XVII.4

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„Dann verpiss dich doch wieder du dummes Arschloch!", rief Mark ihm so aggressiv hinterher, dass Paddy nur noch innehalten und geschockt seine Augen aufreißen konnte – bis ihm bei Marks vor lauter Wut brüchigem „Haste halt niemanden mehr!" alles entglitt.

Mit Tränen in den Augen drehte Paddy sich ruckartig um und lief genauso abrupt auf Mark zu, der gerade von der Couch aufstand. Sein Herz schlug so aufgebracht in seiner Brust, dass er sich nicht im Geringsten darum kümmerte, dass der Kerl noch einen Schritt nach hinten wich und es für wenige Momente den Anschein machte, dass er wieder in seiner Ausgangslage auf dem Sofa ankam. Ohne sich zu zügeln, trat er ganz dicht an Mark heran, umfasste seinen nassen Shirtkragen und zog ihn noch näher zu sich.

„I'd rather have nothing and no one than ...", zischte er Mark entgegen und klang so aggressiv, dass seine Wut beinah seine Worte verschluckte – nur das You bekam er beim besten Willen nicht ausgesprochen. Mit tränenverschwommener Sicht entging ihm keine Nuance, die ihn traf. Von Wut bis Angst nahm Paddy alles wahr und es zerriss ihm dermaßen das Herz, wie der Kerl ihn mit großen, glasigen Augen anstarrte, dass er erst seine Hand und dann seinen Blick sinken ließ, jedoch keinen einzigen Schritt zurücktrat. Er blieb Mark so nah, dass er einfach seine Stirn an seine Halsbeuge hätte lehnen können – aber er presste nur seine Hand auf seinen Mund, bevor ihm noch ein erbärmlicher Laut entfuhr. Sein „I didn't mean to ..." verlor dadurch nur jegliche Kontur und er dann wieder völlig seine Beherrschung.

Er heulte einfach drauflos und beruhigte sich auch nicht, als sich Marks Arme nach gefühlt endlosen Momenten schwach um ihn legten. Mit jedem dieser Augenblicke wurde es gefühlt immer schlimmer – weil ihm bitterlich bewusst wurde, dass er lieber nichts und niemanden hatte, als Mark zu verlieren. Und dann hatte er wieder Daniel und seine Abneigung vor Augen, sodass ihm jedes bisschen seiner eigenen übertriebenen Innigkeit vollkommen egal wurde. Selber schlang er seine Arme um Marks breiten Oberkörper – nur seiner Nähe und Wärme konnte er nicht lange nachfühlen.

Im Inbegriff sich noch enger an ihn zu lehnen, löste sich Mark bereits von ihm. Und dann sah Mark ihn weder an noch wartete er viel ab, bevor er sich schon mit einem „Hol' dir ma' 'n Wasser, ne" umdrehte und ihn ganz hinter sich ließ.

Perplex sah Paddy ihm nach, blinzelte aufgrund der drückenden Kopfschmerzen schwerfällig vor sich hin und kam dann auch nicht sonderlich klar, als Mark von der Küche aus eigentlich direkt nach links in den Flur lief. Fahrig fuhr er sich über sein verheultes Gesicht und unter seine vollgerotzte Nase und kam sich nicht nur völlig fehl am Platz, sondern auch noch selten dämlich vor. Ihn durchzog wieder solch ein Unbehagen, dass er nur immer wieder seine Nase hochziehen konnte und erst auf die Idee kam, Mark in den Flur und am besten zur Wohnungstür zu folgen, als der Kerl umgezogen in einem roten T-Shirt zurück- und letztlich mit einem Wasserglas auf ihn zukam. Sein schmales Schmunzeln konnte Paddy nur beim besten Willen nicht erwidern. Weiterhin stand er bloß regungslos da und nahm dann auch nur schwerfällig das Glas an – dass er in den ersten Momenten bloß Marks Finger umgriffen bekam und viel zu viel dieser kribbelnden Wärme fühlte, machte nichts besser.

„Haste wieder Wurzeln geschlagen?", deutete Mark schwach schmunzelnd Richtung Couch, auf die er sich in dieser Bewegung auch sinken ließ – aber damit nichts dergleichen bei ihm bewirken konnte. Noch irritierter war Paddy bei diesem doch recht starken Sinneswandel – zumindest, bis er sich wieder bewusst wurde, dass dumme Witzchen nun mal Marks liebste Ablenkungsmanöver waren.

„Wär's ... Wouldn't it be the best if I just go?", bemühte Paddy sich in dem Sinne einfach um Offenheit – und vor allem darum, dass möglichst viel Reue in seinem eindeutigen und nasalen Unterton mitschwang.

„Wie kommste darauf?", fragte Mark immerhin ernster, aber noch immer viel zu vage, während Paddy sich zögerlich und weit zu seiner linken Seite hinsetzte.

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