XII.3

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Seufzend fuhr Paddy sich durch seine klammen Haare und strich sich seine lange Strähne zurück, bevor er sich dem Omelett widmete, das fein hergerichtet auf seinem Teller lag. Messer und Gabel kaum angesetzt, musste er sich nur wieder ein Seufzen verkneifen. Ihm war immer noch schlecht. Und er wollte noch immer nirgendwo anders sein als in seinem Bett. Er wurde einfach zu alt für diesen ganzen Scheiß ...

„Wird mal so langsam Zeit oder?", begann Thomas, so entspannt wie er da vor ihm an seinem Küchentisch saß, auch gleichermaßen gelassen. Umso zögerlicher sah Paddy dann jedoch auf und beneidete seinen besten Freund gerade wieder bloß um sein beschissen makelloses Aussehen. Seine längeren dunklen Haare lagen – selbst für diesen Sonntagmittag – schön gestylt auf seinem Kopf, sein Dreitagebart war perfekt gestutzt und er hatte auch keine Augenränder, die ihm bis zu den Kniekehlen hingen. Sein eigener Anblick dagegen hatte ihn vorhin, als er es vor dem Duschen gewagt hatte in den Spiegel zu sehen, nur beinah ins Waschbecken kotzen lassen.

„Schon seit deinem Vierzigsten halte ich mich zurück ... Ach, eigentlich schon viel länger", wurde Thomas dann nur konkreter und ließ ihn bei seinem ernsten Ausdruck gleich wegsehen.

„Ja ...", musste Paddy vor Scham und schlechtem Gewissen auch brüchig aufseufzen – nur einen richtigen Anfang fand er nicht. Stattdessen schnitt er sich bloß ein kleines Stück von dem mächtigen Omelett mit diverser Füllung zurecht und hielt seinen Blick weiterhin gesenkt, als er zaghaft fragte: „Was meinte ... Junia denn, ähm, gestern?"

Hörbar laut atmete Thomas auf und Paddy wusste gleich, was er davon hielt, dass er direkt auf Junia umlenkte. Vielleicht verstand er ihn auch. Aber dann musste er sich nur schwer beherrschen, nicht ungehalten dazu anzusetzen, dass er ihm mit seinem Kater, diesem Überraschungsbesuch und mit seiner generellen Überforderung gerade einfach nicht mehr bieten konnte. Zum Glück hob Thomas dann jedoch schon seine Hand, bevor er einmal von seinem Sandwich abbiss und ihm nuschelnd antwortete: „In der ersten Stunde rein gar nichts."

„Wie?", hakte Paddy vorerst schlichtweg irritiert nach. Im nächsten Moment durchzog ihn nur solch ein unerträglich schweres Gefühl, dass er seinen Blick wieder nur zu seinem Teller sinken lassen und sein Omelett weiterhin nicht sonderlich anrühren konnte.

„Sie hat nur geweint und sich von Debbie halten lassen", antwortete Thomas trotz seines belegten Untertons wieder so eindeutig anklagend, bevor sein Blick regelrecht verhalten wurde. „Für meine Frau ist dieser Stress auch nicht gut ..."

„Ja, aber Junia is' doch einfach weg", entgegnete er bei Thomas' ganzer Auffassung, die ihm seine Schuld vermitteln wollte, erst noch genauso zaghaft. Thomas musste jedoch nur einmal mit seiner Augenbraue zucken, damit Paddy genauso eindringlich wurde: „I told her not to go!"

„Hast du das?", hielt Thomas ruhig dagegen und musterte ihn leicht kopfschüttelnd. „Junia meinte, dass du ... aggressiv geworden bist. Vor allem Dingen, dass sie nicht vergessen sollte, dass sie nicht die Schwangere ist und auch nie ..."

„I did ...", murmelte Paddy zögerlich, während er schon längst weggesehen hatte. Genauso zaghaft steckte er sich dann auch das Omelettstückchen in den Mund und bekam sich kaum vom guten Geschmack abgelenkt. Viel zu lange kaute er darauf herum und musste sich regelrecht dazu zwingen, alles herunterzuschlucken. Und entsprechend lange widmete er sich dann auch seinem Tee, bevor er sich halbwegs ruhig zu erklären begann: „Aber nur, weil ... Sie redet wirklich von nix anderes mehr und ist so involved und ... Ich habe Angst, dass sie da was, ähm, how do you say ..., kompensiert! In, äh, an ... unhealthy way! Oder wie findest du das, dass sie jetz' bei euch so lange ...?"

„Wie soll ich das finden?", reagierte Thomas nur gefasst auf seinen involvierten Unterton. „Du weißt doch, wie nah die beiden einander sind. Ich hab' nichts dagegen ..., ganz im Gegenteil. Wenn ich länger arbeiten muss, ist Debbie nicht die ganze Zeit alleine. Und bei ihren Stimmungsschwankungen ... Alter Verwalter, da ist Juni ein guter Ausgleich. Und ... soll deine Frau denn die ganze Zeit alleine sein, wenn du wieder busy bist? Dass sie sich das jetzt nicht antun will, ist ja ..."

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