Bittersüße Melancholie

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Am nächsten Morgen war mir schon wieder übel. Vorsichtig richtete ich mich auf. Rodrik war schon dabei sich anzuziehen und lächelte mir vergnügt zu, als er sah, dass ich erwacht war. ,,Gut geschlafen?" fragte er neckisch während er sich sein Hemd überstreifte. ,,Erstaunlich gut" erwiderte ich knapp und setzte mich auf die Bettkante. Ich hob mein dunkelblaues Oberteil auf und begann ebenfalls mich anzukleiden.

Ich bereute die letzte Nacht nicht, dennoch wusste ich nun nicht recht mit der Situation umzugehen. Auch wenn ich Rodrik nach all der Zeit gut kannte, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen, wie er nun mit mir umgehen würde. Meine Intuition jedoch sagte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsste. Wir hatten schon Schlimmeres durchgestanden. Außerdem hatte Rodrik ja gewusst, dass ich noch etwas für Vilkas übrig habe, als er sich auf die Nacht mit mir eingelassen hatte. Die letzten Tage und Wochen hatten einfach zu viele Eindrücke und Gedanken in mir hinterlassen, hoffentlich würde bald Ruhe einkehren. Ich hatte keine Ahnung, was ich genau wollte, doch vielleicht würde ich das bald herausfinden können.

,,Ich auch" entgegnete Rodrik mit einem Zwinkern, als er sich die Stiefel angezogen hatte. Verlegen sah ich zu Boden und streifte mir meine Hose über. Mir war immer noch ziemlich flau im Magen. ,,Wisst Ihr?" meinte Rodrik verschwörerisch und nahm neben mir Platz ,,Ich hatte schon fast nicht mehr damit gerechnet, dass es noch passieren würde." Irritiert schaute ich ihn an und fragte: ,,Wie meint Ihr das?" Mein Freund seufzte, dann begann er zu grinsen und erläuterte: ,,Ach, ich finde einfach nur, dass das heute Nacht schon lange überfällig war." Er drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. ,,Rodrik, ich" begann ich verunsichert, doch wurde die Übelkeit urplötzlich stärker und ich hatte bald das Gefühl, dass das Festmahl vom gestrigen Tag seinen Weg nach draußen suchen wollte.

Angestrengt hielt ich mir die Hand vor den Mund und deutete Rodrik mit den Fingern an, er solle die leere Kiste unter dem Bett hervorziehen. Währenddessen gab ich mir größte Mühe, den Inhalt meines Magens nicht nach oben wandern zu lassen. Als mein Freund endlich verstand und die Kiste hervorzog, konnte ich nicht länger an mich halten. Ich warf mich auf die Knie, riss die Kiste mit einer Hand auf und übergab mich. War das wirklich die Aufregung, oder hatte ich mir irgendetwas eingefangen? War mir das Essen gestern nicht bekommen? Rodrik hockte sich schnell neben mich und hielt mir das Haar zurück, während ich noch immer über der Kiste hing.

,,War es so schlimm mit mir gestern?" scherzte Rodrik, als endlich nichts mehr aus mir herauskam. Erschöpft lehnte ich mich gegen das Bett und wischte mir die Schweißperlen von der Stirn. Ich zitterte am ganzen Körper. Ich warf ihm nur einen angestrengten Blick zu und versuchte mich zu beruhigen. ,,Seid Ihr sicher, dass wir heute aufbrechen sollen?" fragte mein Freund nun etwas besorgter. Ich nickte schwach und entgegnete: ,,Ich glaube jetzt ist alles raus, ich fühle mich schon etwas besser. Nur etwas Wasser wäre vielleicht nicht schlecht." Nachdenklich musterte er mich. ,,Wenn Ihr Euch in der Lage fühlt, die Reise anzutreten, will ich Euch nicht widersprechen. Aber solltet Ihr Euch etwas ernstes eingefangen haben, kehren wir schleunigst um, verstanden?" ,,Ja" antwortete ich ,,es ist sicher nichts. Ich glaube, das Essen gestern war einfach ein wenig zu viel für meinen Magen, macht Euch bitte keine Sorgen um mich." ,,Na gut" seufzte Rodrik und stand auf ,,ich gehe Euch dann etwas Wasser holen." Kopfschüttelnd entfernte er sich aus dem Zimmer.

Missmutig blickte ich mein Erbrochenes an. Warum musste mein Magen ausgerechnet jetzt rebellieren? Hoffentlich würde er nun erst einmal ruhig bleiben. Meine Übelkeit war tatsächlich abgeklungen, dafür war mir nun ein wenig schummrig, aber mit ein wenig Wasser würde es mir mit Sicherheit deutlich besser gehen.

Mit gerümpfter Nase schloss ich die Kiste. Die war nun wohl hinüber. Mich am Bett abstützend richtete ich mich vorsichtig auf. Schon flog die Tür wieder auf, und Rodrik trat mit einer Phiole ein. Dankbar stürzte ich das Wasser herunter und bald schon fühlte ich mich deutlich besser. Rodrik verabschiedete sich noch einmal, um seine Ausrüstung zusammenzusuchen.

Saphir    [~Vilkas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt