XIX.3

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„Mhm", brummte Paddy und streichelte Twiggy immer wieder über seinen Kopf. Halb auf ihm und halb an der Couchlehne lag der Border Collie und atmete mit geschlossenen Augen schnaufend immer wieder tief aus.

Sein „Du bist auch 'ne Kuschelmaus, ne?" hatte er dann nur kaum an Twiggys Schnauze raunen können, da traten ihm wieder schwere Tränen in die Augen. Bevor er nur aggressiv wurde, lenkte er sich weiterhin mit dem Hund ab und schloss selber seine Augen. Aber so sehr er auch Twiggys Wärme und diese ruhigen Berührungen selber mochte, ließ es die Leere irgendwo zwischen Bauch und Herz nach und nach nur noch dumpfer werden. Er bekam sich schon gar nicht mehr für irgendeine andere Ablenkung aufgerafft. Er hatte nicht mal die Kraft, noch weiter darüber nachzudenken, was er mit Twiggy anstellen sollte, wenn Junia jetzt wirklich gar nicht mehr nach Hause kam.

„Hach, Twiggy", seufzte er so impulsiv auf, wie es seine Gedanken gleich weiterzog – und dann musste er wieder leidig aufseufzen. Noch weniger wusste er, wie er die nächsten Wochen aushalten und überstehen sollte – und, ob er die Aufzeichnungen für The Voice in knapp sieben Wochen Ende August als Lichtblick oder doch eher als etwas ansehen sollte, was er tunlichst verdrängen sollte. Die etlichen Open Airs dazwischen hätte er vielleicht als Lichtblicke ansehen können – aber gerade war alles nur so dumpf, dass er beinah schon ernsthaft überlegte, Mark einfach zu schreiben. Vielleicht über Instagram. Oder Facebook. Zu Not sogar einen Brief ... Es trieb ihm einfach wieder schwere Tränen in die Augen, Mark anscheinend wirklich verletzt zu haben – nachdem der schon wer weiß was hatte ertragen müssen und ihm so viel gezeigt hatte. Bevor er nur weiter über diese drei Wörtchen nachdachte, die ihm seit dieser Nacht partout einfach nicht aus dem Kopf gehen wollten, ruckte der Hund abrupt auf.

„Ey, don't leave me too", jammerte Paddy und hielt ihn in seinem Nacken fest – aber dann sah er selber abrupt auf, als er Geräusche aus dem Flur vernahm. Beim hörbaren Aufspringen der Haustür hätte er dann nur glatt die Augen verdreht, weil somit alle Tränchen umsonst gewesen waren, die er vorhin im mucksmäuschenstillen Flur verdrückt hatte – warum auch immer ihn die Annahme hatte weinen lassen, dass Junia nicht mehr so schnell wiederkam. Jedes Recht hätte sie dazu gehabt, abgesehen Twiggy. Vielleicht hätte er es sich doch eher wüschen sollen, dass sie entgegen ihrer Gewohnheit wortlos einfach weg war, ohne dabei an diesem späten Abend bei Debora oder Thomas sein zu können. Sein Herz überschlug sich viel zu sehr, als sie in einem grünen, knielangen Kleidchen mit langen Ärmeln abrupt im Türrahmen zum Flur stehenblieb und Twiggy und ihn direkt fixierte.

„Aua!", keuchte Paddy dann nur unkontrolliert auf, als der Border Collie ohne Rücksicht auf Verluste aufsprang und ihn platt trampelte. Schwanzwedelnd stürmte Twiggy auf Junia zu, die mit einem „Twiggy!" in die Hocke ging und von seiner Freude direkt mitgerissen wurde – wortwörtlich. Der Hund sprang sie so an, dass sie mit einem leisen Quieken auf ihren Hintern plumpste und drauflos kicherte, als sie gleich seine Schnauze im Gesicht hatte. Aber sie tat es so schön und herzhaft, dass Paddy nur gebannt liegenblieb. Viel zu lange hatte er sie so nicht mehr erlebt – und dann wurde ihm auch schmerzlich bewusst, wie sehr er diese glockenklaren Töne vermisst hatte.

Erst, als Twiggy dann eindeutige Bewegungen mit seiner Hüfte machte und Junias angewinkelte Beine rammelte, sprang Paddy auf.

„Ey, vergeh dich nich' an meiner Frau!", rief er dabei überzogen empört und zögerte nicht lange, den Hund an seinen Oberschenkeln zu packen und ihn mit einem Ruck von ihr wegzuziehen.

„Twiggy!", seufzte Junia dann auch nur tadelnd wie belustigt auf – der sich aber gar nicht stören ließ. Vor Freude wackelte er immer noch mit seinem ganzen Körper und schnaufte und schmatzte, was das Zeug hielt.

„Tja, wer kann es ihm verübeln ... bei so einer reizenden Dame", säuselte Paddy impulsiv drauflos und fragte sich erst danach, woher das nun wieder kam. Aber so wie Junia da in ihrem wirklich ausgesprochen schönen Kleid auf dem Boden saß und ihr dabei ihre dunklen Haare in weichen Wellen über die Brust fielen, wunderte es ihn auch nicht mehr. Höchstens, wo sie bis dreiundzwanzig Uhr so gewesen war.

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