Dem Verräter auf der Spur

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,,Ich fühle mich immer noch unwohl bei dem Gedanken, Euch auf dieser Reise nicht zu begleiten" meinte Rodrik während er mir half, einen braunen Stoffbeutel mit einigen Vorräten am Sattelzeug zu befestigen. ,,Irgendjemand muss ja meinem Vater Bescheid geben, wir können Marelia schwer alleine loschicken" entgegnete ich und warf der Hochelfe, die mit verschränkten Armen an der Stadtmauer lehnte, einen verstohlenen Blick zu. ,,Außerdem" fuhr ich fort ,,sind wir zu dritt, Mercer allein. Wir haben den Bund mit Nocturnal erneuert, er ist bei ihr in Ungnade gefallen." ,,Unterschätzt Mercer nicht" fiel Brynjolf mir ins Wort ,,er hat uns schon einmal getäuscht, wir sollten auf alles vorbereitet sein." ,,Das sehe ich genauso, er will unser Blut an seiner Klinge sehen und verhindern wollen, dass er seine ewige Strafe im Reich des Vergessens antreten muss" fügte Karliah hinzu, die sich uns mit einem dunklen Ross an den Zügeln näherte. Rodrik und Marelia mussten sich ein Pferd teilen um zu meinem Vater zu gelangen, da wir Brynjolf das von Marelia zur Verfügung stellen mussten. Karliah hatte vielleicht recht, aber ich war mir sicher, dass wir Mercer besiegen konnten. Danach stand nur noch der Bürgerkrieg zwischen mir und meinem Glück. Alles würde gut werden. ,,Genug herumgetrödelt, wir sollten jetzt aufbrechen. Mercer ist uns schon einige Tage voraus. Auch wenn wir mit den Pferden deutlich schneller unterwegs sind, dürfen wir keine Zeit mehr verlieren" sagte Karliah in einem strengen Ton und nahm auf dem Rücken ihres Pferdes Platz. Seufzend blickte ich zu Rodrik. ,,Es ist wohl soweit, schnappt Euch Marelia. Einen Teil der Wegstrecke teilen wir uns ja zumindest." Widerwillig nickte er und schaute kurz noch einmal misstrauisch zu Brynjolf hinüber, bevor er sich Marelia zuwandte und ihr andeutete, auf das widerwillige Pferd zu steigen. ,,Er soll sich keine Sorgen machen, ich werde Euch sicher zurückgeleiten. Das schwöre ich bei meinem Leben" flüsterte Brynjolf mir zu. Er gab mir einen zarten Kuss, dann stieg auch er auf und ich tat es ihm gleich. Nachdem nun auch Rodrik und Marelia nach einigen Schwierigkeiten aufsaßen, gab Karliah das Kommando und wir galoppierten los. Immer Richtung Norden. Das kalte Wetter fehlte mir auf keinen Fall, aber Karliah hatte uns versichert, dass die dünnen Nachtigallenrüstungen uns wärmer halten würden, als sie zunächst vermuten ließen. Diese ganze Geschichte mit Nocturnal war mir irgendwie unheimlich, aber was geschehen war, war geschehen. Brynjolf und ich waren doch für einander bestimmt, ich hätte ihn niemals alleine diesen Bund eingehen lassen können. Außerdem hatte ich auch nichts dagegen, Mercer einmal alle Gemeinheit zurückzuzahlen, mit der er mir immer begegnet war. Sicherlich war er immer ein guter – wenn auch hinterhältiger – Geschäftsmann gewesen, aber einfühlsam oder hilfsbereit konnte man ihn nicht gerade nennen.

Gegen Mittag trennte sich unsere Gruppe. Rodrik und Marelia ritten nach Nordosten, während wir uns eher westlich hielten. Rodrik hatte sich mit einer letzten Drohung an Brynjolf verabschiedet, er würde ihn seines gesamten Blutes berauben, wenn mir etwas zustieße. Am späten Nachmittag machten wir eine Rast am Dunkelwasserfluss, der aus dem Norden in einem kleinen See bei Rifton mündete. Nachdem wir abgestiegen waren und die Pferde an das Wasser geführt hatten, machten diese sich sofort daran, ihren Durst zu stillen. Schnell wollte ich noch etwas Brot aus meiner Vorratstasche ziehen, als Brynjolf mir auf die Schulter tippte. ,,Wie ich Euch kenne, ist Euch das hier doch sicher lieber" lächelnd überreichte er mir einen kleinen Süßkuchen. Grinsend brach ich ihn in zwei Hälften und gab ihm die eine. ,,Ich will Euch Eure romantische Stimmung ja nicht nehmen, aber wir sollten überlegen, wie wir weiter vorgehen" meinte Karliah und warf uns einen ungeduldigen Blick zu. Seufzend biss ich in den süßen Teig und nickte. Nachdenklich musterte Karliah die Pferde. ,,Wenn die Ausdauer der Tiere es zulässt, sollten wir versuchen morgen noch vor Sonnenaufgang die Ruine zu erreichen. Wir müssen so viel von Mercers Vorsprung wieder einholen wie möglich." ,,Die Frage ist doch eher ob unsere Ausdauer das zulässt!" entgegnete Brynjolf laut ,,Immerhin müssen wir in eine Dwemerruine, voll mit Fallen und alten Konstrukten, die uns nach dem Leben trachten. Von den Falmern gar nicht erst zu sprechen. Ein müder Geist wird uns in diesen Gemäuern das Leben kosten!" Sicherlich hatte Brynjolf recht. Ich wusste dank meiner langen Gefangenschaft in Festung Unterstein, wie die Kampfmaschinen der Zwerge aussahen. Von kleinen Metallspinnen bis hin zu großen Zenturien hatte ich alles schon einmal gesehen. Sie waren nicht mehr Kampffähig gewesen, aber Alturiel hatte sich einen Spaß daraus gemacht, sie mir ab und an vorzuführen und mir anzudrohen, er würde sie wieder zum Laufen bringen, wenn ich nicht gehorchen sollte. Allein der Anblick dieser Konstrukte ließ mir schon einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen. Jetzt müssten wir wohlmöglich gegen eben solche im Kampf antreten. Hoffentlich hatte Mercer schon ein wenig aufgeräumt, sodass wir eigentlich nur einer Spur aus Metallplatten und Zahnrädern folgen müssten. ,,Wollt Ihr lieber hier draußen nächtigen, riskieren, dass wir von Banditen oder wilden Tieren überfallen werden? Wir sollten uns wenigstens bis zu der Ruine durchschlagen und es uns in einer dunklen Ecke gemütlich machen. Dann könnt Ihr meinetwegen auch ein paar Stunden schlafen" erwiderte Karliah gereizt. ,,Ihr wollt neben diesen Todesmaschinen schlafen?" fragte Brynjolf ungläubig. Unsicher wich ich einen Schritt zurück. In einer Dwemerruine schlafen? ,,Vertraut mir Brynjolf. Mercer wird sicher schon einige Fallen ausgelöst haben, wenn er wirklich da drin ist. Selbst ein erfahrener Dieb wie er schafft es nicht ganz unbemerkt da hindurch zu kommen. An den Falmern kann er sich vielleicht vorbeischleichen, sie sind ja auch blind, aber die Maschinen sind nicht so leicht zu täuschen" beharrte Karliah und warf Brynjolf einen eindringlichen Blick zu. Lieber wollte ich auf Brynjolfs Seite sein, ich wollte nicht in so einer Ruine schlafen. Die Hitze, die Dunkelheit, das beklemmende Gefühl... ,,Ich kann das nicht" murmelte ich kaum hörbar. ,,Habt Ihr was beizutragen?" fragte Karliah gereizt. Ich schüttelte nur den Kopf. ,,Saphir, was denkt Ihr? Sollten wir durchreiten?" Brynjolf sah mich fordernd an. Ich zuckte mit den Schultern und entgegnete: ,,Hauptsache, wir sind bald wieder da raus." ,,Dann sollten wir uns bald wieder auf die Pferde schwingen" antwortete Karliah zufrieden. Brynjolf warf ihr nur einen finsteren Blick zu.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt