I.3

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„Paddy?", drang es trotz der geschlossenen Zimmertür hörbar verhalten zu ihm vor. Wie beim vorangegangenen zaghaften Klopfen zuckte Paddy jedoch nur zusammen und rührte sich danach für keinen einzigen Zentimeter. Mit verzogenen Mundwinkeln lehnte er bloß an der Flurwand nahe der Tür und wünschte sich gerade nichts inniger, als einfach in Ruhe gelassen zu werden. Aber kaum hatte er seinen Blick heben und durch seine schwach beleuchtete Suite schweifen lassen können, klopfte es wieder.

„Herr Paddy Kelly, hier ist die Polizei, bitte einmal aufmachen", forderte Mark ihn mit tiefer und monotoner Stimme so ernst auf, dass Paddy nichts gegen sein schwaches Schmunzeln tun konnte – bevor es ihm auch genauso schnell wieder verging. Er wollte und konnte jetzt einfach nicht mit Mark reden. Es war viel zu spät und er viel zu angetrunken, als dass er noch neutral und angemessen auf Mark hätte eingehen können – wie er es den ganzen Tag mehr oder minder geschafft hatte.

Als Mark dann aber hörbar keinen Zentimeter von der Tür wich und es mucksmäuschenstill wurde, verdeutlichte ihm diese Stille etwas anderes. Und dann konnte er nur noch sein Gesicht in seinen Händen vergraben – weil er sich natürlich bestens bewusst war, wie er heute Morgen schon auf Marks Klopfen nach dem Frühstück reagiert hatte. Genauso regungslos und stumm war er verblieben, um Mark letztlich auch den ganzen lieben langen Tag zu meiden und sich irgendwie nur vor den Kameras bei den letzten Aufzeichnungen zusammenzureißen.

Marks leises Seufzen und seine Enttäuschung, die Paddy zu vernehmen meinte, konnten nur rein gar nichts an seinem erbärmlichen Verhalten ändern – ganz gleich, wie unangenehm es ihm auch war. Aber bei Gott, ihm stand doch nichts anderes zu!

Er konnte es einfach nicht gebrauchen, hier in den letzten Stunden vor Ort ihr gutes Verhältnis mit so einem Scheiß zu belasten. In weniger als zwölf Stunden würden sie als Kollegen wieder getrennte Wege gehen, hier und da und für Promo und Presse und sonstige Veranstaltungen aufeinandertreffen, aber dann war es das auch. Mark konnte sich ficken lassen wie er wollte und ihn würde es nicht im Geringsten kümmern. So einfach war das – redete Paddy sich zumindest ein.

Bevor er jedoch eins der schwachen Lichter hätte ausknipsen und ins Bad flüchten können, hörte er es nun entfernt an der Balkonscheibe klopfen. Sofort zuckte er zusammen und rührte sich erst recht nicht – aber da drang Marks Stimme nur noch genervt zu ihm vor: „Paddy, deine Lichter sind noch an, ne ..."

„Fuck", entfuhr es ihm und so manches gereiztes Stöhnen – bis ihm auch nichts anderes übrig blieb, als sich von der Flurwand abzustoßen und sich direkt Richtung Balkon zu begeben. Bemüht, sich irgendeine Ausrede zurechtzulegen, überschlug sich sein Herz bei Marks Gestalt dann nur so sehr, dass Paddy bloß fahrig die Balkontür aufschieben und Mark anstarren konnte. Wie gewohnt stand jener mit seiner Kappe vor ihm und hatte dafür jedoch so ungewöhnlich ernst seine Arme vor der Brust verschränkt, während er ihn eingehend musterte.

„Was'n los?", fragte Mark dann auch so undefinierbar, regelrecht besorgt, dass Paddy schon größte Mühe hatte, seinem Blick standzuhalten. Ihm war es so unfassbar unangenehm, dass Mark doch so viel mitbekommen hatte – und dann konnte er beim besten Willen auch nicht mehr antworten. Mark schien sich nur nicht allzu sehr daran zu stören. Wenig zögerlich ließ er seine Arme und seinen Blick sinken, bevor er mit einem schwachen Schmunzeln schon wieder aufsah. „Mir wurd', ähm, zugetragen, hier hause eine ... Spaßbremse ..."

Für so manche Momente sah er Mark bloß an, bevor er Marks zuckenden Mundwinkeln nicht mehr widerstehen konnte und unweigerlich in sein leises Kichern einsteigen musste. Genauso schnell verstummte Paddy dann aber auch wieder und konnte sich bei Marks stumm gestellter Frage kaum sein schwaches Schmunzeln bewahren.

„Come on in", bat er ihn ohne sonderliche Wahl und mit der unweigerlichen Richtung, die diese Nacht längst eingeschlagen hatte, einfach herein. So lieb wie Mark dann aber lächelte, fiel es ihm nicht sonderlich schwer, einen Schritt zur Seite zu gehen und letztlich die Glastür zuzuziehen.

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