XV.3

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„Na, komm", sprach er leise auf den Hund ein, der nicht begeisterter als er selber wirkte. Aber es half alles nichts. Seufzend sah Paddy sich wieder gründlich auf dem großen Klinikgelände um, bevor er schnell vorweg zwischen den vielen Autoreihen lief und Twiggy sanft, aber bestimmt mit sich zog. Seinen Blick hielt er dann auch eher krampfhaft auf den tiefblauen Aprilhimmel als auf dem grauen und riesigen Gebäudekomplex und atmete tief durch. Dieses ungute Gefühl wollte dennoch erst halbwegs vergehen, als er Thea wieder nahe dem Klinikeingang stehen und rauchen sah.

Mit einem schmalen Schmunzeln lief er auf sie zu und lächelte gleich breiter, da Thea sofort ihre Zigarette ausdrückte und auf ihn zukam.

„Hallo", grüßte sie auch lieb und freundlich und zog ihn kurz in ihre Arme, bevor sie sich Twiggy widmete, der sich wie wild freute.

„Und, wie isses so?", fragte Paddy dann auch erst leise nach, als Thea ihm die Leine abgenommen und den Hund unter Kontrolle bekommen hatte.

„Deutlich besser", erwiderte sie schmunzelnd und strich sich dabei eine Strähne zurück, die sich bei Twiggys ganzem Gezappel aus ihrem hohen Zopf gelöst hatte. „Jakob hält sich prächtig und Thomas hat sich auch ... so weit gefangen. Bei Biene schlagen die Antibiotika jetzt auch allmählich an ..."

„Gott sei Dank", atmete Paddy erleichtert auf, bevor er kurz zu Twiggy schielte, der zwischen Theas Beinen saß und hechelnd zu ihm aufsah.

„Ja ...", entgegnete Thea dann jedoch schon zögerlich und sah letztlich bloß verhalten zum Hund. „Vorhin sollte Biene das erste Mal die Milchpumpe ansetzen, um ... Na ja, da hat aber überhaupt nichts geklappt. Deswegen ist sie jetzt wieder ... durch den Wind, um es mal nett auszudrücken."

„Mhm", brummte Paddy bloß beklommen und brauchte auch ein wenig, bis er zaghaft von Twiggy aufsehen konnte. „Also soll ich jetz', ähm, besser nich' zu ihr, ne?"

„Doch ...", zögerte Thea nur kurz, bevor sie ihn schmal anlächelte. „Thomas ist auch da. Er hat schon nach dir gefragt ..."

„Oh ...", konnte Paddy, so sehr er gerade von seinem schlechten Gewissen übermannt wurde, bloß verhalten aufseufzen. Nicht mal zu einer knappen Nachricht hatte er sich durchringen können, nachdem Thea ihm gestern geschrieben hatte, dass Thomas mit Junia zu sich gefahren war. Glatt lag ihm schon eine Verabschiedung auf der Zunge – aber dann begriff er auch, dass sich in den letzten Monaten einfach zu viel zwischen ihnen angestaut hatte und doch nicht genug, als dass er jetzt seinen besten Freund nicht sehen konnte. Aufseufzend fiel ihm dann auch auf, dass er beinah das Wichtigste vergessen hatte – sein „Und Junia?" bekam er nichtsdestotrotz nur zögerlich hervorgebracht.

„Juni war vor anderthalb Stunden da", antwortete Thea nicht durchdringender und verlor dabei jegliche Regung im Gesicht.

„Geht sie mir hier jetz' auch noch aus'n Weg?", konnte Paddy dann auch nur aufseufzen und sich kein bisschen um seinen unterschwellig zynischen Unterton kümmern.

„Sie meinte, dass sie was mit der Arbeit klären muss", hielt Thea dafür nur umso gefasster dagegen und ließ ihn beinah wegsehen – aber nur beinah. Es änderte nichts an der Tatsache, dass Junia nichts mit ihm klärte.

„Alright", nickte Paddy letztlich nur resigniert und schielte dabei zum menschenleeren Klinikeingang. „Also, ähm, geht's ihr besser?"

„Schon ein wenig", antwortete Thea ihm zwar umgehend, aber keine Nuance in ihrer Stimme und in ihrem Blick spiegelte ansatzweise Gelassenheit wider. Regelrecht bedauernd sah sie ihn an und presste einmal kurz ihre dezent geschminkten Lippen aufeinander, bevor sie verhalten fragte: „Hat sie sich denn gar nicht gemeldet?"

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