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„Twiggy, tell me this is a good idea", murmelte Paddy leicht heiser in Richtung des Border Collies, der neben ihm auf der Couch saß und mittlerweile genauso hibbelig wie er selber war. Aus seinen bestechend blauen Augen sah Twiggy jedoch nur leicht irritiert zurück und legte seinen Kopf schief, bevor er wieder freudig vor sich hin hechelte.

Schmunzelnd kraulte Paddy ihn dann weiter im haarigen Nacken und ließ sich mit einem Seufzer bemüht entspannter gegen die Couchlehne sinken – jetzt war eh alles zu spät. Aber so sehr er sich das auch einredete – diese Aufregung wurde latent immer schlimmer und ließ ihn zum gefühlt hundertsten Mal zu seinem Handy greifen und zum gefühlt hundertsten Mal keine neue Nachricht angezeigt bekommen. Ihm sollte es recht sein. Stattdessen las er sich ihre letzten Nachrichten durch, als Mark fragte, ob er etwas zum Essen mitbringen sollte, und vor allem jene, mit denen sie davor alles zu diesem Treffen recht zügig geklärt hatten – welches Paddy selber initiiert hatte.

An seinem Hochzeitstag vor genau einer Woche hatte es ihm gereicht. Nicht mal dafür hatte Junia nach Hause kommen wollen und unbehelligt darauf bestanden, dass er zu Debora und Thomas kam. Natürlich hatte er dem nachgegeben – aber auch Mark direkt im Anschluss geschrieben und gefragt, wann er wieder im Süden herumdümpelte.

„Twiggy!", gab Paddy impulsiv schrill von sich und legte in diesem Zuge sein Handy weg, um ein wenig mit ihm zu kabbeln – und gleich eine feuchte Zunge im Gesicht hängen zu haben. „Ey", kicherte er heiser auf und musste Twiggy dann wieder ein wenig beruhigen und einfach „Platz" auf seinem Schoß machen lassen – dass er viel zu nervös war, war ihm natürlich bewusst. Den ganzen Tag lang hatte er sich kaum beruhigen können; sich sogar schicker angezogen, seine Haare gestylt und in Junias Abwesenheit lange gebraucht, alles halbwegs auf Vordermann zu bringen. Aber dann war er halt aufgeregt. Seit der Goldenen Kamera war wieder viel zu viel Zeit vergangen und beim Echo im März hatte er Mark nur vom weiten mit Daniel gesehen. Ganz zu schweigen, wie viel und dafür umso mehr nun zwischen ihnen stand und Mark ihm noch nicht Bescheid gesagt hatte, ob er wirklich über Nacht bleiben wollte. Wenn er von Zürich nur extra hierherfuhr und wohl noch nach Berlin musste, war Paddy gar nichts anderes geblieben, als ihm das anzubieten. Vielleicht auch, um die letzten Monate irgendwie ungeschehen zu machen. Als dieses schlechte Gewissen nur von den leisen Erinnerungen verdrängt wurde, wie Mark da hinter ihm eingeschlafen war, reichte es ihm.

Vorsichtig stand Paddy mit Twiggy auf, steckte sich sein Handy ein und strich sich die Hundehaare vom weinroten Sweatshirt. In den restlichen Minuten, bevor Mark hoffentlich endlich mal kam, besah er sich noch das Gästezimmer und suchte nach seinem Portmonee, um dann so lange schmunzelnd den Zwanzigeuroschein in seiner Hand zu betrachten, bis der Benachrichtigungston seines Handys durch den oberen Flur hallte.

Bin nicht sicher, ob das dein Haus ist‹, hatte Mark ihm geschrieben und erst konnte Paddy nur eine Augenbraue heben, weil es hier in seinem Örtchen weder viele Häuser gab noch Platzmangel herrschte. Im Sinne der Hausnummer, die beim langen Hof eher versteckt lag, schob er dann nur unverzüglich sein Handy und den Zwanziger in seine dunkle Jeans und eilte mit Twiggy schon die Treppe herunter.

„I'll be right back, buddy", sprach er dann auf ihn ein, während er sich eben seine Schuhe anzog und ihn „Sitz" machen ließ. Ganz brav sah Twiggy zu ihm auf und erinnerte ihn unwillkürlich an seinen Haustürschlüssel, bevor er dann auch schon zügig die lange Einfahrt entlanglief, tief durchatmete und das Gartentor ganz öffnete.

Mit erhöhtem Puls musste er dann auch nicht lange die kleine Straße entlang bis in die anbrechende Abenddämmerung sehen, bis ein schwarzer Wagen langsam heranfuhr und nur kurz anhielt, um dann schon in seine Einfahrt einzulenken. Einen Schritt wich Paddy dafür zurück und dann gleich wieder heran, als Mark innehielt und seine Scheibe herunterließ.

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