Lies | Taddl

s e c h s

Der restliche Nachmittag und der darauffolgende Tag verlaufen nicht sonderlich spannend. Am Donnerstag laufe ich TJ tatsächlich so gut wie gar nicht über den Weg, was wohl auch gut so ist, da ich mich seit der gestrigen Theaterprobe immer wieder darüber ärgere, dass er die Rolle des Romeo bekommen hat. Teilweise sogar so sehr, dass es mich ziemlich überrascht wie stark mich diese Tatsache zu stören scheint. Jedenfalls bin ich ziemlich froh, dass ich ihn nur teilweise durch die Schulgänge laufen sehe und er dann letzten Endes gar nicht zum Matheunterricht auftaucht. Anstatt mich zu fragen wo er stattdessen ist, bin ich einfach nur erleichtert und halte ein wenig Smalltalk mit Amy, mit der ich den Großteil des Tages verbracht habe. Insgesamt ist alles also recht entspannt.

Am Freitag hingegen bekomme ich das Gegenteil zu spüren, denn gleich in der Früh passiert mir etwas, das schon ewig nicht mehr passiert ist: Ich verschlafe. Total gehetzt springe ich aus meinem Bett und checke die Uhrzeit anhand meines Handys, das auf meinem Schreibtisch liegt. Es ist 7:30 also habe ich eigentlich nur noch Zeit mich anzuziehen, kurz im Bad frisch zu machen, zu essen und dann gleich loszufahren. Für jede andere Person wäre dies total ausreichend, doch nicht für mich und daran sind wieder die Lügen schuld. Da ich mich dank Allison und Emilia nämlich ebenfalls als „Modepüppchen" ausgebe, muss ich immer mindestens um sieben Uhr aufstehen und heute sind weder ein gut durchdachtes Outfit, noch Make Up drin. Zumindest nicht, wenn ich nicht zu Englisch zu spät kommen will und das ist mir mehr als wichtig, da Ms Lewis in dieser Hinsicht unglaublich streng ist.

Fluchend schmeiße ich mich also nur in eine schwarze Leggings und einen Pulli unserer Lacrosse Mannschaft, den mir Cedric mal geschenkt hat, dann eile ich auch schon ins Bad. Dort kämme ich mich, creme mein Gesicht ein, benutze Deo und Parfüm und betrachte mich zweifelnd im Spiegel.

Kann ich denn wirklich so raus? Ich war schon ewig nicht mehr ohne Make Up unterwegs, auch wenn mir meine Eltern immer sagen, dass sie mein natürliches Gesicht total schön finden.

Seufzend fahre ich mir durch die Haare, dann atme ich fest durch und schüttele den Kopf.

Ich muss jetzt wirklich essen, wenn ich nicht hungrig bis zur Pause, die erst um elf Uhr ist, warten will.

Genervt begebe ich mich also nochmal in mein Zimmer, schnappe mir meine Handtasche und gehe dann nach unten. Dort angekommen bin ich einfach heilfroh, dass schon alle in der Arbeit oder der Uni zu sein scheinen und mich daher nicht auf mein Aussehen ansprechen können. Schnell schlinge ich ein Marmeladenbrot herunter, putze anschließend meine Zähne und dann sitze ich auch schon in meinem Auto und fahre ein kleines bisschen schneller als erlaubt zur Layola High School. Fünf Minuten vor Unterrichts Beginn komme ich dann auch an und werde zu meinem Unglück sofort von Allison und Emilia abgefangen.

„Was ist denn mit dir passiert?", frägt Allison und betrachtet mich abwertend.

Auch Emilia mustert mich stirnrunzelnd und in diesem Moment kommt Wut in mir auf, einfach weil sie mich so behandeln, nur weil ich mich mal nicht total herausgeputzt habe. Trotzdem versuche ich Ruhe zu bewahren.

„Ich habe verschlafen. Das ist alles was drin war.", ich kratze mich verlegen am Kopf und Allison sieht amüsiert zu ihrer besten Freunden.

„Gut, dass du uns hast. Zeit für ein Notfallstyling.", erwidert sie dann und nach diesem Satz hätte ich ihr absolut gern eine gescheuert.

Muss dass denn sein? Sehe ich wirklich so schlimm aus?

„Komm.", ohne meine Antwort abzuwarten packt mich Emilia bei meiner Hand und ich werde aufs Mädchenklo geschliffen.

Als Nächstes kramt Allison auch schon ein kleines Täschchen raus und hält ein paar Concealer gegen mein Gesicht.

„Hm. Ganz schön blass. Am besten benützen wir etwas wärmeres, dann siehst du nicht so leichenmäßig aus.", sagt sie belustigt und nun muss ich echt die Zähne zusammenbeißen, damit mir keine bösen Worte entwischen.