IX.3

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„Can you at least ... say something?", presste Paddy schwer beherrscht hervor. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen. So wenig wie ihm Junia die letzten zwei Stunden entgegengebracht hatte, so schweigsam saß sie nun auch am Steuer ihres Wagens und hielt ihren Blick weiterhin starr auf den zugeschneiten Straßenverkehr gerichtet.

Ihren konzentrierten Ausdruck betrachtend, war es immerhin eine Sache, für die er sich gerade wertschätzen konnte. Sicher und gekonnt brachte Junia sie durch dieses kleine Schneechaos, während er sich von der Sitzheizung bloß den Hintern wärmen ließ. Mit seinen Fahrkünsten, ihrer E-Klasse, die er nur äußerst selten fuhr, und den zwei Schlaftabletten, die ihm immer noch übel nachspielten, wäre alles andere nur grob fahrlässig gewesen. Aber nicht mal darüber hatten sie gesprochen, als sie vor einer Viertelstunde losgefahren waren.

„Lass uns bitte reden, nachdem wir bei meinen Eltern waren", entgegnete Junia dann auch erst, als sie achtsam an einer Kreuzung mitten im Nirgendwo hielt und lange jeweils nach links und rechts zur kreuzenden Landstraße sah. Bei dem dichten Schneefall betrug die Sicht nur wohl keine hundert Meter und entsprechend fokussiert murmelte sie: „Ich muss mich konzentrieren ... und nachdenken."

Seufzend sah Paddy wieder hinaus in die Schneelandschaft und musste auch gar nichts sagen. Recht hatte sie sowieso und trotzdem blieben ihm nur diese dumpfen Magenschmerzen. Gefühlt war es das einzige gewesen, was er von ihr gehört hatte, seitdem sie ihn einfach in ihrem Bett hatte sitzen lassen. Lange hatte er gebraucht, um sich ansatzweise zu beruhigen und damit klarkommen zu können. An seinem Geburtstag hatte er sich wohl einfach mehr erwartet – und er war immer noch der Meinung, dass ihm mehr zustand. Mit den unzähligen Geburtstagswünschen hatte er sich auch nur mehr schlecht als recht ablenken können – dass ihm direkt aufgefallen war, dass ein ganz bestimmter unter Unzähligen fehlte, hatte auch nichts besser gemacht. Vor allem, als ihm bewusst geworden war, wie sehr Mark ihn wieder beeinflussen konnte. Aber dieses latente Unbehagen war auch nicht vergangen, als er, um Ruhe und Klarheit bemüht, seine Augen geschlossen hatte und nach wenigen Momenten für eine halbe Stunde wieder eingenickt war.

Abermals aufseufzend, blieb ihm wieder nur dieselbe Müdigkeit und Enttäuschung. Tiefer ließ Paddy sich in den warmen Ledersitz sinken und strich sich seinen neuen Pullover und den schicken Mantel zurecht. Aber so innig wie ihm Junias sanfte Worte dazu durch den Kopf hallten, wie sie jenen in einem Secondhandladen gefunden und günstig erstattet hatte, hatte er dafür nicht mehr viel übrig. Zu seinem neuen Ring sah er auch nur für wenige Momente, bevor er seinen trägen Blick wieder hinaus durch sein Beifahrerfenster auf die vorbeiziehende Landstraße richtete.

Viel von den schneeweißen Ländereien, Feldern und Wäldern bekam er dann nur nicht mehr mit. Gerade wurde dieses dumpfe Gefühl in seiner Brust nur noch schlimmer und nahm ihm jegliche Wertschätzung für seine Geschenke und für ihr Beisammensein – weil er das einzige nicht bekommen hatte, was er sich wirklich wünschte und brauchte: Verständnis und Unterstützung. Und er wollte glatt wieder ansetzen – aber er wusste auch, dass er damit nichts besser machen, geschweige denn das Richtige bekommen würde. Ganz sicher brauchten sie jetzt keinen Stress, wenn sie in zwanzig Minuten bei seinen Schwiegereltern ankamen.

Letztlich wurden seine Augenlider auch immer schwerer, bis ihm nicht mehr viel blieb, als dieser bleiernen Müdigkeit einfach nachzugeben. Gerade wünschte er sich nur in sein warmes Bett zurück. Oder, dass die Fahrt kein Ende nahm. Oder nur eine einzige beschissene Nachricht von Mark.

Mark ...

„Alles Gute, Paddy", hörte er es typisch belustigt und gleichermaßen sanft murmeln, während er schon eine Hand auf seiner Schulter spürte. Innige Wärme durchzog ihn und dann war ihm Marks liebes Schmunzeln so nah, dass er noch mehr davon haben wollte und sich ihm entgegenlehnte. Im selben Moment wurde Marks Lächeln nur immer breiter und dann foppte er ihn und berührte ihn überall, sodass Paddy mit so manchem heiseren „Mark" dagegenhalten musste. Aber es brachte nichts und dann lehnte er sich Mark kichernd wieder entgegen – ankommen tat er nur nie.

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