Ich hole tief Luft.
„Es fing an, als ich 14 war.", ich sehe auf meine Hände, die auf dem Tisch liegen, und nicke langsam. „Zu dieser Zeit... Crystal hatte eine ziemlich schwierige Phase. Sie war rebellisch, sehr zickig und hat sich immer weiter von unserer Familie entfernt. Damals war sie fast jedes Wochenende beim Feiern, hat sich die Birne weggesoffen und ist teilweise erst Sonntag abends wieder aufgetaucht. Mitten aus dem nichts, ohne irgendwelche Ankündigungen. Wir wussten oft nicht mal, wo sie war, aber da sie es so oft machte, hatte es sich irgendwann eingependelt, dass wir wussten, dass sie wieder auftauchen wird. Crystal wollte einfach cool sein und dem Leben mit den reichen Eltern entkommen. Sie wollte nicht wie ein verhätscheltes arrogantes Gör rüberkommen und dann ist sie... ein wenig abgestürzt." Ausatmend blicke ich zu TJ auf, der mich aufmerksam ansieht. Er sagt nichts, also rede ich weiter. „Jedenfalls hat das meine Eltern sehr verletzt. Ganz plötzlich war es so als ob sie nichts mehr mit uns zu tun haben wollte, einfach weil sie in so eine komische Freundesgruppe geraten ist, und das war ziemlich enttäuschend. Zumindest für meine Eltern. Sie haben sich total viele Sorgen um sie gemacht, haben versucht ihr gut zuzureden, aber irgendwie hat nichts geholfen. Und ich musste bei dem Ganzen zusehen. Ich musste mit ansehen wie enttäuscht oder verletzt sie immer aussahen, als es wieder eine Diskussion mit Crystal gab... oder einfach nur, wenn sie in ihren Partyklamotten aufgetaucht ist und dann habe ich mir einfach geschworen, dass ich niemals so sein will."
Traurig lächelnd streiche ich mir meine Haare nach hinten und halte kurz meinen Mund, da Stella uns gerade die Burger bringt.
„Hier bitte. Lasst es euch schmecken.", sie lächelt uns beide an, mich etwas länger, doch dieses Mal denke ich mir nichts mehr dabei, bin dafür zu sehr in meiner eigenen Erinnerung gefangen.
Es ist noch etwas länger still und TJ und ich nehmen unsere ersten Bissen von den Burgern. Sie sind wirklich unglaublich gut.
„Und dann? Was hast du gemacht?", frägt der Tätowierte schließlich.
„Naja, weißt du. Ich war auch schon immer eine Person, die Konflikten nur allzu gerne aus dem Weg gegangen ist, also habe ich angefangen mich so zu kleiden und auszusehen wie es Andere als schön befunden haben. Ich habe mich so verhalten wie meine Familie und Freunde oder andere wichtige Personen es gut geheißen haben und das habe ich beides getan, auch wenn ich von manchen Entscheidungen, die daraus gefolgt haben, absolut nicht begeistert war. Anfangs war das ziemlich hart, da ich anders sein wollte, aber über die Jahre hinweg habe ich mich daran gewöhnt und selbst als Crystal wieder ihren Weg zurück zu uns gefunden hat und mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen hat, habe ich mich weiter so verhalten. Bis jetzt.", ich muss leise lachen, nicht weil es lustig ist, sondern weil ich wütend auf mich bin. „Ich muss zwar sagen, dass die ersten Jahre echt super und angenehm waren, aber mittlerweile bringt es mir mehr Probleme als Vorteile mit sich. Also psychisch gesehen. Besonders im Moment habe ich stark damit zu kämpfen, dass ich anders sein will und als du dann diesen Kommentar über mein Kleid abgegeben hast, da hat mich das ziemlich aus der Bahn geworfen." Ich zucke mit meinen Schultern und seufze. „Einfach, weil du recht hattest. Du hast den wunden Punkt getroffen, denn ich so verzweifelt versteckt habe und den davor sonst noch niemand entdeckt hat."
Meine Erzählung ist beendet und TJ guckt mich sprachlos an, hat vor einer Weile sogar zu essen aufgehört.
„Krass.", sagt er irgendwann leise, räuspert sich. „Und... und was an dir bist wirklich du? Wieviel ist echt?"
Ich brauche erst mal ein bisschen Zeit, bevor ich dies beantworten kann, aber der Größere versichert mir, dass ich mich nicht hetzen muss.
„Keine Ahnung.", meine ich dann schließlich. „Ich bin schon so lange so, dass... dass für mich oft die Grenzen verschwimmen. Manche Sachen mag ich wirklich, manche nicht, aber teilweise ist es schon so zur Gewohnheit geworden, dass ich diese Sachen dann doch akzeptiere."
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Lies | Taddl
Teen FictionTessas Leben könnte nicht besser laufen: Sie ist beliebt in der Schule, hat gute Noten, viele Freunde und kommt mit ihren Eltern super zurecht. Was aber niemand weiß: Das alles basiert auf Lügen, denn Tessa spielt diese Rolle nur, um mit Jedem gut...