51. Tian (Freier Fall)

437 23 41
                                    

Tim

„Jetzt komm schon Jan! Wir müssen nach Hause!“, versuche ich meinen besten Freund dazu zu überreden endlich zu gehen. Jan hatte heute etwas zu tief ins Glas geschaut, weshalb er nun vollkommen betrunken war. Hoffentlich löste das keine epileptischen Anfall aus.

„Isch will nisch!“, murmelt Jan und krallt sich an meinem Arm fest, um überhaupt noch gerade zu stehen.
„Doch wir gehen jetzt!“, werde ich nun ungeduldig und ziehe ihn einfach hinter mir her. Er beginnt zu kichern, wehrt sich aber nicht. Dadurch dass auch ich Alkohol Intus habe, lasse ich das Auto stehen und laufe die Gehwege lang Jan hinter mir herziehend.

Als wir an einem Spielplatz vorbeikommen reißt sich Jan los und läuft auf das Klettergerüst zu.
„– Ich zeig dir mal nen eschten Haden! –“, ruft Gisela, doch auch sie scheint leicht angetrunken, da sie nicht mehr richtig reden kann.

„Jan komm zurück!“, sage ich, fühle mich wie der Vater eines kleinen Junge und folge ihm zum Klettergerüst. Jan ist schon angekommen und klettert die einzelnen Stangen hoch sodass er am Ende auf den oberen Stangen, an den man von unten hangeln kann, sitzt.

„Komm da runter! Es ist schon spät!“, versucht Tim seinen besten Freund zur Vernunft zu bringen.
„Weischt du Tim? Ich fühle mich so gut! Mit dir kann mir gar nischts passieren! Es fühlt sich so an als könnte isch fliegen. Wusstest du eigentlich das isch disch liebe?“

– Was? –

„Du wuschtest es noch nisch, aber isch lieb disch. Ganz doll! Isch hab das Gefühl dasch isch fliegen kann!“, jauchzt Jan und stellt sich langsam auf den Rand des Klettergerüst.
„Jan! Komm da sofort runter!“, rufe ich entsetzt und trete noch näher.

Zum Glück!
Den im nächsten Moment lässt sich Jan vorne überkippen und zu Boden fallen. Schnell breite ich meine Arme aus und fange ihn auf. Ich schnaufe unter seinem Gewicht und habe Mühe selbst stehen zu bleiben. Jan beginnt wieder zu kichern und verschränkt seine Arme hinter meinen Nacken.

„Isch wuschte das du mich auffängst! Isch liebe dich!“, kicherte der Kleinere, während ich ihn wieder auf den Boden stelle. An seiner Aussprache höre ich, dass etwas Alkohol sich schon verflüchtigt hat.

Ich will gerade etwas sagen, als Jan schon seine Lippen auf meine legt und mich erstarren lässt. So schnell wie er den Kuss begonnen hat, ist er auch schon wieder vorbei.
Kurz bin ich verwirrt, ehe ich mich zusammen raffe und sage: „Komm wir müssen nach Hause.“

Leise kichernd lässt Jan sich wieder von mir mitziehen. Bei Jan zu Hause angekommen verfrachtet ich ihn relativ schnell in sein Bett und will dann eigentlich aus der Wohnung verschwinden, doch irgendwas hält mich zurück. Vielleicht ist es der Fakt, dass ich mir vor einer Woche eingestanden habe Pansexuell zu sein und Jans Charakter doch sehr, sehr mag.

Seufzend mache auch ich mich schnell fertig, da ich ein paar Sachen hier habe, und lege mich schließlich zu Jan ins Bett. Wäre nicht das erste Mal das wir in einen Bett schlafen.

Am nächsten Morgen werde ich durch Gisela geweckt die mir mal wieder gegen mein linkes Ohr schnippst. Ich mache meine Augen auf und spüre sofort die leichten Kopfschmerzen. Auch Jan hält sich denn Kopf, weshalb ich leise lache.

„Trotz Kopfschmerzen ist Gisela aktiv. Du Armer.“, lache ich und setze mich auf.
„Hab ich irgendwas dummes gemacht?“, fragt Jan, da er sich anscheinend nicht erinnert.

„Du bist von nem Klettergerüst gesprungen und hast den freien Fall genossen. Aber keine Sorge. Ich hab dich aufgefangen.“, erkläre ich und bin nicht sicher, ob ich den Kuss erwähnen soll.
„Danke. Noch irgendwas?“, fragt er nach. Ich seufzte und schüttle meinen Kopf, was ich sofort bereue.

„– Lüg doch nicht! Der Kuss war echt! –“, ruft Gisela.
„Wieso fragst du, wenn du es sowieso weißt?“, frage ich verwirrt. Jan senkt verlegen seinen Blick und kratzt sich am Nacken.

Die Situation wird von meinem Handyklingeln unterbrochen. Es ist Rewi der mich mit einen Videocall anruft. Ich nehme an und sehe ihn Rewis aufgebrachte Gesicht.

„Äh… Guten Morgen?“, sage ich vorsichtig. Jan beugt sich zu mir rüber, um zu sehen, wer das ist.
„Aha! Es stimmt also!“, lässt Rewi die Begrüßung weg, als er Jan sieht, „Wieso muss ich über Instagram erfahren das ihr ein Paar seid?“

„Wir – was?“, fragt Jan verwirrt.
„Jetzt tut doch nicht so! Ich bin zwar enttäuscht, aber freu mich für euch. Ich muss dann mal zu nem Dreh. Tschau!“, sagt Rewi noch und legt schon wieder auf. Ich lasse mein Handy sinken und sehe Jan an.

„Hast du das verstanden?“, fragt Jan mich, doch ich schüttle meinen Kopf. Ich öffne auf meinen Handy Instagram und sehe das ich auf einem Post markiert wurde. Und das gleich mehrmals.

Ich klicke darauf und sehe ein Video von Jan und mir, wie er von dem Klettergerüst in meine Arme fällt.
Ich wischte einmal nach links und ein weiteres Video wird gestartet. Wenn man den Ton ganz laut macht, kann man Jans Liebesgeständnis hören.
Ein weiterer Wisch nach links zeigt ein Foto von dem kurzen Kuss.

„Ich glaub wir haben ein Problem.“, sage ich und zeige Jan die drei Sachen. Dieser läuft sofort rot an und senkt peinlich berührt den Blick.
„Das mit der Liebe, ich verstehe, wenn du mich jetzt hasst.“, meint Jan leise. Ich beginne zu lächeln und lege meinen Finger unter sein Kinn.

„Ich könnte dich nie hassen! Und ich glaube deine Mama ist sehr froh über diesen Post.“, grinse ich und ziehe ihn in einen richtigen Kuss der länger als nur 3 Sekunden geht.

„Ich liebe dich du Freiflieger.“, grinse ich, als wir uns lösen. Jan lächelt nur glücklich und zieht mich in einen weiteren Kuss.

_______________________________________

Doppelupdate, weil mir langweilig ist ✌🏽

Gewitter im Kopf - OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt