XI
Ohne sonderlich zu zögern, drückte Paddy auf die oberste Klingel und sah sich seufzend in der gehobenen Berliner Wohngegend um. Natürlich war er wieder hier. Wo auch sonst? Und dann musste er auch nichts sagen und bekam auch nichts entgegengebracht, bevor die Haustür surrte. Aber so wie er sich schon den ganzen Tag nicht erlaubt hatte, irgendwie zu hadern, tat er es auch jetzt nicht. Er konnte es einfach nicht zulassen.
Nachdem er auf den obersten Fahrstuhlknopf gedrückt hatte, drehte er sich bloß schnell zum Spiegel und fuhr sich wieder resigniert durch seine Haare. Nach der Dusche im Hotel hatte er sie sich extra noch gestylt – und wieder nicht sonderlich viel ausrichten können. Nur wundern, warum ihn das gerade wieder so kümmerte, tat es ihn schon gar nicht mehr.
Seufzend widmete sich Paddy bloß den Aufzugtüren und konnte es für wenige Momente doch nur bereuen, Mark nicht irgendwohin eingeladen zu haben. Aber das Gespräch, das sie wohl wieder auf ein Neues führen mussten, war wie eh und je nun mal für nirgends anders geeignet. An irgendwelche Unterbrechungen wie bei den letzten Malen wollte er gar nicht denken – oder wie Mark ihn heute ...
„Gosh!", unterbrach Paddy seine Gedanken so rigoros wie jedes Mal, seitdem er hier gestern noch davongelaufen war. Er konnte es nicht mehr aushalten. Mit seinem immer kräftiger schlagenden Herzen zwang er sich dann nur aufzusehen – und das keine Sekunde zu früh, als der Aufzug hielt und die Türen sich lautlos öffneten.
Noch ein kleines Stoßgebet Richtung Himmel in der Hoffnung gesandt, dass der Abend nicht wie der gestrige verlaufen würde, trat er dann auch schon aus dem Aufzug und auf Mark zu und konnte während der ersten Schritte doch nur zögern. Wie gewohnt lehnte jener am Türrahmen – und schmunzelte auch leider Gottes wie gewohnt viel zu schmal vor sich hin.
„Long time no see, hm?", bemühte Paddy sich dann direkt um ein wenig Gelassenheit – und scheiterte trotz der hörbaren Unsicherheit in seiner Stimme immerhin nicht kläglich.
„Mhm", brummte Mark nichtsdestotrotz nur schwach. Von seinem matten Schmunzeln veränderte sich auch nicht viel und dann ließ Mark für so manche Momente lediglich seinen Blick über seine Erscheinung schweifen, bevor er auch schon nach hinten wich und ihn in seine Wohnung eintreten ließ.
„Thanks", säuselte Paddy einfach drauflos und folgte ihm nicht allzu zaghaft. Mit geschlossener Tür konnte er jedoch nur innehalten, selber seinen Blick über Marks gewohnt legere Aufmachung mit Jogginghose und schlichtem T-Shirt schweifen lassen und letztlich bloß an eine Umarmung denken. In jeglicher Hinsicht hätte er dann auch noch aufgeseufzt und lenkte sich stattdessen mit seinen Schuhen und seinem Mantel ab. Sie hatten sich ja heute schon im Studio Adlershof gesehen – wenn auch nicht umarmt. Vor der Kamera hatte Mark ihm nur die Hand gereicht ...
„Joa, dann ...", säuselte jener und machte sich, gerade erst seinen Mantel an die Garderobe gehängt, schon mit einem schwachen Nicken in Richtung Wohnküche auf. Glatt hätte Paddy noch seine Stirn gerunzelt und ihm irritiert hinterhergesehen. Aber hätte Mark heute in den wenigen halbwegs privaten Situationen einen anderen Eindruck gemacht, wäre er wohl nach dem langen Drehtag gar nicht erst hier.
Ganz in diesem Sinne folgte Paddy ihm auch einfach und verlor mit dem Anblick der leeren Wohnküche zumindest ein wenig der Schwere auf seiner Brust. Der Kontrast zur gestrigen Feier beruhigte ihn doch ungemein – auch, wenn ihn diese Stille eigentlich viel mehr hätte zusetzen sollen. Immerhin lag nun Marks Aufmerksamkeit ungeteilt auf ihm. Aber gerade konnte er sich einfach nicht so wirklich daran stören und nur darauf vertrauen, dass sie – wie so oft schon – in diesen ruhigen Momenten alles einfach abgehakt bekamen.
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Denial
FanfictionSollte man für den Himmel auf Erden durch die Hölle gehen? --- Ex-Teeniestar Michael Patrick Kelly ist endlich wieder da, wo er sein will. Nach langer Selbstfindung im Kloster hat er Frau, Heim und wieder ins Leben eines waschechten Vollblut-Musike...