„Ey, Paddy ...", murmelte Mark und sah mit einem Blick auf, der ihm so fremd wie bekannt war und ihn vollkommen fesselte. Er starrte bloß zurück, während ihn so viel durchzog – aber da stand Mark schon auf und gab sich beinah so perplex, wie Paddy bloß zu ihm sehen und seine Gitarre umklammern konnte. „Das war ...", setzte er wieder an und ging noch einen Schritt auf ihn zu – bloß, um dann wieder seinen Kopf zu schütteln und ihn mit einem „Muss ma' bissi frische Luft schnappen" schneller hinter sich zu lassen, als Paddy reagieren und mit allem klarkommen konnte.
Verdutzt sah er Mark nach, wie der beinah hastig seinen Raum verließ. In aller Bekanntheit der Situation ließ Paddy sich jedoch weder von der unterschwelligen Wärme dieser heftigen Reaktion noch von der Reue aufhalten, dass er Mark jene entlockt hatte. Genauso hastig stand er auf, stellte die Gitarre weg und lief ihm hinterher – nur einholen tat er ihn nicht mehr. Tief atmete Paddy ein und aus und blieb direkt wieder stehen, als er einen Schritt auf den Balkon gesetzt hatte. Das Bild, das sich ihm bot, war ihm bestens bekannt und trotzdem durchzog ihn mehr, als er im Winter Mark hier so vorgefunden hatte.
Der Horizont lag wieder in buntesten Farben von Orange bis Grau vor ihnen. Die Sonne war schon längst hinter den hohen Häuserdächern verschwunden und nichtsdestotrotz erstreckte sich über den Altbauten ein sattes Orange, das die Ränder der dunklen, grauen Wolkenfronten förmlich erstrahlen ließ. So schön wie alles wieder war, wusste Paddy nur gleich, dass nichts dergleichen Marks Aufmerksamkeit gehörte. Völlig zusammengesunken lehnte der Kerl am Balkongeländer und wirkte so mitgenommen, dass ihn gleich die Vorstellung übermannte, sich einfach von hinten an ihn zu schmiegen und sich zu entschuldigen.
Zögerlich ging Paddy auf ihn zu und bekam sich nur im letzten Moment davon abgehalten, ihm wieder viel zu nahe zu treten. Entsprechend zaghaft fand er sich dann auch nur in einem erheblichen Abstand neben Mark am Geländer ein und sah selber wieder in die Abenddämmerung. Wieder wussten sich Reue und Beklommenheit nicht zu überbieten. Während Mark sich für keinen Zentimeter regte, umschloss Paddy nur das kühle Metall des Geländers, fühlte die Milde des Abends auf seinen nackten Unterarmen und die schlechte Großstadtluft in seinen Lungen. Nur lange konnte er sich nicht auf die regen Geräusche der Hauptstadt konzentrieren.
„Hab' ich so schlecht gesungen ... you had to run away?", musste Paddy einfach bemüht scherzhaft drauflos murmeln, um Mark lächeln zu sehen – was jener dann immerhin für wenige Momente tat. Viel zu schnell wandte Mark seinen undurchdringbaren Blick jedoch wieder ab, presste seine Lippen aufeinander und schüttelte auch für gefühlt etliche Momente bloß seinen Kopf.
„Ach, Paddy ...", seufzte Mark auf und sah mit einem schwachen Schmunzeln wieder in die Ferne – was ihm nur noch mehr zusetzte. Unfassbar wehmütig kam er ihm vor. Impulsiv trat Paddy einen Schritt an ihn heran – den Mark dann aber schon wieder von ihm wegsetzte, dabei ein „Hach ja" säuselte und ihn nur noch irritierte. Der Kerl schien nur keinerlei Notiz davon zu nehmen. Komisch schmunzelnd sah Mark wieder nach vorne und tastete dabei die Hosentaschen seiner grauen Jogginghose ab. „Ich hätt' grad so Bock auf'n Johnny, ne ..."
„Mark", seufzte Paddy, ohne nachzudenken, tadelnd und leicht abgeneigt auf. Gerade blieb ihm nur alles, was beim letzten Mal geschehen war, als sie hier und bei ihm selber gekifft hatten – und bei Gott wollte er nicht zulassen, dass sich das alles noch einmal wiederholte. Glatt hätte er ihn noch mehr angefahren, aber dann musste er bei Marks seltsam eingängigen Blick sofort jegliche Spannung aus seinem Gesicht nehmen und leise aufseufzen, weil er Mark auch irgendwie verstand. Es lag nicht an ihm, Mark irgendwie zu tadeln oder etwas zu verbieten – aber so bockig und abwesend wie der Kerl dann wieder dreinblickte, musste Paddy auch wieder aufseufzen. „I'm sorry, aber ... du kannst doch nich' immer ... dich zudröhnen und ablenken, um ..."
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Denial
FanfictionSollte man für den Himmel auf Erden durch die Hölle gehen? --- Ex-Teeniestar Michael Patrick Kelly ist endlich wieder da, wo er sein will. Nach langer Selbstfindung im Kloster hat er Frau, Heim und wieder ins Leben eines waschechten Vollblut-Musike...