Ende

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Seit dem Tag an dem Rodrik und ich nach Weißlauf zurückgekehrt waren und ich Vilkas von meiner Schwangerschaft berichtet hatte, war einige Zeit ins Land gezogen und auch der Konflikt zwischen uns dreien hatte sich wieder etwas gelegt.

Vilkas und ich hatten uns erst einmal darauf geeinigt Abstand zu halten, bis unser Nachwuchs das Licht der Welt erblicken würde, also waren Rodrik und ich nach Rifton zurückgekehrt, wo man uns verwirrt aber erfreut wieder in Empfang genommen hatte. Auch wenn ich nicht mehr die Gildenmeisterin war, konnten Rodrik und ich noch eine gute Weile in meinen alten Gemächern verweilen.

Kurz darauf entschieden wir uns dazu, unsere Liebe dem göttlichen Segen zu unterstellen und heirateten im Tempel von Mara. Wir hatten beschlossen, dass wir niemanden brauchten, der dieser Trauung beiwohnte, da es im großen und ganzen ja nur um uns beide ging. So waren die einzigen Gäste auf unserer Hochzeit Aela und Delvin, die zugleich als Trauzeugen fungierten. Danach feierten wir aber noch ein wenig in der Gilde.

Auch wenn ich noch immer Gefühle für Vilkas hatte, war ich mit Rodrik sehr glücklich. Er wusste zwar über meine Gefühlslage, jedoch störte ihn diese nicht im Geringsten. Er war einfach nur froh, dass ich seine Gefühle teilte und ihn liebte.

Doch war uns klar, dass es bald wieder komplizierter werden würde. Ein paar Wochen vor der Geburt kehrten wir nach Weißlauf zurück, da ich dort entbinden sollte. Selbstverständlich hatte Vilkas uns in Rifton abgeholt um uns sicher zu geleiten auf unserer Reise, was ich tatsächlich sehr begrüßt hatte, da es mir nicht sonderlich gut gegangen war. Die Schwangerschaft hatte es ganz schön in sich gehabt.

Zu meiner und unserer aller Überraschung brachte ich nicht nur einen gesunden Jungen sondern gleich zwei zur Welt. Zwillinge, genau wie ihr Vater einer war.

Vilkas wurde sanfter als die beiden auf der Welt waren. Man sah ihm deutlich an, wie stolz er war Vater zu sein.

Rodrik und ich bezogen, mit Unterstützung des Jarls und den Gefährten, eine kleine Mühle in den Ebenen von Weißlauf. Somit konnte Vilkas immer seine Kinder sehen und Rodrik und ich einer ehrlichen Beschäftigung nachgehen, um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten. Doch die räumliche Nähe zwischen uns beiden sorgte ebenfalls dafür, dass wir uns wieder näherkamen. Zwischen Vilkas und mir würde wohl für immer dieser Anziehung herrschen.

Für Rodrik war das Ganze kein Problem, im Gegenteil, er befürwortete es sogar. Das Leben sei zu kurz, so sagte er immer wieder, um Dinge zu bereuen, die man nicht getan hatte. Sein Verständnis von Liebe war im Allgemeinen ein viel freieres und schöneres als die meisten Bürger Himmelsrandes es betrachteten. So ließen wir uns gegenseitig unsere Freiheiten und lebten eigentlich fast genauso, wie wir es zuvor getan hatten. Mit dem feinen Unterschied, dass wir einander liebten und dieser Liebe öfter auch Ausdruck verleihen wollten.

Ich war glücklich eine eigene kleine Familie zu haben


,,Schreibt Ihr immer noch an diesem Tagebuch?" fragt Rodrik mich grinsend, als er zur Tür hineinkommt. Seufzend lege ich meine Feder zur Seite und entgegne: ,,Ich bin  fast fertig, aber Ihr müsst mich ja immer wieder unterbrechen!" Rodrik kichert schelmisch und drückt mir einen Kuss auf die Wange, bevor er eine Flasche Nordmed ansteuert, die im Regal steht.

,,Wo ist eigentlich Mara?" ,,Unsere Tochter ist mit Vilkas und den Zwillingen angeln" antworte ich ,,keine Ahnung was die Kleinen daran so spannend finden, aber ich bin froh, wenn ich mal eine ruhige Minute habe, um weiterzuschreiben."

Mara ist etwa zwei Jahre nach den Zwillingen geboren. Die Jungs sind inzwischen schon sieben Jahre alt, die Zeit ist wie im Flug vergangen. Anders als ihre Halbbrüder Nurelino und Kodlak, die Vilkas wie aus dem Gesicht geschnitten sind, ist Mara optisch eine Mischung zwischen Rodrik und mir. Die trägt mein dunkelrotes Haar und hat die grünen Augen ihres Vaters geerbt. Und natürlich sein Grinsen.

Auch wenn sie Rodriks Tochter ist, kümmert sich Vilkas gut um sie. Rodrik liebt die Zwillinge eben so sehr, als seien sie sein eigen Fleisch und Blut. Ich könnte nicht glücklicher sein. Natürlich hatte ich andere Pläne gehabt, doch meine Familie würde ich gegen nichts in der Welt eintauschen wollen.

,,Na dann hoffe ich ja zumindest, dass ich gut wegkomme in Eurer Geschichte da" meint Rodrik und lässt sich neben mich auf einen Holzstuhl fallen. Ich lächele verschwörerisch und erwidere: ,,Ich glaube Ihr seid der Einzige der da wirklich gut wegkommt." Dann lege ich meine Hand an seine Wange und ziehe sein Gesicht zu mir um ihm einen verliebten Kuss zu geben.

,,Sachte, sachte" grinst mein Ehemann, als wir uns voneinander lösen ,,ich bin doch gerade erst angekommen." ,,Na gut" flüstere ich und lehne mich wieder zurück. ,,Außerdem bin ich in keiner guten Stimmung heute" seufzt Rodrik und genehmigt sich einen Schluck aus seiner Flasche. ,,Ist was passiert?" frage ich besorgt. ,,Es ist ganz furchtbar" beginnt er, und ich höre schon an seiner theatralischen Tonlage, dass es nichts Ernstes sein kann ,,ich habe heute ein graues Haar entdeckt!" Schmollend fährt er sich durch sein inzwischen schulterlanges Haar.

,,Ihr seid eben einige Jahrzehnte älter als ich, Liebster. Da passiert sowas" lache ich nur und schließe mein Buch, in der Hoffnung, dass die Tinte schon getrocknet ist. ,,Vampirjahre zählen nicht" protestiert Rodrik ,,und außerdem scheint es Euch doch zu gefallen" fügt er neckisch hinzu. ,,Achja?" erwidere ich ungläubig. ,,Natürlich" sagt Rodrik nun wieder grinsend. ,,Ich sehe das vielleicht anders" entgegne ich. ,,Ich kann es Euch beweisen" grinst Rodrik, stellt seinen Met auf den Tisch und zieht mich in einen leidenschaftlichen Kuss.

,,Mama! Papa! Schaut mal was ich gefangen habe!" unterbricht uns die Stimme der kleinen Mara, die so eben durch die Tür gestürmt kam. Verlegen lösen Rodrik und ich uns voneinander und betrachten beeindruckt den dicken Lachs den unsere Tochter auf ihren kleinen Händen stolz präsentiert. ,,Aber bestimmt nicht alleine, oder?" fragt Rodrik neugierig. ,,Onkel Vilkas hat ein bisschen geholfen, aber ich habe ihn selber gefangen! Wirklich!" ruft sie laut, als ob die Lautstärke ihr mehr Glaubwürdigkeit verleihen würde.

,,Ich bin stolz auf Dich mein Schatz" sage ich und stehe auf um meiner Tochter den Fisch abzunehmen ,,möchtest Du, dass ich ihn Dir heute zum Abendessen bereite? Du darfst ihn auch ganz für Dich haben." ,,Au ja!" Mara nickt wild.

In diesem Moment Stürmen Nurelino und Kodlak mit jeweils einem Eimer Fisch in die Stube. Anscheinend war der Fang heute besonders gut. Als letzter tritt Vilkas durch die Tür und begrüßt uns knapp. Er legt die Angel neben die Tür und kommt auf mich zu.

,,Ich hoffe wir haben nicht zu viel Fisch mitgebracht" flüstert er und küsst mich sanft auf die Wange. ,,Blödsinn, zu viel gibt es nicht!" ,,Seid Ihr sicher?" fragt Vilkas verschwörerisch ,,Immerhin muss der hier nach dem Essen doch auch noch hineinpassen." Er greift in den kleinen Lederbeutel den er am Gürtel trägt und zieht einen Süßkuchen hervor. Ich muss breit lächeln und umarme Vilkas, noch immer den dicken Fisch in der Hand.

,,Papa! Papa!" rufen die Zwillinge und stürmen zwischen uns ,,Haben wir noch mehr Süßkuchen?" Auch Mara hat den Süßkuchen gesehen, und läuft schnell auf uns zu. Grinsend löse ich mich von Vilkas und lege den Fisch nun endlich auf den Tisch. Dabei legt Rodrik seine Hand auf die meine und sieht mich zufrieden lächelnd an.

,,Wisst Ihr" meine ich mit einem Lächeln ,,ich denke ich bin doch schon fertig mit meinem Buch."

Ich bin glücklich meine eigene kleine Familie zu haben. Mehr als glücklich. Wer hätte gedacht, dass ich eines Tages eine Mutter sein würde und dazu auch noch so unglaublich glücklich.

Wenn Rodrik und ich uns nie getroffen hätten, wer würde dann schon wissen, wie es stattdessen ausgegangen wäre? Mit dieser Frage will ich mich allerdings nicht mehr auseinandersetzten, und das muss ich auch nicht. Nie wieder.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt