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Ungeduldig ließ Paddy seinen Blick durch die wenig besuchte Hotelbar schweifen, bis er letztlich wieder am Barkeeper hängenblieb. Auf Ende zwanzig schätzte er den großen, dunkelhaarigen Mann in schickem Hemd und dunkler Weste. Bei seinem derart selbstbewussten Auftreten war er sich nur nicht so recht sicher – und dann musste er leicht schmunzeln, so charmant wie der Kerl eine ältere Dame und einen betagten Herrn bediente. Seitlich ihm zugewandt, saßen beide am anderen Ende der edlen Hotelbar und gingen gerade auch ganz lieb auf diese Höflichkeit ein.

Als Paddy nur bemerkte, wie lange er schon zu dem Ehepaar herüberschielte, ließ er seinen Blick nach links zu der illustren Runde aus Männern in dunklen Anzügen schweifen. Hinten weit in der linken Ecke des schick gehaltenen Saals saßen allesamt an einem großen Tisch und gingen für diesen späten Mittwochabend ruhig aufeinander ein.

Schließlich, und wie in der letzten Viertelstunde am häufigsten, landete er wieder beim Eingang – aus dem Mark immer noch nicht kam. Leise seufzend wandte Paddy sich ab und strich sich dabei seine klammen Haare zurück. Mit jedem dieser doch leicht erbärmlichen Momente fühlte er endgültig, wie jedes Fünkchen Adrenalin und Euphorie einem Gefühl wich, das er sich einfach nicht erklären konnte – abseits des Umstands, dass er nun mal nicht gerne warten gelassen wurde. Auch nur aus letzter Willenskraft rührte er nicht eins der zwei vollen Biergläser an. Stattdessen widmete er sich so lange seinem Handy, bis es seine Gedanken waren, die wieder unaufhaltsam abschweiften. Bewusst ließ er dann den ganzen Tag Revue passieren, weil er doch eigentlich keinen Grund hatte, so komisch drauf zu sein.

Schon die Anreise hier nach Frankfurt sowie das Einchecken ins Hotel waren reibungslos vonstattengegangen und er samt Manager noch zeitig an der Jahrhunderthalle vor Marks Konzert angekommen. Wieder stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen – weil er noch so innig vor Augen hatte, wie Mark ihm nach diesem ganzen Monat mit einer engen Umarmung begrüßt hatte und auch wie kein anderer auf ihn eingegangen war. Wohl länger als nötig hatten sie sich dann wegen der gemeinsamen Flüsterton-Performance abgesprochen, bis Paddy ihn letztlich mit seinen Jungs und Mädels in Ruhe gelassen und die Show Backstage wirklich genossen hatte.

In Erinnerung, wie er unmittelbar vor ihrem gemeinsamen Auftritt doch ein wenig nervös geworden war, verspürte er auch jetzt wieder diese leise Anspannung – bloß, um dann völlig in Gedanken zu versinken, obwohl ihm nicht mal viel von ihrem Duett geblieben war. Alles war so schnell gegangen, laut gewesen und dann ganz leise geworden, bis er, von so vielen Lichtern und Gesichtern umgeben, ganz bei sich und Mark angekommen war.

Wieder kreiste ihm Marks Flüsterton durch den Kopf und er spürte förmlich seinen Blick und seine Präsenz, während der goldene Lichterregen über ihnen hinwegfiel, tosender Applaus aufbrandete und er sich in einer verschwitzten Umarmung nach der nächsten einfand.

Ab dem Punkt, wo seine Erinnerungen jedoch klarer und ruhiger wurden, kam auch dieses unstete Gefühl wieder in ihm auf – aber verständlicherweise hatte Mark nach seiner Show kaum noch Zeit für ihn gefunden. Allein schon, weil er diese Amanda auch als Specialguest dabeigehabt hatte – oder größtenteils an Daniels Seite geblieben war ...

Resigniert schüttelte Paddy seinen Kopf und kam sich im Nachhinein wie irgendein verschüchterter Fan im Backstagebereich vor. Ohne nachzudenken, nippte er an seinem kühlen Bier und hielt kurz inne, bevor er sich einfach einen großen Schluck genehmigte. Nur dieses kleine und eigentlich viel zu durchdringende Unbehagen ließ er letztlich nicht zu. Mark war es nun mal gewesen, der mit der Begebenheit desselben Hotels – was Paddy nicht dem Zufall überlassen hatte – nach diesem Treffen gefragt hatte.

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