IX.5

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Regungslos starrte Paddy hinaus in den verschneiten Dienstagabend und verfolgte so lange, wie Junia und Debora Hand in Hand und dicht gefolgt von Thomas die lange Einfahrt entlangliefen, bis er es nicht mehr aushielt. Alles, was ihn gerade zu übermannen drohte, konnte er einfach nicht nachgeben.

Nachdem er die Haustür schnell hinter sich gelassen hatte, blieb er auch nicht lange im Wohnzimmer. Mit Blick zu seinem neuen und alten Handy durchzog ihn so viel, wie er es noch weniger gebrauchen konnte. Schnurstracks begab er sich in die Küche und starrte dort für etliche Momente wieder vor sich hin, bevor er einfach alles aufräumte und, immer mit der Weinflasche zur Hand, den Abwasch machte.

Letztlich wischte Paddy auch aus reiner Ablenkung noch die Küche und spürte zumindest ein kleines angenehmes Gefühl in sich aufwallen, irgendetwas zustande gebracht zu haben – oder doch nur, weil sich Junia wohl freuen würde. Aufseufzend unterband er nur direkt jeglichen Gedanken an sie und Debora – und scheiterte letzten Endes kläglich.

Nach dieser guten Stunde lief er förmlich ins Wohnzimmer und zu seinen Handys und atmete bloß erleichtert auf, weil Thomas ihm vor zehn Minuten geschrieben hatte, dass sie alle wohlbehalten angekommen waren. Die anschließende Entschuldigung und die Frage nach einem Gespräch ignorierte Paddy dafür nur völlig. Und so sehr er sich auch mit anderen Nachrichten und verpassten Anrufen hätte ablenken können, tigerte er einzig und allein unschlüssig und gedankenverloren durch sein Haus – bloß, um letztlich wieder im Wohnzimmer anzukommen, wieder nach seinem alten Handy zu greifen und anderthalb Stunden vor Mitternacht wieder keine beschissene Nachricht bekommen zu haben.

„Mann!", stöhnte Paddy lang und leidig auf – aber es brachte ihm auch nichts, sich immer wieder einzureden, dass der Forster eh besser beschäftigt war und ihm bloß einen Gefallen damit tat, wenn er ihn einfach ignorierte.

In letzter Not holte er sich seine Lieblingsgitarre auf die Couch und saß lange trotzdem bloß still und starr da. Regungslos hielt er seinen Blick nun lediglich auf den Gitarrenhals gerichtet und wurde mit jedem dieser Momente, in denen er nicht mal gedankenverloren vor sich hin klimpern konnte, immer verzweifelter. Aber er konnte sich einfach nicht helfen und wurde zu guter Letzt auch noch aggressiv, als er einen weiteren Anruf neben sich vernahm und direkt aus dem Augenwinkel sah, dass Junia ihn zu erreichen versuchte.

„Pah!", machte Paddy nur abwertend und ignorierte erst trotzig, dann bemüht unbekümmert und schlussendlich doch mit einem klitzekleinen schlechten Gewissen sein Handy. Nachdem das penetrante Klingeln jedoch verstummt war und ihn wieder viel zu viel zu übermannen drohte, konnte er sich immerhin nach und nach mehr seiner Gitarre widmen. Mit geschlossenen Augen spielte er vor sich hin und verlor sich letztlich so lange in den ruhigen Klängen, bis er etliche Momente später wieder aus seiner Starre gerissen wurde.

Der Ton des eingehenden FaceTime-Anrufs ließ ihn in der Vorahnung nur umgehend seine Gitarre zur Seite legen und nach seinem Handy greifen – und sein Puls wollte sich auch nicht beruhigen, als er den Namen aufleuchten sah, der ihm direkt in den Sinn gekommen war. Aber so sehr er auch den ganzen Tag an eine Nachricht oder an einen Anruf von Mark gedacht hatte, konnte er einfach nicht rangehen. Hin- und hergerissen starrte er nur auf das Display und wusste nicht, ob der Wunsch, mit Mark zu reden, überwog, oder ob er ihm alles unweigerlich Erbärmliche doch lieber ersparen sollte.

Erst, als sein Handy dann auf einmal wieder verstummte, wurde sich Paddy dessen ohne jegliche Zweifel bewusst. Reuevoll biss er sich auf seiner Unterlippe herum und hätte glatt wieder verzweifelt aufgestöhnt – aber dann versuchte er einfach selber, ihn über FaceTime anzurufen. Bei seinem leicht erhöhten Puls bekam er nur gar nichts gebacken. 

„Mann ...", brummelte er vor sich hin und hätte es vielleicht auch schon aufgegeben, wäre Marks Name nicht wieder aufgeleuchtet. Ohne zu zögern, ging Paddy dann ran und hielt sich mit der einen Hand sein Handy unbeholfen vors Gesicht, während er mit der anderen seine Haare zurechtstrich – und kein bisschen der Wärme in seiner Brust unterdrückte. Schmunzelnd war Mark dem Bildschirm ganz nah, rückte dann ein wenig weg und sagte für diese wenigen Momente ebenfalls nichts.

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