endlich wieder an der Reihe war. ,,Schon verrückt, wie sehr sich mein Leben seit unserer Begegnung in Markarth verändert hat" sprach Rodrik nun wieder etwas ernster. ,,Ohne Euch stünde auch ich heute nicht hier" merkte ich an und stürzte den Wein meine Kehle hinunter. Rodrik blieb stehen und drehte sich zu mir. ,,Hasst Ihr mich eigentlich immer noch?" fragte er interessiert. ,,Hassen? Wann habe ich Euch je gehasst?" verwirrt blickte ich ihn an. ,,Weil ich Euch verwandelt habe, damals, auf dem Schlachtfeld" erläuterte er. Ich nahm noch einen Schluck vom Wein und erwiderte: ,,Damals hatte ich ja noch keine Ahnung gehabt, wie sich die Dinge entwickeln würden. Alles an das ich denken konnte, war der Verlust meines Verlobten. Und der Tod meines Vaters hat mich auch noch einmal hart getroffen. Weiter auf dieser Welt zu wandeln schien mir wie eine harte Strafe vor der es kein Entkommen gab. Doch nun könnte ich Euch nicht dankbarer sein." Rodrik lächelte zufrieden und sagte: ,,Also habe ich recht behalten. Und ich bin Euch dankbar, dass Ihr mein Geschenk nun endlich schätzen gelernt habt." ,,Geschenk" wiederholte ich und blickte ihn glücklich an ,,ja es war wahrlich ein Geschenk. Dank Euch musste ich diese Welt nicht voller Hass und Trauer verlassen. Ich durfte wieder lachen, hoffen, und sogar lieben." Seufzend nahm Rodrik mir den Wein aus der Hand und meinte: ,,Ihr hättet vielleicht doch besser in Weißlauf bleiben sollen. Euer Herz muss sich doch sicher schon unendlich verzehren." Ich zuckte mit den Schultern und betrachtete die untergehende Sonne in der Ferne. ,,Es ist schon gut so wie es ist. Wenn die Göttliche es so will, werden wir wieder zusammenfinden. Auch wenn ich Vilkas mag, fühle ich mich ein wenig... nunja..." ,,Eingeengt?" beendete Rodrik meinen Satz. Ich nickte. Natürlich liebte ich Vilkas, dennoch verunsicherte mich der Gedanke an die Zukunft nicht unerheblich. Er hatte sich in den vergangenen Wochen sehr verändert und war wahrlich nicht mehr der Mann, der mich einst bei den Gefährten empfangen hatte. Seine Gefühle mir gegenüber waren stark und impulsiv, was mir einerseits schmeichelte, mich andererseits einschüchterte. ,,Ich glaube Ihr macht Euch da zu viele Gedanken" begann Rodrik und sah mich ernst an ,,Ihr seid eine freie Frau. Niemand, auch Vilkas nicht, kann Euch dazu zwingen, eine Entscheidung zu treffen. Außerdem ist nichts für immer, nicht einmal unser Vampirismus." ,,Ich habe einfach Angst, dass ich mir nur etwas vormache. Lange genug habe ich Brynjolf hinterher getrauert. Was ist, wenn ich diese Trauer nun auf Vilkas projiziere? Was ist, wenn ich es einfach nicht aushalten kann, alleine zu sein?" ,,Ach Saphir" seufzte Rodrik und trank einen Schluck Wein bevor er fortfuhr ,,Ihr wart lange genug alleine. Denkt doch nur an Eure Gefangenschaft in Markarth, oder an das gesamte letzte Jahr. Wenn Ihr wirklich nicht alleine sein könntet, dann hättet Ihr Euch doch schon längst umgeschaut." Zwinkernd reichte er mir die Flasche und fügte spitz hinzu: ,,Aber ich bin Euch ja nicht nervenaufreibend genug." Ich räusperte mich laut und fragte: ,,Was ist denn jetzt eigentlich mit Euch und Aela? Reibt sie Eure Nerven wenigstens auf?" Augenblicklich wirkte Rodrik angespannt und entgegnete nur: ,,Da gibt es nicht viel zu sagen. Wir haben eben ein wenig Gefallen aneinander gefunden und nun gehen wir getrennte Wege." ,,Und geht es Euch gut damit?" hakte ich nach als ich wieder an dem Wein genippt hatte. Rodrik zuckte mit den Schultern und erwiderte: ,,Natürlich, ich sehe mich sowieso eher als Einzelgänger." Prüfend zog ich eine Augenbraue hoch und meinte: ,,Dafür klebt Ihr aber schon erstaunlich lange an meinen Fersen." Mein Freund schmunzelte verlegen. ,,Nun, Ihr Saphir, Ihr seid eben eine Ausnahme." ,,Aber da kann es doch sicher noch mehr Ausnahmen geben, seid Ihr Euch sicher, dass Ihr Aela nicht doch etwas mehr mögt als Ihr zugeben wollt?" Wieder zuckte Rodrik nur mit den Schultern. Plötzlich kam mir eine abwegige Idee, die wohl mehr der Wirkung des Weines verschuldet war. ,,Vielleicht kann ich Euch ja etwas auf die Sprünge helfen" neckte ich meinen Freund, der mich zweifelnd ansah. ,,Schwebt Euch da etwas konkretes vor?" meinte er und begann zu grinsen. Anscheinend schien er mich verstanden zu haben. ,,Vielleicht" flüsterte ich und legte einen Arm um ihn ,,wüsste ich da was" beendete ich meinen Satz und küsste ihn, genauso wie er es noch vor einigen Nächten getan hatte um mich von meinen Gefühlen zu Vilkas zu überzeugen. Überrascht löste sich Rodrik von mir begann leise zu lachen. ,,Ganz schön mutig" murmelte er und nahm mir die Weinflasche aus der Hand. ,,Hat es Euch geholfen?" fragte ich mit glühenden Wangen. ,,Weiß ich noch nicht so recht" meinte er verschwörerisch und setzte die Flasche zu einem kräftigen Schluck an. ,,Lasst mir auch noch was übrig!" protestierte ich und versuchte nach dem Wein zu greifen. Herausfordernd blickte er mich an und ging schnellen Schrittes weiter. Ich hastete ihm hinterher und versuchte erneut an die Flasche zu gelangen, doch er hielt mich wieder am Arm zurück und schaute mich belustigt an. ,,Meint Ihr nicht ihr habt langsam genug?" flüsterte er und beugte sich zu mir. ,,Vielleicht ein wenig zu viel sogar" entgegnete ich wahrheitsgemäß. Rodrik schüttelte grinsend den Kopf und küsste mich. Ich erwiderte seinen Kuss, auch wenn ich nicht wirklich verstand, was gerade mit uns passierte. Rodrik ließ meinen Arm los und legte die freie Hand an meine Wange. ,,Wollt Ihr denn nun noch etwas von dem Wein?" erkundigte er sich und sah mich amüsiert an. Verunsichert von der Situation schüttelte ich nur den Kopf. ,,Hab ich mir gedacht" sagte mein Freund selbstsicher und leerte die Flasche mit einem Schluck. Dann warf er sie achtlos beiseite und widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder mir. Er blickte mir tief in die Augen und schon wieder verspürte ich das starke Bedürfnis ihn zu küssen. Der Wein der Gefährten war definitiv etwas, das man nicht auf leeren Magen genießen sollte. Verschwörerisch musterte er mich und legte seine Hand unter mein Kinn, dann konnte ich mich nicht länger zurückhalten und drückte meine Lippen wieder auf die seinen. Rodrik schien das sehr zu gefallen, denn auch er hielt sich nicht zurück. Ich spürte einen sanften Biss an meiner Lippe und Rodrik flüsterte: ,,Alte Angewohnheit, entschuldigt." Kichernd legte ich meine Arme um ihn und wollte ihn wieder küssen, als er zu lachen begann und mich fest an sich drückte. Er legte seinen Kopf auf meinen und als ich begann zu realisieren, was wir gerade getan hatten, musste ich ebenfalls lachen. ,,Ach Saphir" seufzte mein Freund ,,ich liebe Euch mehr als es mir lieb ist, aber es ist wohl besser nicht herauszufinden, wo das Ganze hier noch hingehen würde." Ich schmiegte mich eng an ihn und erwiderte: ,,Ich liebe Euch auch Rodrik und gebe Euch recht. Nach allem was wir gemeinsam durchgemacht haben" ich hob vorsichtig meinen Kopf und sah ihn an ,,würde ich niemals riskieren wollen Euch zu verlieren." Rodrik lächelte gerührt, gab mir einen Kuss auf die Stirn und drückte mich wieder an sich. ,,Niemals werdet Ihr mich verlieren. Das ist ein Versprechen. So viele Jahrzehnte habe ich durchwandert, doch ein Leben ohne Euch kann ich mir nicht mehr vorstellen. Deshalb folge ich Euch, egal wohin der Weg uns führen wird" flüsterte er und ich hörte ein leises Schluchzen. Gerührt schmunzelte ich und entgegnete leise: ,,Ihr seid der wertvollste Freund den ich mir jemals hätte erträumen können. Ich bin Euch so unendlich dankbar. Unsere Begegnung damals in Markarth muss Schicksal gewesen sein, denn ein Leben ohne Euch kann ich mir auch nicht mehr vorstellen." ,,Lasst das bloß nicht Vilkas hören, der wird bestimmt eifersüchtig" kicherte Rodrik. ,,Vilkas hin oder her" meinte ich ernst ,,niemand, auch nicht Vilkas kann Euch ersetzen. Wenn ich mich noch einmal entscheiden müsste, mit wem ich mich der Ewigkeit entgegenstellen müsste, würde meine Wahl auf Euch fallen." ,,Also haben wir eine Abmachung?" fragte Rodrik scherzhaft. Fragend hob ich meinen Kopf und blickte meinem Freund in die feuchten Augen. ,,Wenn mir noch einmal das Geschenk der Ewigkeit zuteilwerden sollte, nehmt Ihr es ebenfalls an?" Ich grinste. ,,Immer noch Angst vor dem Altwerden?" ,,Nur vor dem Altwerden ohne Euch" erwiderte Rodrik bestimmt. ,,Ich verspreche es Euch" flüsterte ich verschwörerisch und gab meinem Freund einen letzten Kuss, bevor ich mich von ihm löste und sagte: ,,Sollten wir nicht langsam zu den anderen zurück?" ,,Ich wünschte es wäre anders" meinte Rodrik sehnsüchtig. Dann ergriff er meine Hand und gemeinsam machten wir uns auf den Rückweg zum Lagerfeuer.

Es war inzwischen schon dunkel geworden, als Rodrik und ich noch immer vom Wein benebelt die Feuerstelle erreichten. Das Feuer brannte allerdings nur noch ganz schwach und einer der Bosmer war akribisch dabei es mit seinem Fuß ganz auszutreten. Faenol kam uns besorgt entgegen und begrüßte uns mit den Worten: ,,Da seid Ihr ja wieder! Wir sollten unser Lager lieber nicht hier aufschlagen. Wir haben in der Nähe ein Banditenlager gesichtet. Außerdem wimmelt es hier in den Hügeln nur so von Wölfen." ,,Wie ist Euer Plan?" fragte ich ein wenig überrumpelt. ,,Lasst uns noch ein wenig hinabsteigen und dann Rast einlegen. Auf ein Feuer sollten wir sicherheitshalber verzichten. Seid Ihr damit einverstanden?" ,,Selbstverständlich bin ich das" entgegnete ich und Faenol lief augenblicklich zu den anderen Bosmern hinüber. Auch wenn ich mich nicht vor gewöhnlichen Banditen fürchtete, fühlte ich mich nach dem ganzen Wein nicht besonders kampffähig. ,,Kein Feuer?" gab Rodrik von sich und flüsterte mir dann verschwörerisch ins Ohr: ,,Dann wird es heute Nacht sicherlich etwas kuschelig." Ich lachte kurz auf und erwiderte: ,,Das will ich doch hoffen."

Nach etwas über einer Stunde hatten wir, zwischen ein paar Bäumen, eine geeignete Stelle für unser Nachtlager gefunden. Die Wirkung des Weines ließ langsam etwas nach, doch an ihre Stelle trat nun die Müdigkeit. Rodrik und ich suchten uns etwas abseits von den anderen einen geeigneten Schlafplatz. Wir machten es uns auf dem harten und kalten Boden so gemütlich wie möglich. Trotz der Erschöpfung sprachen wir noch eine ganze Weile miteinander über die Vergangenheit. Von unserer Flucht aus Markarth bis hin zum heutigen Tag. Irgendwann, als ich fast eingenickt war, legte Rodrik einen Arm um mich und ich schmiegte mich an ihn, bis ich fest einschlummerte.

Am nächsten Morgen wurden wir unsanft von Faenol geweckt. Ich löste mich widerwillig von Rodrik und richtete mich auf. Leider etwas zu schnell. Mein Kopf pochte. Der Wein hatte seine Spuren hinterlassen. Verlegen sah ich Rodrik an, der sich mit einem angestrengten Stöhner ebenfalls aufrichtete. Wir tauschten einen kurzen Blick aus. Die Erinnerung an den letzten Abend brachte mich zum Schmunzeln, hatte ich doch tatsächlich Rodrik geküsst. Auch Rodrik grinste schon wieder, während er sich den schmerzenden Kopf hielt. ,,Was ist denn mit Euch beiden los?" fragte Faenol besorgt. ,,Ach nichts, die Feierlichkeiten der Gefährten hängen uns wohl noch ein wenig in den Knochen" meinte ich schnell ,,aber macht Euch keine Gedanken. Wir können bald aufbrechen." Nach einem mageren Frühstück sammelten wir unsere Sachen zusammen und zogen weiter nach Osten. Als wir Ivarstatt passierten, nutzten Rodrik und ich die Gelegenheit uns ein wenig an dem Geirsee, der sich unweit des Dorfes befand, zu erfrischen, bevor wir weitermarschierten. Dann endlich, von der rötlichen Abendsonne beschienen, konnte ich die Wachtürme Riftons erblicken. ,,Bald haben wir es geschafft" rief ich den Männern meines Vaters zu. ,,Ich freue mich schon auf ein warmes Bett" seufzte Rodrik erleichtert neben mir ,,heute Nacht war es ja doch recht unkomfortabel." Vorwurfsvoll sah ich ihn an und sagte: ,,Ich habe mein Bestes gegeben, seid nicht so streng zu mir." Rodrik lachte nur und lief ein Stück vor.

Auch wenn ich mich freute, wieder in Rifton zu sein, wusste ich, dass die folgenden Tage nicht leicht für mich werden würden. Noch immer fürchtete ich die Reaktion der Gilde, doch irgendwie hatte ich ein gutes Gefühl. Ob sie wohl sehr überrascht sein würden, dass Rodrik und ich wieder sterblich waren? Bald schon würde ich es ja herausfinden. Auch wenn es nur wenige Wochen waren, in denen ich fort gewesen war, kam es mir beinahe vor wie ein halbes Lebensalter. Vieles hatte sich geändert und ich war nicht mehr dieselbe Person die Rifton noch vor kurzem mit Vilkas verlassen hatte.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt