Eine neue Hoffnung

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Mühsam hob ich meine schweren Lider und musste ein paar Male blinzeln, bevor ich realisierte, wo ich mich befand und was geschehen war. Ich lag auf dem Rücken in dem kleinen, schummrigen Raum der Herberge in die wir gestern Nacht noch eingekehrt waren. Ich drehte mich zur Seite und musterte Rodrik, der mir den Rücken zugewandt hatte und ruhig atmete. Ein kleines Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen bei dem Anblick meines schlafenden Freundes. In all der Zeit in der wir uns gekannt hatten, hatte er sich kein einziges Mal zur Ruhe legen müssen, doch nun war er genauso sterblich, wie ich es damals gewesen war und auch nun wieder sein durfte. So friedlich Rodrik auch aussah, vermutlich kämpfte er gerade gegen seine inneren Dämonen, wie ich es bis zu meinem Aufwachen auch noch getan hatte. Die Vergangenheit hatte mir in meinen Träumen einen Besuch abgestattet, den ich erst einmal wieder verarbeiten müsste, doch zu meinem Glück erinnerte ich mich nur noch an wenig. Auch wenn ich meine Alpträume nicht vermisst hatte, war ich unglaublich dankbar, dass Vilkas mir mein Leben zurückgeschenkt hatte. Der Werwolf hatte den Vampirismus intensiv studiert nur um mir zu helfen. Weil er mich liebte, hatte er nicht aufgegeben bis er eine Heilung gefunden hatte. Weil er mich liebte, war ich nun wieder sterblich. Es tat mir nun noch mehr leid, dass ich seine Gefühle nicht erwidern konnte, da meine Gedanken noch immer Brynjolf galten. Vilkas war mir nicht egal, ganz im Gegenteil. Mit einem leisen Stöhnen setzte ich mich auf und musste mir sofort an die Schläfen fassen. Mein Schädel pochte und schmerzte, meine Kehle fühlte sich so trocken an wie lange nicht mehr, dazu schien sich alles noch ein wenig zu drehen, wie am gestrigen Abend. ,,Alles in Ordnung?" hörte ich Rodrik leise hinter mir und warf ihm einen müden Blick zu. Als ich in seine grünen Augen sah, erschrak ich beinahe. Fast hatte ich vergessen, dass ich wohl nie wieder in die vertrauten roten Augen meines Freundes sehen würde, aber das Grün hatte etwas Lebendigeres, auch wenn seine Lieder von den nächtlichen Sentimentalitäten noch gerötet waren. ,,Vielleicht war es nicht die beste Idee, nach einer so langen Abstinenz so viel Met zu trinken" seufzte ich, während Rodrik sich neben mich setzte und sich ebenfalls den Kopf hielt. ,,Hat zumindest beim Schlafen geholfen" murmelte mein Freund und schenkte mir ein müdes Lächeln ,,wie lange haben wir überhaupt geschlafen?" Ich zuckte mit den Schultern und entgegnete: ,,Keine Ahnung, aber wir sollten uns bald auf den Weg nach Weißlauf machen." ,,Ohne Ring?" fragte Rodrik verwirrt. Bestimmt sah ich ihn an und meinte: ,,Ich habe nicht das Gefühl, dass wir in so einem Zustand fähig sein werden, in das Langhaus des Jarls einzudringen und dort unbemerkt ein Schmuckstück zu entwenden. Außerdem läuft uns die Zeit weg." Prüfend musterte mein Freund mich und verschränkte die Arme. ,,Was meint Ihr damit?" Seufzend erwiderte ich: ,,Ich werde es Euch erklären, aber lasst uns erst einmal zusehen, dass wir ein wenig Wasser auftreiben können und hier rauskommen." Nachdenklich fuhr Rodrik sich durch sein dunkles Haar und fragte: ,,Meint Ihr nicht, dass wir dem Ruf der Gilde unnötig schaden, wenn wir den Auftrag nicht ausführen?" Ich schüttelte den Kopf, der daraufhin nur noch mehr pochte, und sagte: ,,Der kleine Kaufmann aus Weißlauf wird uns nicht schaden, das versichere ich Euch. Wir denken uns einfach eine schöne Geschichte aus und gut ist. Natürlich wird er darüber nicht begeistert sein, aber was will er tun? Außerdem haben wie die paar Goldmünzen wirklich nicht nötig. Ich denke Brynjolf hätte genauso gehandelt." Bei dem letzten Satz biss ich mir auf die Lippe und erhob mich etwas zu schnell, sodass mir beinahe etwas schwarz vor Augen wurde. ,,Wasser" murmelte Rodrik, der mich von hinten umfasste und die Tür ansteuerte. ,,Ohja, Wasser" flüsterte ich leise. Gemeinsam liefen wir zum Tresen, an dem nun anstatt einer grimmigen Frau ein gelangweilter Nordmann stand und uns mehr oder weniger freundlich begrüßte. Wir bestellten zwei große Krüge Wasser bei ihm, die wir dankbar hinunterstürzten. Zum Essen war uns noch nicht zumute, für den Marsch nach Weißlauf aber ließen wir uns zwei kleine Brote und zwei Phiolen, die mit Wasser gefüllt waren, mitgeben. Als wir wieder zurück in unser Zimmerchen gingen um unsere Ausrüstung zu holen, fühlten wir uns schon deutlich besser.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt