Zielstrebig ritten wir durch die Abenddämmerung. Vier Tage waren wir nun schon unterwegs, doch unser Ziel war nicht mehr fern. Am Mittag waren – wie versprochen – einige Männer von Ulfric dazu gestoßen, angeführt von Ralof. In der rötlichen Abendsonne zog Einsamkeit an uns vorbei. Die Hauptstadt wirkte so friedlich – noch. Bald würde sie unter dem Schutt und der Asche des Krieges liegen, doch das war mir ehrlich gesagt unwichtig. Alles was ich wollte, war meine Rache. Vermutlich würde ich sowieso in der Schlacht fallen, dann konnte mir egal sein, ob der Bürgerkrieg zu meinen Gunsten ausgehen würde oder eben nicht. Ich konnte es kaum abwarten, endlich mein Schwert zu ziehen, es kribbelte schon in meinen Händen. ,,Es ist nicht mehr weit, in wenigen Stunden werden wir unser Lager aufschlagen!" rief Ralof nach hinten und trieb sein erschöpftes Pferd an. Er ritt mit mir und meinem Vater an der Spitze. Rodrik und Marelia waren dicht hinter uns. Im Morgengrauen wollten wir zuschlagen, bis dahin sollten wir am Fuß des Berges lagern, der Erholung und der letzten Vorbereitungen willen. Am liebsten würde ich einfach durchreiten, aber ich hatte eben nicht das Kommando. Je näher wir dem Gebirge kamen, desto kälter wurde es. Nach Einbruch der Dunkelheit begann es sogar leicht zu schneien, aber das machte mir nichts aus. Ich hatte nur ein Ziel und davon würde mich nichts oder niemand in der Welt abbringen. Wir hatten schon eine gewisse Höhe erreicht, als Ralof mit einem Handzeichen zu verstehen gab, dass wir die Stelle erreicht hatten, an der wir das Lager aufschlagen sollten. Neugierig schaute ich mich um, doch noch war nichts zu sehen. Natürlich, sonst würde der Feind uns ja auch lagern sehen. Gemeinsam mit Rodrik und Marelia sollte ich ein Zelt aufschlagen, in dem wir die Nacht verbringen könnten. Marelia und ich rollten den Stoff auseinander, während Rodrik mit Leichtigkeit die Holzpflöcke in den gefroren Boden steckte. Mit einem Seil konnten wir die Ecken des Zeltes damit verbinden. Um die Stücke zu kürzen nutzte ich Mercers Dolch, inzwischen natürlich von meinem Blut bereinigt und geschärft. Immerhin hatte er in mir gesteckt, da durfte ich ihn ja wohl behalten. Als das Zelt nach einigem Scheitern endlich stand, beschwerte Rodrik sich: ,,Warum müssen wir überhaupt bis morgen warten? Wäre es nicht schlauer sie im Schutz der Nacht anzugreifen?" ,,Nach dieser langen Reise brauchen die Männer meines Vaters ein paar Stunden Ruhe. Ein müder Geist kämpft nicht gut, ich weiß wovon ich rede" entgegnete ich während ich versuchte, Schnee aus dem Zelt zu schaffen. ,,Also ich brauche keinen Schlaf, von mir aus kann es losgehen" beharrte der Vampir. Marelia stöhnte angestrengt auf und erwiderte: ,,Ich seid ja auch schon lange nicht mehr lebendig, Volltrottel." Ich verdrehte nur meine Augen und kümmerte mich weiter darum, einigermaßen trockene Stellen für die Schlafsäcke zu schaffen. Schlafen können würde ich mit Sicherheit aber auch nicht, dazu musste man kein Untoter sein. Meine Befürchtung bewahrheitete sich kurze Zeit später. Während Marelia ein leises Schnarchen von sich gab und Rodrik gelangweilt aus dem Zelt hinausstarrte, wälzte ich mich einige Zeit unruhig hin und her, bis ich es ganz aufgab. Ich würde so oder so nicht schlafen können. Meine Rache lag nur noch wenige Stunden entfernt, wie sollte ich da ein Auge zutun? Jetzt, wo der Feind so nah war. Ich wandte mich aus dem Schlafsack. ,,Habt Ihr noch was vor?" flüsterte Rodrik gedämpft. ,,Ich geh nur etwas spazieren, ich kann nicht schlafen. Bleibt Ihr hier" entgegnete ich und legte mir leise meinen Harnisch an. Wer wusste schon, ob ich vor dem Angriff wieder ins Zelt zurückkehren würde, also bereitete ich mich lieber schon einmal vor. Ich griff meinen Helm und verließ nachdenklich das Zelt. Ein wenig angespannt fühlte ich mich doch. Ich hatte Angst zu scheitern, Alturiel durfte nicht triumphieren, und das würde er auch nicht. Selbst wenn das Heer meines Vaters geschlagen werden würde, sein Blut müsste fließen. Dafür würde ich sorgen. Ich lief zwischen den Zelten hindurch. Manche waren dunkel und man hörte nur ein Schnarchen, andere waren noch von Kerzenschein erhellt und man hörte Gelächter und das Geräusch von Krügen die aneinander stießen. Aus dem Zelt meines Vaters drang ebenfalls noch schwaches Licht, also beschloss ich, ihm einen Besuch abzustatten. Dort angekommen schob ich etwas Stoff beiseite. Er saß alleine auf einem kleinen Holzschemel und hatte eine Flasche Wein in der Hand. Als er mich bemerkte, lächelte er müde und meinte: ,,Könnt Ihr auch nicht schlafen?" Ich schüttelte meinen Kopf und setzte mich neben ihn im Schneidersitz auf das Gras. ,,Ist es nicht besser einen klaren Kopf zu haben, bevor man in die Schlacht zieht?" fragte ich zweifelnd und blickte auf die Flasche meines Vaters. ,,Glaub mir, Ihr könnt froh sein, wenn Ihr keinen habt. Kriegsmut kommt nicht von irgendwoher." Ich zog eine Augenbraue hoch und entgegnete: ,,Habt Ihr Angst?" Seufzend sah er mich an. In seinen Augen lag ein Schatten. ,,Euch zu verlieren." Ich schluckte und senkte meinen Blick. ,,Wir können nicht wissen, ob es für uns ein danach gibt, das kann man nie. Am liebsten würde ich Euch gar nicht erst in die Schlacht ziehen lassen, aber ich weiß, wie wichtig Euch das ist. Saphir, Ihr hängt momentan nicht sonderlich am Leben, doch bitte versprecht mir, dass Ihr Euch nicht vorsätzlich in Gefahr begebt." Ich zuckte mit den Schultern und rupfte einen feuchten Grashalm aus. ,,Saphir bitte" seine Stimme begann zu beben ,,ich kann Euch nicht auch noch verlieren." Unsicher warf ich ihm einen Blick zu. Seine Miene war noch düsterer als zuvor. Ich nickte langsam. ,,Sagt es, bitte. Wenn schon nicht um meinet Willen, dann wenigstens für Eure Mutter. Sie würde nicht wollen, dass Ihr in blinder Wut Euer Leben lasst." Ich wusste, dass er recht hatte. Versuchen könnte ich es zumindest. ,,Ich verspreche es, Vater." Seine Lippen formten sich zu einem müden Lächeln und er nahm einen Schluck aus der Flasche. Stumm reichte er sie mir und ich trank ebenfalls daraus. Eine Weile schwiegen wir, dann fragte Nurelino: ,,Denkt Ihr noch oft an sie?" Noch einmal nippte ich an der Flasche und erwiderte: ,,Weniger als mir lieb ist, aber oft. Ihr?" Traurig starrte mein Vater in die Ferne. ,,Mit jedem Atemzug. Ich kann nicht glauben, dass sie schon so lange fort ist." Es schien ihm tatsächlich noch immer sehr nah zu gehen. Würde ich wohl jemals Brynjolf vergessen können? Ich wusste nicht viel über die Beziehung meiner Eltern, aber sie hatten sich wohl sehr geliebt. ,,Jetzt ist der Augenblick gekommen, an dem wir unsere Gerechtigkeit schaffen können. Für Mama!" sagte ich bestimmt während ich die Flasche hob und daraus trank, dann gab ich sie Nurelino. ,,Ja, für Mama" flüsterte er abwesend und nahm auch einen Schluck zu sich. Wahrscheinlich waren er und ich gar nicht mehr so verschieden. Wir beide trauerten unseren Geliebten nach und würden lieber Tod sein, als dieses Leid noch weiter zu ertragen. Ich hatte großen Respekt vor ihm, dass er bis jetzt am Leben geblieben war. Meine Mutter war nun schon so viele Jahre fort und trotzdem funktionierte er. ,,Saphir? Könnt Ihr mir einen Gefallen tun?" fragte er schließlich. ,,Worum geht es?" entgegnete ich neugierig. ,,Könntet Ihr mir von Euer Kindheit mit Ihr erzählen?" Ich nickte mit einem traurigen Lächeln. So begann ich zu erzählen, ab und zu brauchte ich dabei einen Schluck Wein. Die Erinnerungen schmerzten noch immer, aber jeder Schmerz bestärkte nur meine Entschlossenheit zu kämpfen. Meinem Vater ging es da scheinbar ähnlich. Lange sprachen wir, lachten und weinten, tranken. Irgendwann flocht er mir sogar das Haar, wie die Krieger aus Valenwald es tragen würden, wenn sie in eine Schlacht zogen. Als ich schon müde vom Wein war und mich gerade verabschieden wollte um doch noch etwas Ruhe zu bekommen, stürmte plötzlich Rodrik ins Zelt. ,,Verdammte Scheiße!" in seinem Gesicht lag Panik. Noch nie zuvor hatte ich den Vampir so erlebt. Sofort stand ich auf und fragte: ,,Was ist los Rodrik? Wurden wir angegriffen?" Intuitiv legte ich die Hand an den Griff meines Schwertes. Er schüttelte hastig den Kopf. ,,Es tut mir so leid, ich hatte Durst und bin Jagen gegangen. Ich weiß nicht wie lange schon, aber Marelia ist abgehauen und sie hat ein Pferd mitgenommen!" Hilflos sah er zwischen meinem Vater und mir hin und her. ,,Ihr meint, dass" begann ich, doch Rodrik fiel mir schon ins Wort ,,Ganz sicher. Wie konnte ich so blind sein?" Nun war ich wieder hellwach. Mein Vater hatte sich inzwischen ebenfalls erhoben und hielt sich leise fluchend eine Hand an den Kopf. ,,Was wird aus unserem Plan?" fragte er schließlich unruhig. Nachdenklich ließ ich meinen Blick durch den Raum wandern. Marelia hatte uns also verraten. Ich hatte ihr von Anfang an misstraut, aber dass sie uns so kurz vor dem Ende den Rücken zukehrte, damit hatte ich nicht mehr gerechnet. Sie hatte so unauffällig gewirkt. Wahrscheinlich war genau das ihre Intention gewesen. Hoffentlich hatte sie Alturiel noch nicht erreicht, wenn doch musste ein Plan her, und zwar schnell. Schweren Herzens fasste ich eine Entscheidung und verkündete: ,,Hört zu. Ich habe eine Idee."
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Saphir [~Vilkas FF]
FanfictionSechs Jahre nachdem ihre Mutter gewaltsam ermordet und sie selbst entführt worden war, gelingt es der jungen Waldelfe Saphir sich aus der Gefangenschaft der Thalmor zu befreien. Zurück in der Freiheit muss sie jedoch merken, dass sie von nun an auf...