II.2

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Aber noch so viel mehr schlug ihm entgegen, als er den Innenhof gefunden hatte und Marks unverkennbare Gestalt schon von weitem erkannte. Unwillkürlich stockte Paddy in seiner Gehbewegung und konnte aufstöhnend für wenige Momente bloß seine Augen schließen.

„Fuck."

Vielleicht hatte er sich zu viel erwartet. Er hatte sich ganz sicher zu viel erwartet. Den letzten Monat hatte er jeden Tag mindestens einmal an Mark gedacht und sich so viel zurechtgelegt – vor allem war Paddy aber zu der Annahme gekommen, dass sich Mark auch irgendwie beruhigt hatte.

Aber so wie Mark da in der Ferne stand, für einen einzigen Moment aufgesehen und sich direkt seinem Handy gewidmet hatte, strahlte er für ihn noch so viel mehr als Distanz aus, dass Paddy sich bloß fragte, was er hier eigentlich tat. Ihr Verhältnis hatte er doch eh schon ruiniert. Das ins Gesicht gesagt zu bekommen, brauchte er nicht. Aber dann half es alles nichts. Er musste sich einfach entschuldigen und alles irgendwie erklären, um Mark letztlich den Rest zu überlassen.

Noch einmal atmete Paddy tief durch und versuchte seinen rasenden Puls irgendwie unter Kontrolle zubekommen, bevor er seinen Weg durch den Innenhof fortsetzte und doch immer wieder innehalten wollte. Nahe der Hausfassade und der Tür sah Mark immer noch für keine einzige Sekunde auf. Selbst, als er sich mit jedem Schritt Marks direktem Blickfeld näherte, bekam er keinerlei Reaktion. Auf den letzten Metern erinnerte Paddy sich dann nur, wer er war, und blieb wenig zögerlich in einem beachtlichen Abstand vor Mark stehen.

„Hallo, Mark", begrüßte er ihn nichtsdestotrotz viel zu unsicher und kam sich so unerträglich pathetisch vor, als Mark in aller Ruhe sein Handy wegsteckte und genauso gemächlich aufsah.

„Hallo, Paddy", entgegnete Mark ihm letztlich auch monoton ruhig, sodass Paddy fast seine Augenbraue gehoben oder daran gedacht hätte, ihn vielleicht ein wenig inniger zu begrüßen und ihm zumindest seine Hand hinzuhalten. Nach diesem ersten Moment vernahm er jedoch die Kälte in seiner Stimme und vor allem jene in seinem Blick. Tatsächlich hatte Marks Ausdruck kein bisschen dieser unterschwelligen Abneigung verloren – die ihm gerade und nach allem nur noch unüberwindbar vorkam.

Congratulations, schoss es ihm dann auch schon maßlos zynisch durch den Kopf. Fucked up another relationship.

„Thank you for ...", begann Paddy einfach irgendein Nonsens daher zu säuseln, um diesen unerträglichen Druck auf seiner Brust zu verdrängen – aber da unterbrach ihn Mark schon mit einem knappen Nicken. Für wenige Momente schielte er dann nichtsdestotrotz an ihm vorbei, bis sich sein linker Mundwinkel minimal hob.

„Schön, dasse kommen konntest. Wie war die Fahrt?", erkundigte Mark sich letztlich dennoch geschäftiger als alles andere und nickte auch schon zu der Tür seitlich hinter sich.

„Alright", antwortete Paddy knapp angebunden und ersparte sich einfach, dass er eh zugegen gewesen war.

„Alright", wiederholte Mark ohne eine sonderliche Betonung und drehte sich auch entsprechend schnell weg, um die Tür aufzuschließen und ihm letztlich wortlos den Vortritt zu lassen.

„Thanks", bekam Paddy dann wieder nur erbärmlich unsicher hervorgebracht, während er sich im größtmöglichen Abstand an Mark vorbeidrückte und rasch das Gebäude betrat. Wenig hatte er für diesen tristen Flur und das nahe Treppenhaus übrig – und laberte trotzdem ein „Die heiligen Hallen, ne" daher.

„Mhm", war auch nur das einzige, was Mark brummend erwiderte, bevor sie stillschweigend für zwei Stockwerke die Treppen nahmen. Aber Paddy wusste beim besten Willen nichts mehr zu sagen. Marks Präsenz in seinem Rücken machte zu viel mit ihm. Den Gedanken, dass Mark beim Treppensteigen nur auf seinen Hintern starrte, musste er auch verdrängen – und dann wurde ihm wieder ganz anders, als Mark auf dem langen Flur voranlief. Jede seiner Bewegungen strahlte reine Sicherheit aus, während ihre Schritte die einzige Geräuschkulisse inmitten dieser trostlosen Wände und Glasfronten mit Blick auf den Innenhof bildeten. Wieder raste sein Puls und das ganz gewiss nicht von den Treppenstufen – bis er doch noch beinah aufgeschnaubt hätte, weil er sich gerade wie bei einer Vernehmung vorkam.

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