XI.2

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Letztlich überwog nur sein Unbehagen. Aus reiner Sorge sprang Paddy auf und folgte ihm wieder – bloß, um bei dem ihm gebotenen Anblick schon vor der aufgeschobenen Balkontür abrupt stehenbleiben zu dürfen. 

Ruckartig hatte sich Mark ihm zugedreht und beide Hände hinter seinem Rücken versteckt – was bei der dichten Rauchwolke, die über seinem Kopf schwerfällig in der kalten Januarnacht verschwand, nur überhaupt nichts brachte.

„Are you smokin'?", entwich es ihm im ersten Moment noch verwundert. Als Paddy dann aber einen Schritt auf Mark zugegangen war und den eindeutigen Geruch direkt wahrgenommen hatte, sah er ihn schlichtweg entgeistert an. „Weed?!"

„Nö ...", bemühte Mark sich nicht einmal halbwegs ernst zu antworten. Für so manche Momente fixierte er ihn mit seinen glasigen Augen auch vollkommen regungslos, bevor er schmunzelnd seine Hände inklusive des Joints hinter seinem Rücken hervorholte.

„Mark ...", konnte Paddy nur aufseufzen und auch noch die letzten Meter zwischen ihnen überwinden. Anstatt vor Mark stehenzubleiben, lehnte er sich dann jedoch ans eiskalte Geländer und sah in die tiefe Nacht. Wie von der Kälte bekam er davon nur nicht viel mit. Mit beiden Händen hielt er sich am Metall fest und verkniff sich schwerfällig ein Kopfschütteln. Weder war er in dem Sinne verklemmt noch ein unbeschriebenes Blatt – aber gerade konnte er nichts gegen die Enttäuschung tun, die ihm letzten Endes sogar physische Schmerzen in seinem Brustraum bereitete. Es tat ihm schlichtweg weh, wie er sich gab.

Wieder und noch so viel bedrückter aufgeseufzt, drehte Paddy sich dann ein wenig nach links und musterte Mark nichtsdestotrotz versucht nicht allzu involviert. „Ich will nix sagen oder so ..., aber, ähm, why do you have to distract yourself ... like that?"

„Is' doch klar", entgegnete Mark schulterzuckend. Genauso gelassen lehnte er dabei ans Geländer und zögerte auch nicht lange, um einmal tief und lang an seinem Joint zu ziehen und nach so manchen Momenten den Rauch gedankenverloren in die Nacht zu blasen. „Ich halt's grade halt einfach nich' aus."

„Mark ...", konnte Paddy wieder nur schwächlich aufseufzen, weil er mit dem Bild von ihm und Jurij doch eigentlich genau das Gegenteil hatte erreichen wollen. „I'm sorry for ..."

„Dafür musste dich doch nich' entschuldigen! Des Bild is' ...", wurde Mark so leise wie er eindringlich begonnen hatte und widmete sich so lange wieder seinem Joint, bis er ihm jenen einfach hinhielt. „Auch?"

Zögerlich sah er zwischen Mark und seiner Hand hin und her und hätte beinah ungehalten reagiert – und das nicht, weil er dem ganzen Scheiß vor langer Zeit längst abgeschworen hatte. Es machte ihn gerade schlichtweg wütend, wie Mark immer alles übergehen und überspielen musste. Je eingängiger Marks Blick nur auf ihm lag und er gerade selber seine eigene Anspannung und dieses latente Unbehagen einfach nicht mehr ertragen konnte, nahm Paddy ihm dann den Joint aber schon ab. Zögern tat er auch nicht lange, um sich jenen zwischen Daumen und Zeigefinger gekonnt an seine Lippen zu führen. Unbeirrt sah er dabei zu Mark, der ihn ganz interessiert musterte – mehr als paffen tat Paddy letztlich nur nicht, da er dabei schon stark husten musste.

„Was ... was'n das für'n ... Teufelszeug?!", krächzte er brüchig und sah Mark mit Tränen in den Augen fassungslos an.

„Gestern, äh, äh, jeschenkt bekommen", schmunzelte Mark nur prächtig amüsiert zurück.

„Von wem?", hakte Paddy noch fassungsloser nach und begutachtete dabei den Joint – was ihm bei dem schwachen Lichteinfall des Wohnzimmers und bei der wolkenverhangenen Nacht nur nicht allzu viel brachte.

„Fängt mit Si an und hört mit do auf", säuselte Mark und kicherte einmal heiser. Kopfschüttelnd wollte sich Paddy dann aber auch keine Blöße geben. Tief und lang atmete er den Qualm ein und ließ jenen ohne sonderliches Husten in der Nacht verschwinden, bevor er Mark sein Geschenkchen wieder reichte. Einen Schritt trat er dafür an ihn heran und Mark wich auch keinen zur Seite, sodass sie letztlich dicht beieinander mit Blick in die Nacht am Geländer lehnten. Ihm blieb gerade nur die Hitze in seinen Wangen und das Brennen in seiner Lunge und je länger er mit so manchen Fragen haderte und sich alles zurechtlegen wollte, desto mehr entglitt ihm.

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