Die Aufnahmeprüfung

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Nun waren schon wieder einige Wochen vergangen in denen nicht sonderlich viel passiert war. Vilkas verzweifelte weiterhin an meinen nicht vorhandenen Schwertkünsten, Farkas hielt mich bei Laune und man stellte mir noch Skjor, ein weiteres Mitglied des inneren Zirkels der Gefährten vor. Auch er schien wie Vilkas eher ein mürrischer Geselle zu sein, er war allerdings deutlich älter als die Zwillinge. Ich sah nicht viel von ihm, oft war er mit Aela auf der Jagd oder wieder in hitzige Diskussionen verwickelt. Seit dem Vorfall mit den Thalmor war Vilkas etwas freundlicher geworden, aber bald schon verwandelte sich sein leichtes Mitleid wieder in Abneigung, besonders wenn es ums Training ging. Seiner Meinung nach hatte ich noch immer nichts bei den Gefährten verloren, aber Farkas machte mir aber Mut. Wenn ich mich erst einmal bewiesen hätte, würde auch Vilkas mir bald etwas Anerkennung zollen.

Heute war es so weit, heute sollte ich meinen ersten Auftrag erledigen. Skjor hatte mir befohlen, ein Banditenlager in der Nähe von Weißlauf zu säubern. Der Jarl persönlich habe die Gefährten darum gebeten. Da ein Alleingang wohl einem Selbstmordkommando gleichkäme, durfte ich mir Vilkas oder Farkas als Schildbruder aussuchen. Natürlich habe ich mich sofort für Farkas entschieden, der begeistert schien, mich auf meinem ersten Auftrag begleiten zu dürfen. Wie Vilkas berichtet hatte, war es in letzter Zeit recht still in und um Weißlauf geworden was Thalmorsichtungen anging, und von meiner Wunde war nun kaum mehr übrig als eine hässliche, wulstige Narbe. Also war es an der Zeit. Am frühen Nachmittag brachen Farkas und ich auf, nachdem wir noch eine Kleinigkeit gegessen hatten. Leider musste ich noch immer die halb verrottete Lederrüstung und die erbeuteten Waffen tragen, aber Farkas versicherte mir, dass ich, sobald ich aufgenommen wäre, deutlich bessere Ausrüstung erhalten würde.

Um nicht den Augen der Bürger von Weißlauf ausgesetzt zu sein, verließen wir die Stadt durch die sogenannte Tiefenschmiede, eine kleine Höhle die sich unterhalb der sagenumwobenen Himmelsschmiede befand, welche sich direkt an den Hof der Gefährten anschloss. Nachdem wir diese passiert hatten, liefen wir einige Meilen nach Nordosten, bis wir ein paar felsige Hügel in der Ferne erblicken konnten.

,,Skjor hat es in etwa so beschrieben" murmelte Farkas und kniff prüfend die Augen zusammen. Schon wurde ich ein wenig nervös, ich fürchtete mich sehr vor dem Scheitern, war allerdings sehr erleichtert, dass ich den großen Nord bei mir hatte. Wenn er wollte, konnte er sicherlich reichlich Schaden austeilen. Seine gepanzerte Stahlrüstung und sein großer Zweihänder beruhigten mich ein wenig und wiegten mich in Sicherheit. Farkas würde mich sicher nicht sterben lassen. ,,Habt Ihr Angst?" fragte er mich mit großen Augen. Ich schüttelte den Kopf. ,,Mit Euch als Schildbruder sicher nicht. Ich bin bloß immer noch nicht sonderlich talentiert mit dem Schwert, was wenn sie mir zu nahkommen?" Farkas lachte auf. ,,Dann werdet Ihr dafür sorgen, dass sie Euch fernbleiben. Ihr habt genug Pfeile im Köcher um zwei Dutzend zu erlegen. Trefft sicher, dann habt Ihr auch sicher kein Problem. Währenddessen werde ich so einige Köpfe von ihren Körpern trennen. Ich bin nicht der Schlauste, das weiß ich. Aber wenn mir irgendjemand blöd kommt, spreche ich deutlich die Sprache der Gewalt. Diese Banditen werden ein Kinderspiel sein, vertraut mir. Sie kämpfen ohne jegliche Koordination." Ermutigend lächelte er mir zu während wir uns den Hügeln näherten. Sicherlich hatte er recht, bald schon würden wir wieder zurück in Weißlauf sein und auch Vilkas müsste mich dann endlich akzeptieren. Es wäre eine große Ehre bei den Gefährten aufgenommen zu werden. Hoffentlich würde dieses eine Mal in meinem Leben alles gut laufen. ,,Es riecht nach verbranntem Holz und Wildbret, wir sind bald da" sagte Farkas bestimmt. Ich konnte keinen Geruch vernehmen, anscheinend hatte Farkas wohl eine empfindlichere Nase als ich. Angespannt nahm ich schon einmal meinen Bogen von meinem Rücken und strich über das raue Holz. Ich konnte es kaum abwarten, bald endlich einen hochwertigeren Bogen zu führen. Nun machten wir uns daran, einen der Hügel zu erklimmen. Hinter ihm lag eine hohe Felswand, Skjor hatte die Banditen irgendwo hier vermutet, da es ein leichtes war, sich in einer Felsspalte oder gar einer Höhle zu verstecken. Banditen waren feige Gesellen. Sie griffen Hauptsächlich aus dem Hinterhalt an und brauchten daher sichere Verstecke, oder manchmal sogar Fallen. Farkas schien eine Fährte aufgenommen zu haben. Ich wusste zwar nicht, wie er das tat, aber sein Orientierungssinn war ziemlich beeindruckend. Der Hügel wurde immer steiler und bald mussten wir fast schon klettern. Nun vernahm ich Stimmen und den Geruch von angebratenem Fleisch, vermutlich waren wir nun ganz nah am Lager dran. Mein Herz klopfte und ich umklammerte den Bogen in meiner Hand immer fester. Farkas kam näher an mich heran und flüsterte: ,,Ich stürme gleich auf sie zu. Ihr folgt mir so lautlos wie möglich und erlegt die Gegner aus der Ferne, verstanden?" Nervös nickte ich. Farkas griff nach seinem großen Zweihänder und zischte: ,,Los geht's!" Rasch sprintete er die restliche Anhöhe hinauf, ich folgte ihm hastig und blieb kurz stehen, als ich hörte, dass die Banditen seine Anwesenheit bemerkt hatten. Mit einem lauten Kampfschrei stürmte Farkas wohl auf die Angreifer zu. Ich atmete tief durch und zog einen Pfeil aus meinem Köcher. Schnell lief ich ebenfalls auf die Anhöhe. Ich fürchtete mich zwar davor, falls es zu viele waren, aber Farkas Kampfgeist beruhigte mich zumindest ein wenig. Oben angekommen erblickte ich schnell einen kleinen Fels auf den ich mich stellte. Vor mir spielte sich fast schon ein Blutbad ab. Farkas war ein begnadeter Krieger und konnte deutlich mehr als bloße Verteidigungsstrategien. Banditen fielen zu Boden wie die Blätter im Herbst. Dennoch kamen aus einer kleinen Höhle in der Felswand immer mehr Männer durch eine spärliche Holzstür, ich durfte ihnen keine Chance geben Farkas niederzustrecken. Noch war ich nicht bemerkt worden, also legte ich schnell den Pfeil auf die Sehne, spannte meinen Bogen und versenkte ihn erfolgreich in der Brust einer der angreifenden Männer. Hastig zog ich einen nächsten Pfeil und zielte auf einen weiteren Angreifer, dieses Mal traf ich den Hals, krächzend ging er zu Boden wie die Wache in Markarth damals. Schweiß lief meine Schläfen hinunter, mir blieb kaum Zeit nachzudenken, ich zitterte noch etwas, als ich den dritten Pfeil versenkte. Jetzt hatten mich einige Banditen bemerkt, doch Farkas trennte schon einem von ihnen, wie angekündigt, den Kopf ab. Trotz seiner Stärke hatte ich bald das Gefühl, dass die Banditen in der Zahl nicht abnahmen. Aus der Höhle stürmte gerade ein Bosmer, der schon mit seinem Bogen auf mich zielte. Schnell wich ich aus, der Pfeil streifte mich zum Glück nur am Bein, doch brachte er mich aus dem Gleichgewicht. Ich kippte nach hinten um und versuchte mich an der Kante des Felsens festzuhalten, doch vergeblich. Mir fiel der Bogen aus der Hand und ich rutsche weiter den steinigen Hügel hinunter. Kleine scharfe Kanten schürften sowohl meine Knie, als auch meine linke Wange auf. Es brannte stark, doch ich riss mich zusammen und konnte mich gerade noch so festhalten, bevor ich den ganzen Hügel hinunterrutschen und das Schlachtfeld verlassen würde. Stöhnend zog ich mich hoch und kroch zu meinem Bogen. Gerade als ich danach greifen wollte, durchfuhr ein drückender Schmerz meine Hand. Ein beschlagener Pelzstiefel drückte sie fast schon in die Erde. ,,Damit könntet Ihr vielleicht jemandem wehtun" höhnte eine Männerstimme. Ängstlich sah ich hinauf, ein grimmig schauender Dunkelelf stand vor – oder besser gesagt – auf mir und hielt mir eine rostige Klinge entgegen. Wo war Farkas? Er hatte doch versprochen auf mich aufzupassen. Hoffentlich hatten ihn die Banditen nicht überrannt. Ich konnte nur wirres Kampfgeschrei vernehmen, es waren zu viele Stimmen. Panisch versuchte ich meine Hand zu befreien, doch der Dunmer verlagerte bloß noch mehr Gewicht darauf, sodass ich vor Schmerz aufschrie. ,,Nein, Ihr bleibt hier, kommt ja nicht auf dumme Gedanken. Wir machen uns jetzt eine schöne Zeit und dann steche ich Euch ab wie eine Sau. Wer kommt überhaupt auf die Idee ein Weib zu den Waffen zu rufen. Das ist ja eher ein Geschenk für uns, als eine Bedrohung." Wütend sah ich ihn an. Mir musste schnell eine Idee kommen, sonst wäre es aus. Ich hatte auch ganz sicher kein Interesse daran, dass dieser widerliche Bandit sich mir aufzwang bevor er mich töten wollte. Meine linke Hand war noch frei, vielleicht käme ich noch an mein Schwert. Rasch umfasste ich den Griff und zog es hevor, sodass ich meinen Angreifer am Bein erwischen könnte. Schmerzerfüllt schrie er auf und hob seinen Fuß an, sodass ich meine Rechte befreien und mich aufrichten konnte. Ich hatte ihm einen tiefen Schnitt versetzt, jedoch war er schnell wieder bei Besinnung und schwang sein Schwert wütend in meine Richtung. Ich wich schnell aus und nahm das Schwert in meine rechte Hand, damit ich es einfacher führen konnte. Doch schmerzte diese sehr, weswegen es kein Kunststück war, mir die Waffe zu entwenden, wie der Dunmer es tat. Ich wollte noch nicht aufgeben, nein, ich wollte leben. In meinem Kopf hörte ich Vilkas' Worte. Er traute mir nichts zu, ich musste ihn vom Gegenteil beweisen, also musste ich ihn wiedersehen. Das ging nur, wenn ich jetzt stark war. Mit einem Schrei stürzte ich mich auf den Dunmer, sodass wir beide zu Boden gingen. Ich schlug ihm ein paar Male ins Gesicht, doch er war schneller und drehte den Spieß um. Mein linkes Auge durfte seine schmutzigen Faust zu spüren bekommen und so lag ich bald schon wieder auf dem Rücken. Ich wollte nicht sterben, nicht heute. Mein Atem wurde immer schneller während ich versuchte den Banditen von mir zu drücken. ,,Es ist zwecklos, hört auf Euch zu wehren, vielleicht macht es Euch ja auch Spaß" höhnte er. Ganz sicher nicht, lieber sollte er mich direkt töten. Noch immer versuchte ich verzweifelt mich zu wehren, als ich etwas Schwarzes aus dem Augenwinkel vernahm. Ich hörte ein lautes Knurren, verängstigt ließ der Dunmer von mir ab und wollte sich erheben, als das schwarze Ding ihn in Sekundenschnelle von mir riss. Es war wie damals in den Ebenen von Weißlauf. Schnell stand ich auf und griff nach meinem Bogen, der unweit von mir lag. Zum Glück hatte ich noch einige Pfeile im Köcher. Mein Angreifer wurde von dem großen schwarzen Ding zerfetzt. Das war doch wieder ein Wolf. Ich spürte das Verlangen wegzulaufen, obwohl ich nicht das Gefühl hatte, dass der Wolf mich bedrohen würde. Er hatte mir immerhin schon einmal das Leben gerettet. Waren das die Göttlichen, die mir jedes Mal einen Schutzgeist sandten wenn ich mich in Lebensgefahr befand? Einige Augenblicke beobachtete ich noch den Wolf, der gerade dem fast leblosen Dunmer den Kopf abriss. Dann wandte ich mich ab und sprintete zum Schlachtfeld.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt