„Oh, Mann", seufzte er mit Blick zur ruhigen Nebenstraße leidig auf und wusste schon nicht mehr, wo das eine Déjà-vu begann und wo das nächste aufhörte – aber wie immer half es alles nichts. Noch einmal sah Paddy in den Spiegel und begutachtete voller Ekel die fünf-Cent-große entzündete Stelle an seiner Lippe, bevor er ausstieg und die wenigen Meter durch die frühe Abenddämmerung zum kleinen Einfamilienhäuschen lief.
Vor der Haustür zögerte er auch nicht lange, zu klingeln – immerhin, und das hatte er sich bestimmt schon etliche Male auf der Fahrt hierhin eingeredet, könnte er nur schnell den Hund abholen und direkt wieder losfahren. Zumindest wäre ihm das gerade am liebsten. Keinen Moment lang hatte sich dann aber die Tür geöffnet, vermittelte ihm Thomas' Ausdruck nur etwas völlig anderes. Und glatt hätte Paddy seinen Kopf beschämt gesenkt – aber da zuckten Thomas' Mundwinkel, bevor der Kerl einfach schon herzhaft drauflos lachte.
„Was lachst du?", fuhr Paddy ihn dann nur an und konnte nicht so recht auf Twiggy eingehen, der vor Freude auf- und abhüpfte.
„Ach", winkte Thomas nur ab und setzte eindeutig einen Schritt nach hinten. „Eigentlich ist es nur zum Heulen ..."
„Ich ...", begann Paddy sofort und stockte entsprechend, weil ihm auch bestens bewusst wurde, dass Thomas zu viel wusste. Bevor ihn dann nur sämtliches Unbehagen übermannte, betrat er einfach schnell den Hausflur und widmete sich ganz dem winselnden Hund. „Na, buddy? Missed ya too", sprach er immer wieder mit hoher Stimme auf ihn ein und kraulte Twiggy so lange hinter seinen flauschigen Öhrchen, bis es selbst dem Border Collie zu viel wurde.
„Und?", begann Thomas dann nur wieder seltsam belustigt wie belegt. „Welche Überbleibsel hat der Onkel Doktor von deinen Sex-Eskapaden finden dürfen ... außer die in deinem Gesicht?"
Fassungslos sah Paddy auf und brachte auch nicht anders sein „Thomas!" hervor, bevor er ihn dann nur völlig ernst ansah. „Wenn das jetzt schon so losgeht, ne, geh' ich jetzt direkt mit dein' Hund ..."
„Nein", winkte Thomas dann nur ruhig und versöhnlich ab und blieb es auch – zumindest, bis Paddy sich dann leicht eingeschnappt seine Schuhe ausgezogen hatte. „Aber was erwartest du denn? Ist schon 'ne reife Leistung, Mark Forster flachzulegen ..."
„I didn't ...", brummelte Paddy und war wieder völlig von Scham und Unbehagen übermannt – die Blöße, sich all das anmerken und sich davon beeinflussen zu lassen, wollte er sich aber auch nicht geben. Und dann brauchte er auch nur wenige Momente, in denen er seinen Blick selbstvergessen durch den hellen Wohnungsflur gleiten ließ, damit er Thomas wieder recht ernst fixieren konnte. „Du hast also schon mit meiner Frau geredet."
„Ja", nickte Thomas dann auch wieder ernst, während er sich durch seine längeren, dunklen Haare fuhr. „Heute Morgen ... Sie ist kurz vorbeigekommen. Du anscheinend nicht?"
„Ne", verneinte Paddy schwach und senkte seinen Blick, weil er auch keine Lust hatte, auszuführen, dass er bis zwei Uhr geschlafen hatte und bis vier nicht aus dem Bett gekommen war. Die knappe Nachricht, mit der Junia ihn angewiesen hatte, zum Arzt zu gehen und danach Twiggy abzuholen, war dann auch ihr einziges Lebenszeichen seit der langen Nacht geblieben. Und bevor er sich davon auch noch übermannen ließ, sah er einfach Richtung Küche und ging auf den recht eindeutigen Geruch ein. „Haste gekocht?"
„Ja ...", entgegnete Thomas erst zögerlich, bevor er dann nur nach seiner Schulter griff und wohlwollend Druck ausübte. „Du brauchst doch endlich mal wieder was Vernünftiges zwischen den Kauleisten."
„Well", schmunzelte Paddy schwach und ließ die unterschwellige Bemerkung bezüglich seiner körperlichen Verfassung einfach nicht an sich heran. Ganz konzentrierte er sich nur auf die leise Erleichterung, dass Thomas noch für ihn gekocht hatte, obwohl er heute Morgen wohl mit Junia geredet hatte. Ungeniert folgte er ihm und Twiggy, der schwanzwedelnd vorauslief, dann auch in die Küche. Und bevor noch mehr dieser angespannten Stille zwischen ihnen aufkam, wie es vorher noch nie der Fall gewesen war, trat er mit Thomas direkt an den Herd – und brauchte sein angetanes „Oh" gar nicht erzwingen.
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Denial
FanfictionSollte man für den Himmel auf Erden durch die Hölle gehen? --- Ex-Teeniestar Michael Patrick Kelly ist endlich wieder da, wo er sein will. Nach langer Selbstfindung im Kloster hat er Frau, Heim und wieder ins Leben eines waschechten Vollblut-Musike...