XVII
Regungslos lehnte Paddy seine Stirn an sein Lenkrad, das er krampfhaft umklammert hielt. Aber es half alles nichts. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen. Mit einem Ruck stieg er aus seinem Wagen, vergaß jenen beinah abzuschließen und lief entsprechend gedankenverloren die kleine Nebenstraße entlang, bis er auf die Forsterstraße abbog. Dieses Mal hatte er noch weniger für die charismatische Berliner Umgebung übrig und ließ sich nur von der unterschwelligen Wut leiten, die seit gestern Abend nicht vergangen war und ihm gerade noch so viel mehr nahm.
Er lief immer nur weiter den breiten Gehweg entlang und dem Hinterhof entgegen und vielleicht wünschte er sich letzten Endes noch, dass die kleine Gebäudetür verschlossen war – aber sie war es nicht. Die Verwunderung darüber blieb ihm nur nicht lange. Unbekümmert ließ Paddy den Eingang hinter sich, lief rasch das Treppenhaus hoch und fühlte aufgrund der paar Stufen sein Herz ganz bestimmt nicht so rapide in seiner Brust schlagen. Aber er hielt weder inne noch atmete er durch – wie er es schon seit gestern Abend nicht hatte tun können. Rastlos hatte er Mark hinter sich gelassen, rastlos war er zum Hotel gefahren und rastlos hatte er trotz zwei Schlaftabletten in seinem Hotelbett gelegen – und nichts daran ändern können.
Paddy lief nur zielsicher den langen kargen Flur mit den großen Fensterfronten entlang – Marks Lügen, Provokationen und Wunschvorstellungen konnte er sich einfach nicht mehr gefallen lassen. Oder was auch immer er hier nun von ihm wollte. Er wusste es auch nicht mehr so recht und spürte nur, dass er all das irgendwie klären musste – und wenn er Mark nur wieder sagte, dass er sich von ihm fernhalten sollte, damit dieses unerträgliche Gefühl endlich von seiner Brust wich.
Vor Marks Studiotür angekommen, konnte Paddy jedoch nur hadern und mit sich ringen. Wie in wenigen vereinzelten Momenten der letzten zwölf Stunden übermannte ihn gerade sein schlechtes Gewissen, dass er Mark gestern so angefahren und ihn einfach hatte stehen lassen. Vielleicht hatte er ja wirklich ... Aber Mark hatte ihn zwei Wochen lang angelogen! Wieso sollte er ihm jetzt noch ein einziges Wort glauben?
Aggressiv ballte er seine Fäuste und hätte beinah freudlos aufgelacht – er hatte doch nicht allen Ernstes darum gebettelt, dass ein schwuler Mark Forster ihm den Schwanz lutschte! Er hatte all das nicht gewollt – und dann wallte wieder dieses unerträgliche Gefühl der Ungewissheit in ihm auf. Wie sollte er auch jemals sicher wissen, was wirklich in dieser Nacht geschehen war? Wie sollte er jemals wissen, wo Mark ihn überall berührt hatte und was er ...
Ruckartig öffnete Paddy auch diese unverschlossene Tür, betrat genauso rastlos Marks Studioräume und zögerte nicht lange, um den schmalen Flur mit so manchen Auszeichnungen an der Wand entlangzulaufen und dem leisen Gemurmel zu folgen. Ein „Mark, ich ..." vernahm er dabei deutlich eindringlich – aufhalten konnte es ihn nur kurz im Türrahmen. Dann setzte er jedoch schon einen Schritt in den Raum mit sämtlichen Instrumenten, sah direkt zu seiner Rechten auf die graue Couch hinab und konnte nur genauso erschrocken die Blicke erwidern, die ihn trafen. Ganz nah saß Daniel da an einem ihm unbekannten Kerl – zumindest für die ersten Momente. Dann erhob sich Daniel ruckartig und fuhr ihn gleich ungewohnt ungehalten an: „Was machst du hier?! Was fällt dir ein, hier einfach aufzutauchen?"
„Ähm ...", zögerte Paddy leicht überfordert und sah – relativ sinnfrei bei der Größe und Einsichtigkeit des Raumes – von der Fensterfront bis zum Klavier und dann auch kurz zum blonden Typen, der noch immer auf der breiten Couch saß und ihn mit großen Augen anstarrte. „Wo's Mark?", wandte er sich dann nur verhalten an Daniel und bereute es in seiner Kopflosigkeit vielleicht ein wenig, sich mit Mark nicht vorher kurzgeschlossen zu haben. Andererseits war er erst vor einer guten halben Stunde spontan bei Marks Wohnung gewesen und hatte gefühlt fünf Minuten lang durchgeklingelt – bis er sich erinnert hatte, dass Mark den ganzen Tag nun mal in seiner Forsterstraße hatte sein wollen.
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Denial
FanfictionSollte man für den Himmel auf Erden durch die Hölle gehen? --- Ex-Teeniestar Michael Patrick Kelly ist endlich wieder da, wo er sein will. Nach langer Selbstfindung im Kloster hat er Frau, Heim und wieder ins Leben eines waschechten Vollblut-Musike...